Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)
bekommen?« Ich lachte müde. »Erzähl das mal Rachel. Du weißt ja, was für ein Arschloch ich sein kann, und du musst schließlich nicht mit mir zusammenleben.«
Laura verzog das Gesicht bei dem Gedanken. »Pfui Teufel.«
»Danke.«
»Gerne.«
Pearson brachte die Kopie des Berichts aus Buxton. Laura griff danach.
»Geben Sie es mir. Danke, Alison.«
»Kein Problem.«
Kaum hatte sich Pearson umgedreht, wollte ich Laura das Blatt abnehmen, aber sie schlug mir auf die Hand.
»Du gehst jetzt.«
»Nein.«
» Doch.« Ich wollte widersprechen, aber sie ließ mir keine Chance. »Ich erledige das für dich. Wie gesagt, vielleicht ist nichts dran, und es gibt keine Verbindung. Ich werde einfach mal Kontakt aufnehmen und sehen, was ich herausbekomme. Vielleicht kann ich bei der Obduktion morgen dabei sein. Der Anblick einer Leiche treibt mir hoffentlich die düstere Vorstellung aus, mit dir leben zu müssen.«
Ich sagte nichts. Sie sah mich an.
»Im Ernst, Hicks. Geh endlich, verdammt noch mal.«
Sie hielt ihren Blick auf mich gerichtet, bis ich aufstand.
»Danke, Laura.«
»Ich war Trauzeuge bei eurer Hochzeit. Hast du das vergessen?«
Ich nickte. Das war nicht etwa so gewesen, weil ich keine Freunde hatte, die diese Rolle hätten übernehmen können, sondern schlicht und einfach, weil ich Laura gefragt hatte. Außer Rachel war sie die Einzige auf Welt, die mir am nächsten stand. So hatte ich bei der Trauung ausgerechnet mit den beiden Menschen vor dem Standesamt gestanden, die ich am meisten zur Verzweiflung brachte.
»Ja«, sagte ich.
»Ich werde es dir nie verzeihen, wenn du das verbockst. Also, hau jetzt ab und rette deine Ehe.«
Ich nickte und ging.
Hau ab und rette deine Ehe.
Ich wünschte, es wäre so einfach.
21
W ie ist es Ihnen in der letzten Woche ergangen?«, erkundigte sich Barbara.
Barbara war unsere Eheberaterin, eine, vorsichtig ausgedrückt, leicht übergewichtige Dame um die fünfzig. Jeden Mittwoch fanden wir uns zu einer einstündigen Sitzung in ihrer Praxis im Therapiezentrum »The Croft« ein. Ein flaches, weitläufiges Gebäude, das außer dieser Praxis noch viele andere beherbergte. Neben Beratungen allgemeiner Art wurden in dem Zentrum auch speziellere Dienstleistungen wie Homöopathie, Akupunktur und dieses notorische Reiki angeboten, für das ich mich noch nie erwärmen konnte.
Ich wollte meinen guten Willen demonstrieren und meine Ehe retten, konnte mich aber des Gefühls nicht erwehren, dass wir inzwischen fast einhundert Pfund dafür ausgegeben hatten, einer Wildfremden Dinge zu erzählen, die wir einander genauso gut hätten erzählen können, aber nichts, was wirklich wichtig gewesen wäre.
Und das lag an mir, das wusste ich.
Rachel und ich saßen zu beiden Seiten eines Tischchens Barbara gegenüber. Aus dem Augenwinkel entging mir nicht, wie Rachel zusammengesackt in ihrem Sessel hing und die Arme widerstrebend vor der Brust verschränkte. Die Atmosphäre in der Praxis machte einen Blickkontakt schwierig, als wäre ein Vorhang zwischen uns herabgelassen worden.
»Andy?«, hob Barbara an. »Wollen Sie den Anfang machen?«
Nein, ich wollte nicht den Anfang machen. Wie ist es Ihnen in der letzten Woche gegangen? Natürlich meinte sie in unserer Beziehung, dabei waren andere Antworten viel naheliegender.
Auch ein Teil des Problems.
Ich sagte: »Eigentlich nicht.«
»Dann Rachel?«
Rachel zuckte mit den Schultern. »Muss ich dann wohl.«
Wenngleich auch ich mich nicht darum gerissen hatte, den Anfang zu machen, versetzte mir das einen Stich. Denn wie bei dem Schulterzucken in der Küche schien mir, als hätte sie schon aufgegeben. Ich wollte das nicht wahrhaben, konnte es aber nicht ändern. Das ist das größte Problem bei dem Versuch, unsere Probleme durch Reden zu lösen: Man muss es wollen – und man muss es können.
»Es war keine besonders schöne Woche«, erklärte Rachel. »Und Andys Arbeit hat es auch nicht besser gemacht. Er hatte viel zu tun.« Sie wandte sich halb zu mir. »Stimmt’s?«
»Ich war öfter weg, als ich wollte. Es ging nicht anders.«
Zu Barbara gewandt, fuhr Rachel fort: »Ja, und ich weiß auch, dass es nicht seine Schuld ist. Es ist wichtig, was er tut. Ich glaube, dass ich das hinnehmen muss. Dass ihm das wichtiger ist als unsere Ehe.«
»Das ist nicht wahr.«
»Es fühlt sich aber so an. Und früher hattest du auch viel zu tun, ohne dass es sich so anfühlte. Vielleicht haben sich die Dinge verändert. Vielleicht fühle ich
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