Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
Vom Netzwerk:
Leonardo. Ungültig auf der Oberfläche aller Planeten.« Sein Ausdruck wurde etwas milder. »Naturellement, Sie können ihn jetzt benutzen, um nach Hause zurückzukehren, ohne das Leben eines mittellosen Kindes des Glücks zu wagen…«, schlug er vor.
    Diese Bemerkung reichte, um meinen eingeschüchterten, hilflos verzweifelten Geist so weit aufzurütteln, daß ich rief: »Niemals!«
    »Niemals?«
    »Nun, wenigstens nicht, ohne es zu versuchen…«, sagte ich halblaut.
    »Gut gesprochen, Kind«, erwiderte der Domo. »Bonne chance, buena suerte, good luck, viel Glück und so weiter. Aber nun müssen Sie tout de suite unser Gebäude verlassen.«
    Also blieb mir nichts anderes übrig, als mir den Rucksack auf den Rücken zu schlingen und aus der Lobby des Yggdrasil zu schleichen, durch die Wandelgänge, in denen sich glücklichere Menschen ausruhten, über die Regenbogenbrücke, die aus der Sicherheit und Gewißheit des verlorenen Paradieses in die harte, unbekannte Welt der Mühe und der Arbeit führte, und wenn es auch keine Engel gab, um mir mit Flammenschwertern den Rückweg zu verwehren, so wußte ich doch, daß ich von nun an auf Straßen reisen mußte, die ich mir selbst erbaute.

 
   6
     
     
    Ich weiß nicht, wie lange ich in betäubter Angst und formlosem, düsterem Zorn herumwanderte; auch nicht, ob ich vom Yggdrasil eine große Entfernung zurücklegte oder in Kreisen umherwanderte, denn dies war Edoku, wo die Tagesstunde an einem bestimmten Ort keinen Hinweis auf das Verstreichen der Zeit gab, und die willkürliche Landschaft gab keine Hinweise auf die Richtungen. Außerdem hatte Edoku mich völlig verängstigt, ehe ich das Yggdrasil gefunden hatte; es war mir unmöglich erschienen, diese Welt auf eine zusammenhängende Weise zu erfahren, bevor ich den Rapid entdeckt hatte. Nun aber war ich noch schlimmer dran als die naive Fremde, die das erste Mal einen Fuß auf den Planeten setzte, denn ich war verflucht mit dem Wissen dessen, was ich verloren hatte; und während das kleine Mädchen, das ich gewesen war, über die exorbitanten Preise, die ihr Untergang waren, geschimpft hätte, konnte sich das werdende Kind des Glücks nicht ganz vor der Einsicht verschließen, daß sie dieses Desaster niemand außer sich selbst vorwerfen konnte.
    Vraiment, welche Katastrophe! Sofort nachdem man mich aus dem Yggdrasil geworfen hatte, schien mir die Tatsache, daß ich kein Geld für Essen und Unterkunft mehr hatte – schrecklich für ein Mädchen, das noch nie in ihrem Leben ein Essen ausgelassen hatte –, das Dilemma in seinem vollen Umfang zu beschreiben. Doch als ich automatisch auf die nächste mir bekannte Rapid-Station zusteuerte, fiel mir ein, daß ich nicht einmal mehr die Fahrt bezahlen konnte, und es dämmerte mir, daß das Leben einer völlig Mittellosen in einer Umgebung wie Edoku außer Hunger und Obdachlosigkeit noch weit größere Schwierigkeiten zu bieten hatte.
    Einmal war mein Operationsradius jetzt auf die Entfernung beschränkt, die ich zu Fuß überwinden konnte, und was noch schlimmer war, ich hatte keine Vorstellung, wie ich irgendeinen bekannten Ort durch den ermüdenden Vorgang, einen Fuß vor den anderen zu setzen, erreichen konnte, denn ich hatte bei allen meine Erkundungen in der Stadt den Rapid benutzt, und deshalb hatte ich keine Ahnung, wie das Gelände beschaffen war.
    Mein einziger Trost in dieser Erkenntnis war die Tatsache, daß mir eine Erinnerung an die Gegend ohnehin nicht geholfen hätte, denn ich hatte keine Möglichkeit, mir aus den Lokalen, die ich vorher besucht hatte, etwas zu essen zu beschaffen – falls ich sie überhaupt fand.
    Auch die magische Fähigkeit, mich mit einem Willensakt an jeden beliebigen Ort zu versetzen, hätte mir nicht helfen können, mit der Suche nach bezahlter Beschäftigung zu beginnen. Denn statt mir über das finanzielle Auf und Ab Gedanken zu machen, hatte ich mich ausschließlich damit beschäftigt, die vielfältigen Möglichkeiten des Geldausgebens zu erforschen, und nicht den kleinsten Gedanken darauf verwendet, etwas zu verdienen.
    Während ich erregt und deprimiert und mit einem unangenehmen Gefühl im leeren Bauch, ziellos durch die Straßen und Parks, die Plätze und Bezirke eines Geschäftsviertels wanderte, während ich die extravagant gekleideten Edojin sah, die Wein tranken, Drogen inhalierten und gemächlich in ihren teuren Gerichten herumstocherten, erkannte ich, daß ich, obwohl jeder in der Stadt äußerst wohlhabend schien,

Weitere Kostenlose Bücher