Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
Vom Netzwerk:
Joker und Geschichtenerzählerin, die allein war und für ihren Lebensunterhalt sang – der einzige Mensch, der die Geschichte erzählte.
    Schließlich erreichte ich jedoch einen Bereich, in dem hin und wieder dyadische Paare zu sehen waren, die in tantrischen Vereinigungen von so endgültiger Intensität versunken waren, und dies auch noch bei Blumen, die nichts Eßbares zu bieten hatten, daß jeder Versuch, mich ihnen zu nähern, von vornherein sinnlos war – es wäre sogar gefährlich gewesen anzunehmen, daß die Kraft des Wortes Macht hatte über das Parfüm der Kundalini-Schlange.
    Denn bei der ersten dieser Gelegenheiten, als ich einer Blume der Leidenschaft so weit wie möglich auswich und weiterging, drehte ich mich zufällig um und sah, daß die beiden letzten meiner Jünger, ein dürrer, hagerer Bursche, der sich erst vor einem Tag der Parade angeschlossen hatte, und eine entsetzlich dicke Frau, die einige Tage weit hinter mir hergewackelt war, sich zusammengetan hatten und zur Blume gingen, während sie sich in grotesker Weise betasteten und es in unwürdiger Hast kaum erwarten konnten, die Blume zu erreichen.
    Ich glaube, daß in diesem Augenblick das Bewußtsein einer Möglichkeit von karmischer Schuld und menschlichem Mitgefühl in die vollkommene moralische Leere meines Geistes vordrang, denn nachdem ich nun zwei Menschen an die Blumen verloren hatte, ohne auch nur einen Versuch zu machen, sie zu retten, begann es mir zu dämmern, daß ich wirkliche Menschen im Schlepptau hatte, die ich, ohne es bewußt erstrebt zu haben, ein Stück auf der Straße aus der Dunkelheit ins Licht des Bewußtseins angeführt hatte.
    Und während vom Standpunkt kosmischer Gerechtigkeit aus sie es waren, die mir etwas schuldig blieben für das, was ich ihnen so freigebig geschenkt hatte, war ich es, die mein Netz aus Worten ins Meer des Bloomenveldts geworfen hatte, ohne an das Schicksal dieser Lungenfische zu denken, die ich aus den Blumentiefen zog, bis sie in der Luft des Bewußtseins kämpften und keuchten.
    Soll heißen, daß es vielleicht eine nutzlose Suttee gewesen wäre, wenn ich versucht hätte, Guy zu retten, daß mein Bewußtsein aber im Augenblick nicht existentiell gefährdet war und daß ich es vielleicht dem Geist, der mich gerettet hatte, schuldig war, mich um die verlorenen bewußten Geister zu kümmern, deren Schicksal mir mein eigenes Verhalten, ohne daß ich es bemerkt hatte, in die Hände gelegt hatte.
    Vraiment, praktisch gesehen konnte ich nicht viel mehr tun, außer meine endlose Erzählung weiter nach Osten zu tragen, den Blumen der Lust so gut und so weit wie möglich auszuweichen, einige minimale Zugeständnisse zu machen, damit mein Gefolge nicht zu weit zurückblieb, und jene, die von der Zauberstraße abschweiften, mit Verwünschungen, die sie nicht verstehen konnten, und Tritten und Stößen, die etwas effektiver waren, anzutreiben.
    Das soll nicht heißen, daß ich mich zum perfekten Schäfer entwickelte – moralisch oder anders gesehen –, denn wenn es darum ging, mich einer Blume der Leidenschaft zu nähern, die zwei meiner verlorenen Kinder gestohlen hatte, gab es eine klare Grenze. Ich würde nicht mein eigenes Überleben beim Versuch gefährden, solche verdammten Geister zu retten, und ebensowenig würde ich zulassen, daß irgend etwas meinen Marsch zur Küste lange aufhielt. Darin fiel der Selbstschutz des Individuums mit dem Schutz des ganzen Stammes zusammen, denn wenn niemand mehr da war, um die Geschichte zu erzählen, waren die Tage unseres ganzen Stammes gezählt.
    Wirklich, um die Wahrheit zu sagen, war ich kein Schäfer, der eifrig seine Schafe hütete, sondern ich empfand meine Schutzbefohlenen hauptsächlich als Bürde – wie ein Spaziergänger, der plötzlich von einem Wurf verlorener Kätzchen adoptiert wird und ein gewisses zärtliches Gefühl für ihre Sicherheit entwickelt, so daß er sie nicht ohne Bedauern der Wildnis überlassen will, aber dennoch nicht ihr Hüter sein kann.
    So ging ich vraiment langsamer und vorsichtiger weiter, machte mir widerstrebend klar, daß ich irgendwie für eine Gruppe anderer Geister verantwortlich war wie für meinen eigenen. Und nun, da mir vier Jünger, die ich eindeutig nicht erwählt hatte, folgten, tauchte eine Bewußtseinsebene wieder auf, ein Wesen, von dem ich behaupten würde, daß es zumindest das Recht hatte, wieder ein ganzer Mensch genannt zu werden.
    Denn während das Thema meiner geistige Gesundheit an jedem Punkt der

Weitere Kostenlose Bücher