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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Pastellschattierungen, denn sogar die Luft im Duftgarten war getränkt und verklärt vom hellen Sonnenlicht, das durch Tausende und Abertausende durchscheinender Blütenblätter fiel, und zuerst konnte ich nichts weiter tun, als mich im Regenbogenglanz zu baden und entzückt zu lachen.
    Doch bald schon bemerkte ich, daß wir durch die Ströme der würdevollen Bloomenkinder spazierten wie das häßliche Entlein zwischen erhabenen und unbewegten schneeweißen Schwänen, die in komplizierten Mustern über die Oberfläche eines stillen Sees zogen. Überall sah ich vollkommene Exemplare meiner eigenen Art, die sich mit der balletthaften Eleganz von Wesen bewegten, deren Bewegungen ausschließlich von natürlichen Regungen gesteuert werden, und die mit unschuldig vollkommener Anmut ihren vorbestimmten Pfaden folgten.
    War Guy letzten Endes nicht doch der weisere Geist? Denn waren nicht alle meine Sinne – abgesehen von jenem, der die Luft prüfte – mit überwältigender Schönheit gefüllt? Und wenn ich es wagte, die Maske abzunehmen und an diesem tiefsten Austausch teilzunehmen, würde ich dann nicht erfahren, daß ich hier die Blume meiner Vollkommenheit gefunden hatte? Welchen Sinn hatten Kampf und Arbeit und die Unzufriedenheit des Bewußtseins, wenn man mit seufzender Hingabe an den Garten des vollkommenen Entzückens die Maja transzendieren konnte?
    Vraiment, vielleicht hätte ich im Bann dieses segensreichen Satoris die Maske abgerissen, um den zeitlosen Duft des Blumenparadieses einzuatmen, hätte ich nicht das drängende Zerren von Guys Hand in meiner gespürt, das mich aus meiner Träumerei weckte und mir zu verstehen gab, daß er mich zu einem Hain mit blau und grün gefleckten Blumen führen wollte.
    Hier verspeiste eine ganze Horde von Bloomenkindern gelbe Früchte, halb so groß wie ein menschlicher Kopf, die überreichlich an den Stengeln wuchsen. Sie taten es, indem sie die weichen Früchte mit kräftigen Handkantenschlägen spalteten und sich das gelatineartige Mark mit den Fingern in den Mund stopften. Ohne ein Wort oder ein Zeichen ließ Guy meine Hand los und marschierte geradewegs zum Festessen mit den großen, matschigen Früchten hinüber.
    Er ließ sich auf die Hacken sinken und machte sich in der Art der anderen ans Werk, mit genau ihrer Gier nach dem köstlichen Brei, doch mit wenig von ihrer genetisch geformten Präzision. Als er die große Frucht schlug, um sie aufzuspalten, zerdrückte er sie. Der Brei tropfte und spritzte zwischen seinen Fingern hervor, als er versuchte, sich die Überreste mit beiden Händen in den Mund zu schaufeln; es schien ihm völlig egal zu sein, daß er sich dabei den ekelhaften purpurnen Kleister in Gesicht und Haare schmierte. Sowohl ästhetisch als auch psychisch war es ein widerliches, abstoßendes Schauspiel.
    Certainement war dies mehr als genug, um jede Versuchung aufzulösen, das verführerische Aroma dieser üblen Pflanze zu kosten und dadurch veranlaßt zu werden, es ihm gleichzutun!
    Ich kauerte mich neben ihn und brüllte ihm fast ins Ohr. »Guy! Guy! Du frißt wie ein Schwein! Du schlingst wie ein verhungertes Tier!«
    Er hob nicht einmal die Augen von seiner Frucht, um meine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen, sondern stopfte sich weiter tropfende Ladungen Fruchtmark in den sabbernden Mund, ohne den Rhythmus zu verändern, während er nun auch noch mich bekleckerte.
    »Merde!« knurrte ich. »Das ist mehr, als ich verkrafte!« Ich trat ihm den tropfenden Dreck aus den Händen. Wenigstens das drang zu ihm durch. Er drehte langsam den Kopf herum, um mit leeren, verzückten Augen die Quelle der Störung zu suchen; dann wandte er sich wieder ab, zerquetschte die nächste gelbe Frucht auf und nahm sein Freßritual wieder auf.
    »Guy! Guy!« rief ich. »Ich bin’s, Sunshine! Kennst du mich nicht mehr? Weißt du überhaupt, daß ich hier bin?«
    Darauf unterbrach er sein Schlingen, und einen Augenblick schien es, als nähme er wirklich meine Gegenwart zur Kenntnis, denn als er den Kopf langsam von seinem Mahl abwandte und die Frucht aus den Fingern gleiten ließ, schien es einen Moment, als reagierte er auf meine Worte. Doch leider sahen seine Augen durch mich hindurch, seine Nase hob sich in die Luft, und er stand auf, um dem Wind zu folgen, ohne sich umzudrehen.
     
    Erst jetzt, immer noch nicht bereit, rohe Gewalt anzuwenden, und deshalb darauf beschränkt, Guy, der mich auf seiner Tour durch den Duftgarten völlig ignorierte, hinterherzutrotten, löste

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