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Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)

Titel: Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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finden.
    »Andy, Andy, Andy.«
    Plötzlich wachte ich in dem dunklen Schlafzimmer auf und versuchte krampfhaft, mir klarzumachen, was los war. Rachel rüttelte mich verzweifelt an der Schulter.
    »Was ist los?«
    »Es geht los. O Gott!«
    »Ich bin wach.«
    War ich auch – augenblicklich. Kerzengerade saß ich im Bett. Rachel saß am Bettrand, mit großen, hellwachen Augen.
    »In welchem Abstand?«, wollte ich wissen.
    »Ich weiß es nicht. Ich bin schon eine Weile wach. Vier oder fünf Minuten vielleicht.«
    »Gut.« Ich streckte meine Hand nach ihr aus und berührte ihr Gesicht, um ein Lächeln bemüht. »Alles wird gut. Ich bin ja da, und ich kümmere mich um dich. Alles wird gut.«
    »Gut.«
    Ich schwang mich aus dem Bett, fand meine Hose auf dem Boden. Wir hatten alles vorbereitet, aber als mir alles noch einmal durch den Kopf ging, sah ich mich mit einem Mal nicht imstande, alles zu finden. Der Koffer stand gepackt im Gästezimmer. Außerdem gab es noch zwei andere Taschen, die wir brauchten. Das war alles. Ich schnappte mir ein Hemd aus dem Schrank und warf es mir über.
    »O Gott.«
    Rachel ging auf die Knie und beugte sich über das Bett. Ich massierte ihr die ganze Zeit den Rücken, so gut ich konnte. Ich fühlte mich so überflüssig und schwach wie in meinem ganzen Leben noch nicht.
    »Alles wird gut«, sagte ich.
    »Ich schaff das nicht.«
    »Natürlich schaffst du das.«
    » Ich schaff das einfach nicht.«
    » Ich rufe im Krankenhaus an.« Mein Handy? Auf dem Fußboden neben dem Bett. Ich griff danach und legte ihr dann meine Hand wieder auf die Schulter. »Du schaffst das . Du bist der stärkste Mensch, den ich kenne.«

    Auf der Fahrt zum Krankenhaus wurde ich nicht müde, ihr und auch mir selbst das immer wieder zu sagen. Alles an ihr war so stark und standfest – sie war so unbeirrbar, so entschlossen. Dinge, die normale Menschen aus der Fassung brachten, sagte ich ihr, die eine Hand am Lenkrad, die andere auf ihrem Oberschenkel, machten ihr nichts aus. Bei ihr würde alles gutgehen. Für andere Menschen war das Alltag, und sie war stärker als sie und würde es deshalb auch schaffen.
    »Ich liebe dich«, sagte ich zu ihr.
    »Ich dich auch.«
    »Ich liebe dich wirklich.«
    Sie sah mich an, weinte: »Wirklich, ich liebe dich auch. Pass auf die Straße auf.«
    »Mach dir keine Sorgen.«
    Normalerweise brauchte man für diese Strecke eine halbe Stunde, aber ich schaffte es in zwanzig Minuten. Die Wehen kamen inzwischen in Abständen von vier Minuten. Ich parkte so vorschriftsmäßig wie möglich und begleitete Rachel ins Krankenhaus, die Treppen hinauf in den fünften Stock, zur Entbindungsstation, die man uns im Geburtsvorbereitungskurs schon gezeigt hatte.
    »Rachel Hicks«, gab ich am Empfang an. »Ich habe schon angerufen.«
    Neben mir fing Rachel an zu schreien.
    »Alles wird gut«, sagte ich zu ihr. »Ich verspreche es.«
    Aber ich glaube, dass ich da selbst schon wusste, dass es nicht so sein würde.

    An alles andere erinnere ich mich nur noch verschwommen.
    Ich kann es kaum ertragen, daran zurückzudenken, und ich versuche es nicht oft. Es ist besser, denke ich, wenn das meiste von dem, was sich ereignet hat, verloren ist. Es ist nicht wichtig: nichts, was einer Erinnerung wert wäre. Aber ein paar Dinge bleiben, flüchtige Eindrücke.
    Der Kreißsaal glich einem langgestreckten Badezimmer, umrahmt von Waschbecken und Spiegelschränken. Meine Frau lag auf einem Spezialbett, von Maschinen und Kabeln umgeben, ihre Stirn war schweißnass, und das Haar klebte ihr am Kopf. An einer Art Kleiderständer neben dem Bett hing ein Beutel mit einer trüben Flüssigkeit. Auf einem grünen Monitor zeichnete eine Hebamme die Herztöne unseres Babys auf, während ein anderes Gerät die Wehen aufgeregt auf kariertes Papier kritzelte, das aus einem Schlitz herausrollte.
    Die Wehen stabilisierten sich nicht. Sie kamen im Minutentakt, hielten eine Minute an, worauf die nächste wieder fünf Minuten auf sich warten ließ. Jedes Mal setzten sie die Dosis des Medikaments herauf, um die Wehentätigkeit zu unterstützen, die Herztöne des Babys – unseres Sohnes – wurden schwächer und unregelmäßiger. Ganz so, wie ich zuvor nicht wollte, dass er kam, so sehr schien nun er nicht auf die Welt kommen zu wollen.
    Rachel entschuldigte sich immer wieder bei den Hebammen und Ärzten. Das weiß ich noch. Für alles, was geschah, entschuldigte sie sich, als wäre es ihre Schuld. Das war es nicht, und es war auch nicht

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