Kind des Bösen: Psychothriller (German Edition)
Gebiet herauszufordern scheint mir die ideale Lösung zu sein. Schließlich sind Sie so etwas wie Soldaten und verfügen über die vielfältigsten Möglichkeiten. Wenn einer es schafft, dann Sie. Wenn nicht, dann bin ich der Sieger, oder? Ich besiege Sie. Ihrer Arbeit scheint bisher nur mäßiger Erfolg beschieden zu sein. Versuchen Sie es trotzdem weiter. Mit einem Pyrrhussieg ist mir nicht geholfen.
Einstweilen, ich habe es oben schon erwähnt, füge ich den Beweis bei, dass ich der Mann bin, den Sie suchen. Er dürfte unwiderlegbar sein. Und Sie dürften etwas finden, das Sie mit Sicherheit interessiert. Etwas, das Sie fairerweise wissen sollten.
Denn das meiste haben Sie noch gar nicht gefunden.
27
E ine halbe Stunde nachdem ich den zweiten Brief gelesen hatte, saßen Laura und ich in der IT-Abteilung.
Wir befanden uns in einem langen, schmalen Raum, der mich an den Computerraum einer Universität erinnerte – Tischreihen mit Bildschirmen, durch sperrige Drucker voneinander getrennt, Kopierer, mit Kabeln und Festplatten vollgestopfte Schränke. Die spärlichen Reste des Tageslichts, die durch die Schlitze zwischen den Lamellen der Jalousien von draußen hereinfielen, leuchteten die Örtlichkeit nur dürftig aus. Der Geruch von Teppichreiniger und Elektrizität hing in der Luft wie Ozon, bevor der Regen einsetzt.
Wir saßen neben Garretty, einem der Computerfreaks aus der IT-Abteilung, vor einem PC und sahen zu, wie er die unerlässlichen Sicherheitsroutinen absolvierte, denen das Objekt unterzogen werden musste, das uns der Mörder in seinem zweiten Brief geschickt hatte.
Eine CD.
Ich spürte, wie Laura nervös neben mir herumzappelte, an den Fingernägeln kaute und unentwegt mit fast unmerklichen Bewegungen auf ihrem Stuhl hin und her rutschte, indem sie sich ständig mit dem Fuß ganz leicht abstieß und immer wieder vor und zurück rollte. Äußerlich bemühte ich mich um Gelassenheit, innerlich aber ging es mir nicht anders als ihr.
»Vielleicht ist es ein Musikstück«, tastete ich mich vor. »Dann kriegen wir ihn auch noch wegen Urheberrechtsverletzung dran.« Laura lächelte mich gequält an, was ich erwiderte.
So falsch lagen wir mit unseren Vermutungen darüber, was auf der CD zu finden sein würde, wahrscheinlich nicht. Irgendeine Art von Aufzeichnung musste es ja sein. Audio, Bild oder – möge Gott uns beistehen – Video. Angesichts der bisher bekannten Tatorte war vermutlich keiner von uns beiden wirklich scharf darauf. Ich jedenfalls nicht.
Allerdings dachte ich zugleich auch an die Beweise, an die wir auf diese Weise kommen konnten. Vielleicht war ihm ein Fehler unterlaufen. Mochte der Inhalt auch noch so abscheulich sein, so befand sich auf der CD möglicherweise doch eine Information, die ihm das Genick brechen konnte. Das hofften wir, und es war so ziemlich der einzige Strohhalm, an den man sich klammern konnte.
»Da ist nur eine Datei drauf«, sagte Garretty.
»Mehr nicht?«
»Bis auf die üblichen nebensächlichen Dateien, die sich auf jedem Datenträger befinden, nein. Vom Anwender selbst ist nur eine einzige abgelegt worden. Man kann sie nicht überschreiben. Er kann also nach dem Speichern weder etwas gelöscht noch hinzugefügt haben. Es ist eine MPEG-Datei.«
»MPEG?«, hakte Laura nach.
Ich nickte. Mir war speiübel. »Also ein Video.«
»Verdammt.«
Normalerweise wurde eine solche Datei einfach geöffnet und abgespielt. In diesem Fall aber ließ der Datenspezialist gleich eine ganze Reihe von Programmen für sich arbeiten, um sie zu öffnen. Alle Rechner liefen in einer hermetisch abgeschotteten Umgebung, und der Inhalt der CD würde in eine virtuelle Umgebung übertragen, so dass von der CD nichts verlorenginge.
Die Sicherungssoftware würde sich auch der Schadprogramme annehmen, die der Mörder vielleicht netterweise gleich mitgeliefert hatte – auch wenn ich das eigentlich nicht glaubte. Unser Mann war zweifellos gemeingefährlich, aber fürs Erste war ich dennoch bereit, den Brief ernst zu nehmen. Er wollte, dass wir wussten, dass er es war, und er wollte uns einen kleinen Einblick in sein Tun und Wirken verschaffen.
Aber konnten wir den Brief wirklich für bare Münze nehmen? Vielleicht wäre es ein Fehler, auch nur ein Wort von dem zu glauben, was er geschrieben hatte. Er wollte sicher nicht geschnappt werden, und deshalb, mochte er behaupten, was er wollte, würde er uns sicher nichts wirklich Hilfreiches auf die Nase binden.
Sollte man jedenfalls
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