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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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irgendeines dahergelaufenen Flegels gemieden, sobald ich ihn damit erwischt hätte, wie er mit einer gewöhnlichen Frau auch nur scheue Blicke wechselte; wenn ich auch zugeben muß, daß die Techniken des heimlichen Diebstahls liebevoller Zuwendung, mit welchen mich diese Kreaturen ständig aus der Reserve locken wollten, meinem eigenen Repertoire nicht ganz fremd waren.
    Um so mehr Grund hatte ich, die schmeichelnden Worte, mit denen er ständig bedacht wurde, zu verabscheuen – die leichten, zufälligen Berührungen zahlreicher weiblicher Hände an den verschiedensten Stellen seiner Anatomie, die forschenden Blicke, das Drängen ihrer Körper in die Aura seiner Erscheinung, als wäre ich gar nicht da, oder schlimmer noch, als sei ich zu dumm, um die Bedeutung dieses rosa Paarungstanzes zu verstehen. Zudem spielte Pater mit, ging auf erotisches Geplauder ein, legte freigebig und hemmungslos in kleinen, intimen Berührungen die Hand auf weibliches Fleisch, mied nie den Augenkontakt und zeigte mir kurz gesagt, daß er der Hahn im Korb war.
    Am bittersten aber, um nicht zu sagen am erstaunlichsten, war die Tatsache, daß ich zwar allen zugleich als jüngstes Stammesmitglied und als Geliebte, die eben erst seine Umarmung verlassen hatte, vorgestellt wurde, dies aber keineswegs dazu führte, daß die Legion der weiblichen Bewunderer davon abgehalten wurde, ihm in meiner Gegenwart den Hof zu machen; meine Rivalinnen begrüßten mich sogar mit einer Haltung, die selbst ich in meinem verletzten Zustand nur als echte Freundlichkeit erkennen konnte, während sie sich zugleich meinem Mann anboten!
    Schließlich, vraiment, nach einer Zeit, die mir unendlich lang schien, war diese merkwürdig gegensätzliche Verbindung von fröhlicher Einführung in die Wunder des Karnevals und quälendem Beobachten unzähliger Flirts (oder Schlimmerem) vorbei, und Pater schob mich ins Heiligtum seines eigenen Zeltes.
    Von außen konnte dieser Pavillon nicht mit der Wohnstätte eines anderen verwechselt werden, denn das ganze Zelt bestand aus demselben Vielfarbigen Tuch, das auch den Körper des vielbegehrten Pater Pan bedeckte. Innen jedoch erwies es sich als bescheiden und schlicht, was mir überhaupt nicht zu seiner übertriebenen Selbsteinschätzung zu passen schien. Wirklich, in dem kleinen Zelt befand sich kaum etwas außer einem großen Bett – ein rotes Samttuch, das über ein tiefes Geflecht aus Ästen geworfen war –, ein paar schlichten Holzschränkchen, einigen niedrigen Tischen und verschiedenen Leuchtkörpern, die jede Farbe und jede Lichtstärke erzeugen konnten, die er sich wünschte.
    Während es gegenüber den Parks und Gärten, in denen ich in der letzten Zeit übernachtet hatte, eindeutig eine Verbesserung darstellte, so blieb es doch erschreckend weit vom Luxus und von der Atmosphäre meines Zimmers im Yggdrasil entfernt, und ich entschloß mich sofort, meinen feineren Geschmack und die reichlichen Mittel, über die er offenbar verfügte, einzusetzen, um für einige Verbesserungen zu sorgen, denn ein so spartanisches Junggesellenquartier war kaum angemessen für das, was ich irrtümlich für unsere zukünftige gemeinsame Bleibe hielt.
    Pater warf sich aufs Bett, verschränkte wie ein zufriedener Pascha die Hände hinter dem Kopf, doch er war klug genug, um aus meinem Verhalten zu schließen, daß etwas nicht stimmte. »Qué pasa, Moussa?« fragte er freundlich.
    »Ich hätte bei einem Mann, der doch so viele Künste meisterhaft beherrscht, ein etwas stilvolleres Domizil erwartet…«
    »Au contraire«, sagte er, »Besitz ist ein Anker für den Geist, und Schlichtheit ist der höchste Stil von allen. Im Lager der Gypsy Joker bin ich von allen Arten gemeinsamer Freuden umgeben. Warum sollte ich Schätze horten wie ein Geizhals? Alles, was ich zu meiner Zufriedenheit brauche, ist diese Matte auf dem Boden und Licht.« Er lachte. »Außerdem schlafe ich öfter auswärts.«
    Das konnte ich mir gut vorstellen. »Nun, die Einrichtung ist in Ordnung für einen wandernden Tausendsassa«, erklärte ich ihm, »aber nun, da wir in einer ménage à deux sind, brauchen wir vernünftige Möbel, um uns ein schönes Heim zu bauen, nicht wahr? Du kannst doch kaum von mir erwarten, daß ich mit dir ein Bett aus Ästen in einem leeren Zelt teile.«
    Darauf setzte Pater sich auf und starrte mich zuerst überrascht, dann entrüstet und schließlich mit einer gewissen Art Kummer an. »Hoppla, Lady, du scheinst an einer ganzen Reihe von

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