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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Komfort gab es nicht. Die schmucklosen Wände waren in gedämpften Pastelltönen gehalten, der dünne Teppich in denselben blassen Farben. Zierpflanzen waren nicht vorhanden. Dies war eine wissenschaftliche Station, die ernsten Zwecken diente, und kein Ferienort; trotz der Tatsache, daß wir Wucherpreise bezahlten, waren wir hier nur geduldet.
    Obwohl schon die Atmosphäre der Forschungskuppel – beziehungsweise das völlige Fehlen derselben – dies nur allzu deutlich machte, strich die Direktorin der Station, eine schlanke, silberhaarige Frau mit Namen Marlene Kona Mendes, dies noch einmal nachdrücklich heraus, indem sie uns bei einem ziemlich frostigen Begrüßungsessen im Refektorium mit spröden Worten zu verstehen gab, was sie von uns hielt.
    »Wir befinden uns in einer Forschungsstation, die sich wichtigen Dingen widmet, Sie werden deshalb bitte keine Wissenschaftler bei ihrer Arbeit stören oder die Labors betreten«, sagte sie, während wir ein schlichtes Mahl zu uns nahmen, das kaum besser war als die Konzentrate, die wir in Ciudad Pallas gekauft hatten. »Außerdem, wenn Sie so dumm sein sollten, sich im Bloomenveldt zu verlaufen, können Sie nicht erwarten, daß wir eine Rettungsexpedition aussenden. Wir haben nur etwa zwei Dutzend Mitarbeiter, und keiner von uns hat Zeit, verlorengegangenen turistas hinterherzurennen. Wir übernehmen kein juristische oder moralische Verantwortung für ihre Sicherheit, comprend?«
    »Sie sprechen mit bewundernswerter Deutlichkeit«, sagte Guy trocken.
    An diesem Essen nahmen noch zwei andere turistas teil, die ebenfalls Zimmer in der Station gemietet hatten. Omar Ki Benjamin war ein elegant gekleideter Bursche aus Calabiria mit einer ewig ironischen Miene. Er stellte sich als Sufi-Dichter vor, der hier eine Woche lang Inspirationen sammeln wollte. Sori Smit Jana war eine schweigsame Frau mit beunruhigend stechenden grauen Augen, die ihren Heimatplaneten und den Zweck ihres Besuchs im dunkeln ließ.
    »Ich werde Ihnen den gleichen Rat geben, den ich allen Touristen gebe, wenn Sie ihn auch zweifellos ignorieren werden«, fuhr Marlene Kona Mendes mit einem offen mißbilligenden Ausdruck fort. »Erstens würde ich Ihnen raten, nicht tiefer als eine oder zwei Stunden ins Bloomenveldt zu wandern. Zweitens, was noch wichtiger ist, nehmen Sie niemals und unter keinen Umständen Ihre Gasmasken ab. Drittens, wenn Sie wirklich klug sind, was ich aber nicht ganz glauben kann, dann mieten Sie gegen eine zusätzliche Gebühr luftdichte Anzüge, die Sie völlig vor den Ausdünstungen der Flora schützen.«
    Guy und ich wechselten einen verwirrten Blick. Sori blieb schweigsam wie zuvor. Omar lachte.
    »Vraiment«, sagte er, »und beim Geschlechtsverkehr sollte man darauf achten, keinen Orgasmus zu bekommen. Und beim Weintrinken muß man kurz vor dem Rausch aufhören.«
    Marlene Kona Mendes bedachte ihn mit einem giftigen Blick, doch irgend etwas in ihrem Ausdruck verriet mir, daß es ein oft wiederholtes Ritual war.
    »Vielleicht interessiert es Sie zu hören, daß die Wissenschaftler, die so ernsthaft die Psychochemie des Bloomenveldts studieren, jede subjektive Erfahrung ihres Forschungsgegenstandes meiden«, sagte Omar. »Wenn sie wirklich einmal gezwungen sind, sich in die Baumwipfel zu wagen, dann tun sie das in vollem Kampfpanzer. Ob sie ihre passages d’amour ähnlich bekleidet erleben, je ne sais pas, aber certainement wäre es klug, denn soweit wir wissen, wimmelt der menschliche Körper vor Mikroorganismen.«
    »Ist das wirklich so?« fragte ich die Direktorin erstaunt.
    »Daß wir keine normalen Männer und Frauen sind?«
    »Daß Sie sich niemals nackt in die Natur wagen, natürlich«, sagte ich.
    »In der Tat. Wir sind Wissenschaftler, keine mystischen Libertinisten wie gewisse hier Anwesende.«
    »Mea culpa!« erklärte Omar. »Mea maxima culpa! Insofern, als ich die extremsten Bewußtseinszustände, die das Universum unserer Art zu bieten hat, erfahren will, bin ich ein Mystiker. Insofern, als ich bei diesem Vorhaben kein Risiko fürchte, entfalte ich stolz das Banner der Libertinisten!«
    »Gut gesprochen!« rief Guy.
    »Vraiment?« sagte Marlene Kona Mendes trocken. »Warum kehren Sie dann jeden Abend in unsere bescheidene Gesellschaft zurück? Warum schließen Sie sich nicht jenen an, die benebelt durchs Bloomenveldt wandern? Warum bewerben Sie sich nicht um Aufnahme in die Gesellschaft der Bloomenkinder?«
    »Ich bin ein mystischer Libertinist, kein

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