Kind des Glücks
menschlichen Befruchter.
Während die Wut und die Beklemmung bei einem solchen Anblick kaum zu überbieten waren, blieben einige logische Schaltkreise in meinem Bewußtsein fähig, eine kalte Berechnung anzustellen. Zweifellos lag der Grund dafür, daß der Hain keine für erwachsene Menschen attraktive Düfte aussandte, darin, daß er noch nicht reif genug war, um dieselben zu bedienen. Da der Saft, der von diesen Zitzen abgesondert wurde, aber offenbar ausreichte, um diese kleinen Bloomenkinder bei guter Gesundheit zu halten – würde er nicht dasselbe auch für mich leisten? Und da die Düfte des Hains keine Moleküle besaßen, die den Stoffwechsel eines Erwachsenen beeinflußten, würde die Milch doch sicher ebenso ungefährlich sein.
Ich schob alle ästhetischen Betrachtungen – geschmackliche oder soziale – beiseite, suchte mir einen Stengel, an dem so wenig Babys wie möglich hingen, ließ mich auf dem Blatt davor nieder, legte den Mund an eine der rosafarbenen Brüste und saugte an der harten, roten Zitze.
Ein dicker, lauwarmer, irgendwie süßer Sirup quoll in meinen Mund; sein einfacher Geschmack war nicht für erwachsene Geschmacksknospen geeignet, so daß das ästhetische Erlebnis etwa dem von verflüssigten und gesüßten Eßblöcken glich. Doch als der Sirup langsam durch meine Kehle strömte, begrüßte mein Magen ihn wie Wüstenpflanzen den Regen nach einer langen, sengenden Dürre; alle Zellen meines Körpers schienen erleichtert zu seufzen. Gierig saugte ich unablässig und begeistert an der Pflanzenzitze, bis ich einen stetigen Strom in Gang gebracht hatte, den ich mit unfeinem Schmatzen und Gurgeln schluckte.
Ich trank höchstens einige Minuten, da explodierte plötzlich eine Blase von Übelkeit in meinem Bauch, ein Krampf von schrecklichem Ekel ließ meinen ganzen Körper zittern, und durch alle meine Glieder lief ein heftiges Würgen.
Ich spuckte die Zitze aus und konnte mich, meinen Bauch haltend, gerade noch auf den Hintern herumrollen, während ich in mehreren Stößen die dicke grüne Flüssigkeit über den Rand des Blattes erbrach.
Glücklicherweise hörte dieser Zustand auf, sobald ich den letzten Rest des Saftes ausgewürgt hatte, so daß ich nicht trocken würgte. Abgesehen von einem leichten Schmerz in den Rippen und einer quälenden Verschärfung der drängenden Leere im Magen war ich nicht schlimmer dran als zuvor – als hätte die Blume mir nur eine harmlose Lektion erteilen wollen.
Vraiment, diese Lektion hatte ich gut begriffen! Was das Bloomenveldt für die Jungen unserer Art bereithielt, war so entworfen, daß es für den Metabolimus eines Erwachsenen unverträglich war.
Da ich nun in dieser ungesunden Gegend nichts weiter verloren hatte, floh ich mit ziellosen, kurzen Sprüngen und dachte nur daran, möglichst schnell zu verschwinden. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sich mein rasender Hunger verstärkt zurückmeldete, und die duftenden Versprechungen saftiger Früchte fielen mit immer größerer Kraft über mein Kleinhirn her.
Ich wußte genau, daß ich, wenn ich nicht bald sichere Nahrung fand, einen Zustand erreichte, in dem ich den Sirenenrufen, die versprachen, meinen Hunger in der nächsten Speisekammer der Bloomenkinder zu stillen, nicht mehr widerstehen konnte. Mit letzter Willenskraft beschloß ich deshalb, einzelne Blumen aufzusuchen, deren Düfte nichts versprachen, und deren Früchte einzusammeln, wenn auch mein Vertrauen bezüglich dieser Strategie ernsthaft angeschlagen war.
Leider erwies sich mein Pessimismus als begründet. Es war kein Problem, Blumen zu finden, deren Düfte für mich ungefährlich waren, doch die Nahrung, die sie boten, war ganz und gar ungenießbar.
Einige dieser Früchte stießen mich mit ihrem widerlichen Aroma ab; es gab Früchte, deren Geschmack Bilder von stinkenden Fäkalien hervorrief, Früchte, die wie alter, überreifer Käse schmeckten, Früchte, die meinen Gaumen an Urin erinnerten. Doch der größte Teil der Früchte, den zu probieren ich mich zwang, verursachte bei der ersten Berührung mit meinem Gaumen ein so heftiges Würgen, daß ich mir den vollen Schrecken ihres Geschmacks von vornherein ersparte.
Die Botschaft war so eindeutig, als wäre sie in monumentalen Buchstaben in Stein geschlagen worden. Tief im Bloomenveldt konnten Menschen nur die Früchte essen, deren Düfte sie anzogen, und diese waren zweifellos mit Molekülen durchsetzt, durch welche die Menschen zu vollkommenen Bestäubern wurden. Es war ein
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