Kind des Glücks
seinerseits ließ sich nicht herab, das Fußvolk mit Geplauder oder direktem Blickkontakt wahrzunehmen – genau wie ein Schauspieler auf der Bühne nie verrät, daß er um die Existenz des Publikums weiß.
Unter den Gypsy Jokern verhielt es sich jedoch völlig anders.
Die Karawanserei der Gypsy Joker umschloß eine verwirrende Vielfalt von Unternehmungen, und während Pater mich nacheinander auf sie aufmerksam machte, hielt er hof mit den jeweiligen maestros und Mitarbeitern, stellte Fragen und gab Ratschläge, plauderte und machte Vorschläge, sammelte einen Teil der Einnahmen für die gemeinsame Kasse oder vielleicht seine eigene ein und stellte mich en passant als das neueste Stammesmitglied vor.
Selbst für die völlig berauschte Moussa war es schwer zu glauben, daß Pater der größte Meister in jeder Kunst war, wie er vorgab, doch gewiß wurde er von seinen Mitarbeitern so betrachtet oder zumindest als Meister geduldet. An Imbißbuden knabberte er an den Leckereien und schlug Veränderungen der Rezepte vor. Die Waren der Juweliere, Töpfer, Bildhauer, Sattler und so weiter wurden gemustert, befingert, sogar beschnüffelt; viele wurden gelobt, doch manche mußten auch vom Markt genommen werden, da sie stümperhaft hergestellt waren, und einige Male wurde ausführlich über die Preise gesprochen.
Pater versuchte sein Glück gegen seine Gefolgsleute bei den zahlreichen Glücks- und Geschicklichkeitsspielen, die es im Lager gab, und mehr als einmal gewann er einen kleinen Stapel Ruegelt, den er mit trockenen Ermahnungen und Predigten an die Verantwortlichen einsteckte, während er ausführlich jene wenigen lobte, die es schafften, ihm eine Münze abzunehmen.
Auf dem Gelände gab es außerdem zahlreiche Straßenkünstler jeder Art – Musiker, Sänger, Geschichtenerzähler, Jongleure, Zauberer und so weiter –, die kostenlos auftraten oder für die Münzen, die die vorbeispazierenden Edojin ihnen zuwarfen. Pater beobachtete ihre Darbietungen, um sie während einer Pause zur Seite zu nehmen und seinen Rat anzubieten. Jongleure bekamen Schwächen in ihren Vorstellungen aufgezeigt, Musiker und Sänger wurden zur Erweiterung ihres Repertoires an Kollegen verwiesen, Zauberer lernten neue Tricks, Geschichtenerzähler hörten neue Variationen alter Märchen.
Es gab viele Zelte, in denen vor Publikum tantrische Stellungen aufgeführt wurden, und viele weitere, in denen das Publikum an der erotischen Choreographie teilnehmen oder Einzeldarbietungen nach eigener Wahl genießen konnte.
Pater war nicht nur sehr freigebig mit seiner Kritik, unterwies nicht nur männliche Tantra-Künstler in den Feinheiten der Kunst (ein Gebiet, auf dem ich die letzte wäre, die ihm die Meisterschaft absprechen würde), er beschränkte sich nicht nur darauf, tantrische Künstler meines Geschlechts in der Kunst, männliche Wesen zu erfreuen, zu unterweisen, sondern erbot sich sogar, direkt vor meinen Augen Nachhilfestunden zu geben!
Wenn ich die Einstellung der jungen Moussa gegenüber Pater Pans Darbietungen bei seiner königlichen Runde als zwiespältig beschrieben habe, wenn ich ihn als Besserwisser in jeder Kunst und jedem Unternehmen dargestellt habe, der sich verhielt wie ein kiebitzender Dilettant, wenn ich ihm die offene Anerkennung seiner Fähigkeiten als Meister auf jedem Gebiet versagte, so muß ich doch in Wirklichkeit zugeben, daß es weder der Tonfall seiner Ausführungen noch deren Aufnahme war, die meine Freude über diese großartige Tour durch Xanadu trübte – um schmerzhaft ehrlich den Grund für mein Unbehagen zu nennen, in seinen Unterhaltungen mit den männlichen Angehörigen unseres Stammes fand ich wenig Unangenehmes.
Sie waren alle jünger als mein großer Geliebter, gegen ihn in meinen Augen völlig uninteressant; ich konnte die offene Art nur gutheißen, mit der sie ihn wegen großer und kleiner Dinge befragten, seine Gunst suchten, wie sie seinem leuchtenden Vorbild nachzueifern wünschten, wie sie seinen Rat und seine Lehren selbst in den Feinheiten ihrer eigenen Künste mit der intellektuellen Begierde eines ernsthaften Schülers aufnahmen.
Sein Verhalten den Frauen gegenüber jedoch und ihre offene und bewundernde Aufmerksamkeit für ihn gingen über das Maß meiner selbstlosen Bewunderung und Anerkennung hinaus. Vraiment, in meiner kurzen Karriere als femme fatale von Nouvelle Orlean war ich noch nie in den Genuß solcher Behandlung durch einen Liebhaber gekommen. Ich hätte die weitere Gesellschaft
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