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[kinder] Allein unter Superhelden

[kinder] Allein unter Superhelden

Titel: [kinder] Allein unter Superhelden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Wolz
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Test erzählen soll? Von Marvin und wie ich es ihm heimzahlen wollte? Dass mir meine Füße wehtun, weil ich aus der Schule abgehauen und ewig weit in den bescheuerten Gummistiefeln gelaufen bin? Ich könnte Papa sagen, dass nichts in Ordnung ist. Gar nichts.
    Aber was würde er davon halten? The Ray, der mit Oberschurken kämpft, der Menschen vor ausbrechenden Vulkanenrettet und Meteoriten abfängt, wenn sie auf die Erde zurasen?
    Nein, ich muss das mit Paul besprechen.
    »Wir hatten früher Schluss«, sage ich und weiche seinem Blick aus.
    »He, nicht traurig sein, Leon. Morgen siehst du deine neuen Freunde wieder. Toll, nicht?«
    Supertoll. Ich kann kaum an mich halten vor Freude.
    »Sag mal«, meint Papa. »Du klingst komisch. Bist du heiser?«
    Papa Ray könnte auf der Sonne Picknick machen, ohne dass er austrocknet. Aber meine Kehle ist nach dem Gewaltmarsch in der Hitze rauer als das billigste Klopapier.
    »Geht schon«, krächze ich. Papa reicht das und er fliegt davon.
    Im Haus stürze ich eine Flasche Limo auf einen Zug herunter.
    Ergebnis: In meinem Bauch gluckst es lauter als bei der Toilettenspülung und ich kann mich kaum noch bewegen.
    Ich schleppe mich zum Telefon und wähle Pauls Nummer. Nach dem dritten Mal Läuten nimmt Pauls Mutter ab.
    »Tut mir leid, Leon. Paul ist noch in der Schule. Und nachher ist er mit Dennis verabredet.«
    Dennis? Wie kann Paul etwas mit der Trantüte ausmachen? Der Langweiler schläfert Paul doch ein, wenn er nicht aufpasst.
    »Leon, bist du noch dran?«
    Ob Pauls Mutter erfahren will, dass ihr Sohn ein treuloser Verräter ist?
    »Hm«, mache ich. »Paul schaut also nach vorn. Lebt einfach weiter, wenn ich nicht mehr da bin, hä?«
    »Meine Güte, Leon. Du klingst so seltsam. Bist du krank? Ich hoffe doch, es ist nichts Ernstes?« Pauls Mutter hört sich ziemlich erschrocken an, aber das ist nichts Neues bei ihr.
    Als Antwort kriege ich erst mal nur ein Röcheln heraus, weil die Kohlensäure nach oben will. Die Luft steckt irgendwo zwischen Magen und Mund fest. Ich sinke mit dem Hörer in der Hand auf den Boden und atme laut, um sie wieder runterzudrücken.
    »Leon? Ich wusste ja nicht, dass ... du meine Güte, du wirst doch wieder gesund, oder?«
    Ich halte eine Hand über den Hörer. Jetzt kommt doch alles hoch!
    Eigentlich denke ich, dass ich ein gutes Logo! als Antwort gerülpst kriege, aber als ich wieder ans Telefon gehe, höre ich Pauls Mutter schluchzen.
    »Kopf hoch«, sage ich. »Bald ist es vorbei. Dann hat das Leiden ein Ende. Aus die Maus, Ende Gelände. Würden Sie mir einen letzten Wunsch erfüllen und Paul ausrichten, dass ich angerufen habe?«
    »Einen letzten Wunsch?! O Gott, Leon! Natürlich, natürlich.Wenn es sonst noch etwas gibt, das ich für dich tun ...?«

    »Nee, schon in Ordnung. Tschüssi.«
    Ich lege auf und überlege, was ich machen könnte. Jetzt, wo mein Bauch wieder halbwegs leer ist, sollte ich mich um die wichtigen Sachen kümmern. Ich hole die Schüssel Schokopudding aus dem Kühlschrank, ziehe endlich das blöde Kostüm aus und sehe den Nachmittag über in meinem Zimmer fern.

Ein echter Freund
    »O Gott, Leon.« Pauls Mutter fällt mir um den Hals. Sie schnieft und ich habe Angst, dass sie mich als Taschentuch benutzt. »Wie geht es dir?«
    Dass Pauls Mutter ein bisschen komisch ist, weiß ich schon länger. Aber so hat sie mich noch nie begrüßt. Dabei wollte ich vor dem Abendessen nur kurz bei Paul vorbeischauen und gemeinsam mit ihm überlegen, wie ich morgen der Schule entgehen kann. Jetzt sieht seine Mutter mich an, als müsste ich mir Sorgen um mich machen. Warum auch immer.
    »Es ist in Ordnung, wenn du nicht darüber reden magst, Leon«, sagt Pauls Mutter. »Aber wenn ich irgendwas für dich tun kann, musst du es nur sagen.«
    Sie nickt wissend. Keine Ahnung, was sie meint. Aber ich nicke wissend zurück. Das ist das Beste, was man in einem solchen Fall machen kann.
    »Schokokekse«, fällt mir ein, weil ich nach dem ganzen Pudding tierischen Hunger auf etwas Festes habe. »Das wäre spitze.«
    Pauls Mutter macht große Augen. »Ich habe keine ... aber weißt du was?« Sie nimmt ihre Handtasche von der Garderobe. »Ich hole welche, ja? Wenn dir das guttut.«
    »Supi.« Manchmal hat die komische Art von Pauls Mutter auch ihre guten Seiten.
    Ich steige die Treppe hoch. Paul liegt in seinem Bett auf dem Bauch. Ich muss ihn dreimal anstoßen, bis er reagiert. Er setzt sich die Brille auf und braucht dann immer noch eine halbe

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