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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Waldboden fallenließen, die zu Schößlingen heranwuchsen. Außerdem stand fest, daß die Blumen direkt aus den Ästen der Bäume wuchsen und sich von deren Saft ernährten. Weiterhin waren Bäume und Blumen genotypisch so identisch wie Guy und ich, was heißen soll, daß Chromosomenzahl und genetische Hardware dieselbe waren.
    Doch die Blumen jedes Baumes waren, was die Software betraf, genetisch so unterschiedlich wie die Bürger einer menschlichen Stadt; sie befruchteten sich untereinander, was von Generation zu Generation immer wieder neue Variationen hervorbrachte, als wären sie unabhängige Organismen. Die Entwicklung der Fauna im Bloomenveldt geschah sprunghaft und nicht kontinuierlich, deshalb war der Wald ein bodenloses Füllhorn neuer Psychotropika, denn diese entstanden als Reaktion auf die intime Beziehung der Blumen zu den Säugern, die sie befruchteten. Und ebenso steuerten die Bäume, obwohl sie sich nur selten vermehrten, einen Gen-Pool mit reichen Varianten bei.
    Warum waren solche genetischen Geheimnisse für Guy Vlad Boca, der noch nie in meiner Gegenwart ein wissenschaftliches Interesse an irgend etwas – außer der Vielfalt menschlichen Amüsements – aufgebracht hatte, so interessant?
    »Verstehst du es nicht, Sunshine?« sage er, als ich ihn en boudoir nach seiner plötzlichen Leidenschaft für das genetische Grundlagenstudium fragte. »Entweder lügen uns diese Leute einfach an, oder es gibt eine Wahrheit, die ihre kleinen Geister aus Angst nicht bewußt erkennen wollen.«
    »Wie das?« fragte ich.
    »Das Ziel ihrer Forschungen ist es, aus dem Wald neue Psychotropika zu gewinnen, oder? Und diese, das geben sie ja zu, werden von den Blumen des Waldes als Reaktion auf ihre Bestäuber produziert, no?«
    »Das ist klar, aber – «
    »Und doch geben sie vor, kein Interesse am Studium der menschlichen Stämme im Inneren zu haben! Die seit Generationen ohne Masken eng mit den Blumen zusammenleben! Edle Blumen… höhere Formen… hat nicht der Wanderer von solchen Wundern gestammelt, die im Innern zu finden wären?«
    »Vraiment«, sagte ich zweifelnd, »aber wenn man seinen Geisteszustand berücksichtigt, muß man dann nicht ein gutes Stück als Übertreibung abziehen?«
    »Zweifellos«, stimmte Guy zu, »doch wenn man die Quelle der Geschichten und den Stil berücksichtigt, in dem sie geleugnet werden, soll heißen, unsere dumpfen Geister, die sich, ohne ihre Wahrnehmungen mit luftdichten Anzügen zu blockieren, nicht einmal zum Rand des Bloomenveldts wagen, muß man genauso ein gutes Stück wegen geistiger Verstopfung abziehen.«
    »Wie die Wissenschaftler der Sanatorien und Labors in Ciudad Pallas…«, murmelte ich. »Vraiment, auf diesem Planeten scheint sich die Wissenschaft von einer mutigen spirituellen Suche nach Wahrheit und technischem Fortschritt zugunsten engstirnigen Profitstrebens verändert zu haben.«
    »Wie dem auch sei, es ist völlig klar, daß gerade die größten Möglichkeiten für finanziellen Profit im eifrigen Studium der Stämme des Inneren liegen. Denn da es anscheinend keine böse Bannkraft gibt, die diese Bloomenkinder davon abhält, in die Zivilisation zurückzukehren, müssen sie sich entschieden haben, in den Tiefen des Waldes zu bleiben, weil – «
    »Weil sie das Bloomenveldt amüsanter finden als die Menschenwelten?«
    »Ich hätte es selbst nicht besser sagen können«, sagte Guy trocken. »Und was glaubst du, finden sie amüsanter? Gewiß ist es weder die haute cuisine noch sind es Theatervorstellungen oder intellektuelle Gespräche…«
    »Mächtige Drogen!«
    Guy strahlte mich an wie ein Idiot. »Seht gut, setzen, ma chère«, sagte er mit unheimlicher Freude.
    »Aber wenn es so ist, warum wollen dann die Wissenschaftler der Forschungskuppeln nicht die Blumen und Stämme im Innern studieren?«
    »Warum die luftdichten Anzüge?« sagte Guy verächtlich. »Warum den ganzen Kontinent Pallas entlauben? Weil sie wie Eunuchen sind, die das Tantra studieren! Weil, wie Omar ganz richtig sagte, ihnen der spirituelle Mut des mystischen Libertinisten fehlt! Fürchten nicht alle Menschen die Konfrontation mit Seinszuständen, die zu umfassen ihrem Geist die Größe fehlt? Und so ist hier eine goldene Chance für wahre Kinder des Glücks wie uns, die nicht die unbekannten Reiche des Geistes fürchten, sondern denselben mit offenem Herzen entgegentreten!«
    »Guy, du willst doch wohl nicht andeuten, daß wir – «
    »Ich will gar nichts andeuten, ich folge nur

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