[kinder] Allein unter Superhelden
sage ich.
Mama ist noch nicht überzeugt. Mir bleibt also nur die Geheimwaffe. Ich blinzle IceMadam von unten an. »Weißt du, Mama, du wirst woanders mehr gebraucht.«
Auch Mama ist nur ein Superheld.
»Schön, dass du das so siehst, Hasi. Aber dann schaut Laura in der Pause nach dir. Versprochen, Große?«
Eher würde Paul neuer Direktor der Superhelden-Zentrale,weil keiner so ausgeklügelte Pläne zeichnen kann wie er, als dass Laura wegen mir die Pause mit ihren neuen Freundinnen sausen lässt.
Mama fällt nicht auf, dass Laura keine Antwort gibt. Sie ist schon auf dem Weg zu Papa, der von der Tür her drängelt. »Fünf vor acht, Schatz. Der Krake taucht gleich auf. Du willst doch nicht, dass die anderen ohne uns anfangen?«
Die beiden verschwinden und mit einem Plopp! ist auch Laura weg.
Ich habe sturmfrei.
Ich belege mir fünf Scheiben Toast und frühstücke im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Ein Koch gibt Tipps, wie sich Radieschen länger halten. Ich hüpfe auf dem Sofa herum, weil das verboten ist, wenn Mama und Papa dasind. Danach kümmere ich mich in meinem Zimmer um das Videospiel, das Paul und ich zurzeit spielen. Ich übernehme Pauls Mannschaft und kneife ein Auge zu, um halbwegs gerecht zu sein. Ich gehe mit meinem richtigen Team schnell in Führung, aber es ist anders, als gegen den echten Paul zu gewinnen. Unten herrscht immer noch das Chaos vom Frühstück, aber ich habe später noch genug Zeit, aufzuräumen. Der Fernsehkoch schneidet einen Weißkohl in Streifen. Der Minutenzeiger unserer Uhr scheint die Lust verloren zu haben, weiterzuspringen.
Ich überlege, ob ich die Zeit nicht besser nutzen sollte, um mir Gedanken darüber zu machen, wie es mit Marvin weitergehen kann. Irgendwann werde ich ihm ja wieder begegnen.
Von Papa weiß ich, dass man seine Feinde kennen muss. Man muss sich in sie hineinversetzen.
Ich schalte das Radio ein und drehe die Lautstärke voll auf. Im Wohnzimmer rattert der Koch die Zutaten für einen Zucchini-Kuchen herunter. Ein ziemliches Durcheinander. So hört sich das also in Marvins Kopf an, wenn er auf Radioempfang schaltet.
Aus dem gar nicht so geheimen Süßigkeiten-Versteck hole ich den ganzen Kaugummi und stopfe ihn mir komplett in den Mund. Laut schmatzend baue ich mich vor dem Spiegel im Flur auf.
»Klopp!«, pflaume ich mich an.
Ich drücke den Kaugummi mit der Zunge zurecht, ziele und – der klebrige Batzen fliegt meinem Spiegelbild entgegen.
Plopp!
»Leon?« Laura schaut um die Ecke. »Was ist denn in der Küche und im Wohnzimmer für ein ... Bääähhh!«
Volltreffer.
Laura zieht sich den Kaugummi von der Nase und ich bezweifle, dass sie jetzt ein offenes Ohr für meine wahnsinnigen Bauchschmerzen hat. Ich versuche es trotzdem: »Voll komisch, Laura. Gerade ging es mir besser und ich konnte kaum erwarten, mit meiner Lieblingsschwester in die Schule zu hopsen ... und jetzt tut wieder alles weh. Ich leg mich dann mal besser wieder ...«
»Na warte!« Laura läuft los.
Ich renne blitzschnell zur Treppe.
Plopp! , steht Laura vor mir und packt mich am Arm.
Plopp! , wird es um mich herum schwarz.
(K)ein aufregender Tag
»Was machst du denn hier, Hasi?!«
Ich würde das Mama echt gern erklären. Aber vielleicht holt sie mich erst vom Arm des Kraken herunter, auf den Laura mich gesetzt hat?
IceMadam schwebt vor mir. »Geht es deinem Magen besser?«
Mein Bauch ist meine geringste Sorge. Der Krake schüttelt mich durch, dass ich mir vorkomme wie eins der Schiffe, die unten im Hafenbecken herumgeschleudert werden.
»Schau mich mal an«, verlangt Mama.
Würde ich ja gerne machen, ehrlich! Das ist aber gerade kompliziert. Ich ducke mich unter einem zweiten Arm weg, der mich abpflücken will.
Solange IceMadam woanders hinguckt, könnte ich ihr erzählen, dass Paul jetzt Kontaktlinsen trägt und von allen Adlerauge genannt wird. Aber wenn ich sie ansehen muss, kann ich froh sein, wenn ich nicht noch meine Schwindeleien vom letzten Jahr zugebe.
»Aha«, macht Mama.Wenn man aufgeflogen ist, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man gesteht alles und plädiert auf mildernde Umstände, weil man noch ein Kind ist. Oder man überlegt sich schnell eine bessere Lüge.
»Projektarbeit!«, rufe ich. »Für die Schule. Und ich durfte nichts verraten, äh, weil ihr euch sonst etwas Besonderes hättet einfallen lassen. Aber wir sollen doch den Alltag erleben. Von wegen Berufswunsch und so.«
Der Krake schleudert einen von Mamas Superkollegen durch die
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