Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)
ganz neu.«
Laura lachte kurz, und ich wollte noch etwas sagen, als die Türen zur Eingangshalle leise vor mir aufglitten und ein Mann aus dem hellen Licht in die Morgendämmerung hinaustrat. Er hatte ein Päckchen Zigaretten in der Hand.
Auf halbem Weg über den Parkplatz blieb ich stehen.
Laura sagte: »Grüß bitte lieb von mir, machst du das?«
Ich antwortete nicht. Ich stand da und beobachtete den Mann, wie er sich eine Zigarette aus der Packung klopfte und an die Lippen führte. Schützend hielt er eine Hand um das Feuerzeug, und aus der Ferne hörte ich das Klicken, als er versuchte, eine Flamme zu erzeugen.
»Hicks?«, sagte Laura.
Der Mann steckte sich die Zigarette an, und eine Rauchwolke stieg vor seinem Gesicht empor. Dann blickte er auf und ließ das Feuerzeug wieder in seiner Tasche verschwinden.
Tony Wilkinson.
Es war natürlich keine Überraschung, ihn hier im Krankenhaus zu treffen. Sein Sohn befand sich immer noch in kritischem Zustand auf der Intensivstation für Neugeborene. Natürlich war er deshalb hier. Das Einzige, was mich hatte stutzig werden lassen, war das Gespräch, das ich gerade mit Professor Joyce geführt hatte – war doch gerade noch der Name seiner Frau gefallen. Und nun stand er plötzlich direkt vor mir. Nur ein Zufall. Sonderbar, aber nichts von Bedeutung.
Und trotzdem verspürte ich ein gewisses Kribbeln im Nacken.
Eine Anomalie, überlegte ich.
Das einzige Opfer, das in einem Gebäude ermordet wurde.
»Hicks?«
»Warte mal kurz, Laura.«
Ich ging auf Tony Wilkinson zu, hielt meinen Blick auf ihn gerichtet. Ich wusste nicht, was ich ihm sagen würde. Aber in diesem Augenblick wandte er den Kopf und sah mich auf sich zukommen. Das Telefon noch am Ohr. Mit Gott weiß welchem Ausdruck im Gesicht.
Unsere Blicke trafen sich.
Er wollte die Zigarette gerade zum Mund führen, zögerte aber und ließ den Arm sinken.
»Mr. Wilkinson?«, rief ich ihm zu. »Detective Hicks. Erinnern Sie sich?«
Wilkinson ließ die Zigarette fallen, drehte sich um und eilte zurück in den Empfangsbereich.
Ich rannte los.
54
A ber kaum stand ich in der Halle, umgeben von kränklich gelbem Licht, war Wilkinson bereits verschwunden. Auch er musste gerannt sein, nachdem er die Eingangstür passiert hatte. Er hatte auf der rechten Seite des Eingangsbereichs gestanden, so dass ich wettete, dass er den Gang genommen hatte, der von diesem Teil abging. Ich huschte an den brummenden Automaten vorbei, warf sicherheitshalber kurz einen Blick nach links, ohne etwas zu entdecken, und betrat den Gang auf der rechten Seite.
Der Weg war mir bereits vertraut. Es war die schnellste Verbindung zur Entbindungsstation im fünften Stock, die, wie ich annahm, nicht weit von der Intensivstation für Neugeborene entfernt lag, auf der Wilkinsons Sohn versorgt wurde.
Die Aufzüge …
Ich rannte schneller, kam aber erst dort an, als sich die Türen schon schlossen – zu spät, um meine Finger dazwischenzuschieben. Ich hämmerte auf die »Ruf«-Taste, zwecklos. Der Aufzug setzte sich nach oben in Bewegung. Ich schlug mit der Faust gegen die geschlossenen Türen und rief –
»Tony!«
– dann fiel mir die Treppe ganz in der Nähe ein, und wieder rannte ich los. Ich stürzte in das hallende Treppenhaus und rannte hinauf, übersprang Stufen, schwang mich am Geländer um die Treppenabsätze herum. Ich zählte die Stockwerke, versuchte mir einzureden, dass ich genauso schnell sein würde wie der Aufzug, auch wenn das vermutlich nicht zu schaffen war.
Ich wusste immer noch nicht genau, was eigentlich los war.
Im vierten Stock hätte ich um Haaresbreite eine Krankenschwester umgerannt, die mit hallenden Schritten die Treppe herunterkam.
»He, Sie!«
Aber ich war schon an ihr vorbei und stürzte weiter die Stufen hinauf.
»Polizei!«
Im fünften Stock riss ich gerade die Tür auf, als mir einfiel, dass ich mein Handy in die Tasche gesteckt hatte, ohne den Anruf zu beenden. Während ich zum Aufzug eilte, nahm ich es heraus.
»Laura, ich bin noch da. Bist du …«
»Was ist denn los, verdammt noch mal?«
»Ich weiß es noch nicht. Schick Verstärkung zum Krankenhaus. Wilkinson ist hier. Und irgendetwas stimmt da nicht. Er ist sofort weggerannt, als er mich gesehen hat.«
Ich kam am Aufzug an: Die Türen standen offen, die Kabine war leer. An mir vorbeigekommen war Wilkinson nicht, er musste also weitergegangen sein. Weiter zur Entbindungsstation.
»Wie bitte? Meinst du Tony Wilkinson?«
»Ja. Keine Ahnung,
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