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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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bestimmten Ziels ausgesprochen wurde, zog der Rapid die entsprechende Summe vom Chip ab und brachte einen dort hin. Wenn man verschiedene Ziele wie »Hotels«, »Restaurants«, »Berge«, »Freudenpaläste« und so weiter nannte, dann rollte eine vollständige, alphabetisch geordnete Liste über den Bildschirm, bis man seine Wahl getroffen hatte.
    Entfernung war kein Problem, denn die Tunnels des Rapides standen unter Vakuum und waren einem trägheitslosen Null-G-Feld ausgesetzt, so daß man ohne Unbequemlichkeit große Beschleunigungen erreichen konnte. Sobald man das Ziel genannt hatte, wurde man mit gewaltiger, wenn auch nicht wahrnehmbarer Geschwindigkeit durch die glücklicherweise einheitlich dunklen Tunnels gejagt; mit dem Rapid war kein Punkt auf Edoku weiter als zwanzig Minuten vom anderen entfernt.
    So wurde Edoku, sobald ich mit dem Rapid vertraut war, sowohl in praktischer Hinsicht als auch in meiner psychischen Perspektive, eine endlose und willkürlich zugängliche Folge möglicher Umgebungen, die zusammenhanglos durch Namen oder Kategorie aufgerufen werden konnten und untereinander keine geographische oder zeitliche Beziehung besaßen. Das Restaurant, in dem ich speiste, war vielleicht nur ein paar Minuten Fußmarsch von dem Berg entfernt, auf dem ich meinen Verdauungsspaziergang machte – oder es lag auf der anderen Seite des Planeten. Außerdem spielte es keine Rolle, wo ich mich befand, wenn ich müde wurde. Ich mußte nur meinen Chip in den Schlitz schieben und seinen Namen aussprechen, um binnen weniger Minuten wohlbehalten ins Hotel Yggdrasil zurückzukehren.
    Während mir der Rapid zwar willkürlichen Zugang jeder Stelle auf dem Planeten erlaubte und gleichzeitig meine Wahrnehmung Edokus von der einer chaotischen, planetengroßen Weite auf eine unendliche Abfolge von Wundern und Bizarrheiten reduzierte, die allesamt benachbart waren, kann man kaum sagen, daß dieses Transportmittel mir half, meine psychische Orientierung wiederzugewinnen.
    Au contraire – obwohl ich nun beliebig auf ganz Edoku umherstreifen konnte, waren meine Wahrnehmung seiner Realitäten sowie das Bewußtsein, das ich über sie hatte, jetzt eher noch fragmentarischer. Ich durchlebte den selbstgestalteten Kreislauf der Stunden und Tage nicht nur gelöst von jedem Zeitablauf – abgesehen von der Folge von Hunger, Müdigkeit und Schlaf –, sondern ebenso ohne irgendeine Art topographischer Karte des Gebietes.
    Darüber hinaus wählte ich die Restaurants, Freudenpaläste, Unterhaltungen, Aussichtspunkte und so weiter völlig durch willkürliche Auswahl aus den Listen, die mir die Datenbank des Rapides anbot, und diese Listen – jedenfalls schien es mir so – waren ebenfalls mit nicht geringer Willkür zusammengestellt.
    Vraiment, ich konnte sicher sein, daß ich in jedem Unternehmen, das als »Restaurant« aufgeführt war, etwas zu essen bekam, doch der Stil der Küche und die Aufmachung standen auf einem anderen Blatt.
    Ich genoß ein Bankett im Han-Stil auf einer großen Barke, die in einem halbdunklen Canyon einen Fluß hinuntertrieb; fand mich verwirrt in einem Baumwipfel wieder, wo es nur Backwaren gab, die von vogelähnlichen Wesen mit auf dem Kopf befestigten Platten herumgereicht wurden; wandte mich angewidert von einem Frühstück ab, das aus Leckerbissen aus rohem Fleisch und Fisch bestehen sollte und im Verlauf einer hervorragenden tantrischen Vorstellung serviert wurde; hockte angeekelt in einer von Feuern beleuchteten Höhle, wo die Gäste, nachdem sie ihre Kleidung abgelegt hatten, aufgefordert wurden, kleine, gebratene Tiere und Geflügel mit den Fingern auseinanderzureißen; war völlig bestürzt über eine Kochkunst, die bizarre, lebende, genmanipulierte Vögel und Tiere benutzte, die gurgelten und zwitscherten, wenn sie gegessen wurden; mir wurde schlecht vom stechenden, beißenden Geschmack vielfarbiger Würfel, die in einem mit strahlend weißen Kacheln ausgekleideten Lokal serviert wurden.
    Gleichermaßen landete ich nach willkürlichen Entscheidungen unter der Rubrik »Freudenpaläste« in Lokalen, die mehr oder weniger alltägliche sexuelle Szenarios anboten, wenn sie auch häufig in bizarr dekorierten Umgebungen stattfanden.
    Doch ebenso oft sah ich mich einer Auswahl riesiger und hirnloser Kreaturen gegenüber, deren Phalli, Münder, Hände, Tentakel und Bewegungsapparate durch Genmanipulation für die Darbietung tantrischer Figuren, die sogar meine Mutter in Erstaunen versetzt hätten, geformt

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