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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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männlich die Führung übernommen; er kämpfte schweigend und erbarmungslos gegen meinen Zorn, der durch die stundenlange sexuelle Enthaltsamkeit und seine völlig uncharakteristische tantrische Meisterschaft auch bald gemildert wurde.
    Vraiment, es wurde eine überwältigende Schau der primitivsten männlichen Kraft; unter den Umständen war es recht schwer, angesichts der endlosen Folge mächtiger ekstatischer Höhepunkte, jeder eine größere Erlösung als der vorige, die angemessene weibliche Entrüstung beizubehalten, so daß ich immer tiefer ins gnädige Schwarz des süßen Vergessens stürzte, bis ich dem Schlaf und meinem dämonischen Bloomenveldt-Liebhaber in die Arme sank.
     
    Der Morgen danach war naturellement eine andere Geschichte. »Was hast du letzte Nacht gemacht, Guy Vlad Boca?« rief ich ihm sofort nach dem Aufwachen zu, während ich mich mit einer Kraft aus seiner Umarmung wand, die die Heiligkeit seines Schlafes völlig mißachtete. »Wie kannst du es wagen, dich mir trotz aller Proteste aufzudrängen?«
    Guy, der durch diese laute Anschuldigung sofort erwachte, schenkte mir ein strahlend unschuldiges Lächeln.
    »Alors«, sagte ich zornig, doch nicht ohne eine gewisse widersprüchliche Verlegenheit, »jetzt grinst du mich auch noch so an wie ein Affe und erklärst mir wohl gleich, wie sehr es mir gefallen hat!«
    »Was hat dir gefallen?« sagte Guy, indem er mich immer noch mit derselben unschuldigen Miene anstarrte.
    Konnte es denn sein, daß diese Unwissenheit über sein absolut empörendes Verhalten nicht gespielt war? Vraiment, hatte Guy Vlad Boca die Kraft, auch unter den ungünstigsten Umständen seine Gedanken zu verbergen?
    »Ist das wahr, Guy?« fragte ich, während ich ein Anzeichen von Ironie suchte. »Du kannst dich wirklich an nichts erinnern?«
    Guy setzte sich langsam auf. Immer noch mit dem Bodhi-Lächeln drehte er das Gesicht nach Westen und blickte über das endlose, ätherische Bloomenveldt, das gespenstisch pastellfarben strahlte, während die aufgehende Sonne die ersten Schwaden des Morgennebels fortbrannte.
    »Ich erinnere mich an das, was die Bloomenkinder wissen«, sagte er mit tiefer Stimme, während er mühsam auf die Füße kam. Immer noch starrte er gebannt nach Westen wie ein Bloomenkind bei Sonnenuntergang.
    Völlig abwesend begann er dann seine Sachen in seinen Rucksack zu packen, ohne einen Augenblick sein entrücktes Starren aufzugeben.
    Ich raffte voller Panik so schnell wie möglich meine Utensilien zusammen, denn Guy hatte seinen Rucksack bereits auf der Schulter und machte sich zu einem gewaltigen Sprung nach Westen bereit.
    Er flog ohne ein weiteres Wort davon, und ich konnte kaum mit ihm Schritt halten, hüpfte abermals in Guys Schlepptau, während er über dem Bloomenveldt schnüffelte und witterte. Vraiment, wie ein Hund schien er immer aufgeregter zu werden, während er den Duftfahnen folgte.
    Nach Mittag begann er in einer Serie ruckartiger Sprünge nach Südwesten abzuschwenken. Zwei oder drei Stunden später wurde sein Verhalten noch frenetischer – wie das eines Hundes, der bei einem Windwechsel den ersten vollen Geruch seiner Beute aufgenommen hat.
    Er landete nach einem seiner Sprünge gespannt, mit schmalen Augen und sehr wachsam, blieb erstarrt auf dem Blatt stehen, als wartete er auf mich. Doch wie sich herausstellte, handelte es sich keineswegs um ein plötzliches Wiederaufleben seiner alten Höflichkeit, denn als ich an seiner Seite landete, ignorierte er mich völlig und starrte unverwandt in die Richtung, in die seine Nase wies.
    »Was ist los, Guy?« fragte ich. »Ich kann nichts sehen außer den gewohnten, endlosen Blättern und Blumen.« Denn wirklich gab es nichts weiter zu entdecken, nicht einmal einen Garten der Bloomenkinder:
    »Ein großer und mächtiger Geist ruft seine wahren Kinder heim«, sagte die Geisterstimme mit Guy Vlad Bocas Mund. »Der Geist der einstigen und zukünftigen Blumen.«
    »Quelle chose, Guy, bevor du einem Tropismus verfällst, der so mächtig ist, wie du ihn beschreibst, solltest du lieber deine Maske – «
    Doch ohne ein weiteres Wort sprang er mit einem gewaltigen Satz in die Richtung davon, in die er geblickt hatte, und ich konnte ihm abermals nur sofort folgen oder riskieren, ihn aus den Augen zu verlieren.
    Während der nächsten Stunde blieb mir kaum Zeit für vernünftige Gedanken, denn ich mußte alle Kraft aufwenden, um schnell und weit genug zu springen und mit Guy Schritt zu halten. Er schien

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