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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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schwarze Masse zerklüfteter Gipfel zuwand. Er hätte warten können bis zum Tagesanbruch, aber er wollte unbedingt weiterkommen. Er konnte im Mondlicht gut genug sehen, um seinen Weg zu finden, und wenn er langsam und vorsichtig fuhr, sollte er im Stande sein, die andere Seite vor dem nächsten Morgen zu erreichen, und dann konnte er immer noch schlafen.
    »Solange der Weg nicht wieder blockiert ist«, murmelte er. Dann lächelte er. »Oder unfreundliche Berggeister nicht wollen, dass ich durchkomme.«
    Er dachte daran, die Fingerknochen noch einmal zu werfen, aber es schien zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig zu sein. Er suchte nach einem Weg auf die andere Seite der Rockies, also konnte er auch warten, bis er dort war, um zu sehen, in welche Richtung er sich wenden musste. Wenn sich nicht etwas drastisch änderte, war er auf dem Weg in den nordwestlichen Teil des Landes, vielleicht sogar nach Kanada. Wer wusste schon, ob der Zigeunermorph nicht beschlossen hatte, sich außerhalb der Vereinigten Staaten zu verstecken, zumal Grenzen keine große Rolle mehr spielten? Und noch weniger, wenn man ein magisches Geschöpf war.
    Oder ein Magier wie er selbst. So hatte die Spinne ihn genannt. Aber er wusste, was er war. Er war eine leere Hülle, der man einen neuen Lebenssinn verliehen hatte. Man hatte ihm eine Sache nahegebracht, für die er eintreten konnte. Er war ein Toter, der wieder zum Leben erweckt worden war. Er war eine Waise, verloren in einer Welt von Waisen, aber mit dem einen großen Unterschied, dass man sich seiner angenommen hatte. Er war kein Magier, er war ein Diener.
    Er aß ein wenig und trank aus einer Wasserflasche, während er weiterfuhr, und dabei hielt er den Blick auf die Straße gerichtet und seine Aufmerksamkeit auf das, was ihm bevorstand. Die Straße wand sich durch die Felsen, und hier und da sah er große Steinbrocken, die wie Raubtiere in der Landschaft kauerten, um ihm den Weg zu blockieren. Die Luft wurde scharf und kalt, als er höher hinaufkam, und das Atmen schwieriger. Er war jetzt etwa tausend Meter hoch, und der Schwindel, der durch die dünner werdende Luft verursacht wurde, zwang ihn, sich mehr zu konzentrieren. Er befand sich tief in den Bergen, stieg nicht mehr auf, sondern navigierte einfach durch schmale Schluchten und über hoch aufragende Gipfel, ein einsamer Reisender in einem leeren Land.
    Der Nebel begann sich zu sammeln und sich um ihn herum abzusenken, zunächst nur als dünne Decke, die aber schnell dicker wurde und sich in etwas Beunruhigendes verwandelte. Es gab keinen Grund, dass es in einer Nacht, die so klar gewesen war, und bei ruhigem Wetter hier oben so neblig sein sollte. Er sah, wie der Nebel dicht wurde wie ein Leichentuch, konnte schließlich weniger als dreißig Meter weit sehen, dann zehn, dann fünf. Er verlangsamte das Fahrzeug zum Kriechtempo, schaltete die Nebelscheinwerfer an und wartete geduldig, dass er wieder besser sehen konnte. Das geschah nicht, wenn überhaupt, wurde es noch schlimmer. Die Zeit verging, die Minuten zogen sich, und er fühlte sich taub und müde. Er blinzelte gegen die Müdigkeit an, trank Wasser, summte tonlos vor sich hin. Seine Gedanken schweiften umher und trieben hin und her wie dürres Laub, das vom Wind verweht wird.
    Du hättest auf sie hören sollen, sagte plötzlich eine Stimme.
    Er warf einen Blick zur Seite und sah, dass Michael auf dem Beifahrersitz saß, starr und reglos, den Blick geradeaus gerichtet. Er starrte ihn eine Minute lang an, dann wandte er sich wieder der Straße zu.
    »Du bist nicht hier. Du bist nur ein Produkt meiner Einbildung«, entgegnete er.
    Er bekam keine Antwort. Er warf einen erneuten Blick zur Seite, und Michael war verschwunden. Er spürte, wie ihm kalt wurde, als er erkannte, was gerade geschehen war. Der Höhenwechsel, verbunden mit Erschöpfung, ließ seinen Geist seltsam reagieren. Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und atmete aus. Dann fuhr er behutsam weiter. Der Nebel konnte nicht mehr lange andauern, er musste sich bald heben.
    Da wäre ich nicht so sicher, Junge, sagte Michael.
    Er saß wieder auf dem Beifahrersitz, sein zerklüftetes Profil ausdruckslos, als er in die Nacht hinausstarrte, die Hände bequem in seinem Schoß auf der Flechette. Logan wagte unwillkürlich einen schnellen Blick und spürte, wie die Kälte wieder in seine Knochen sickerte. Michael war von einem schwachen Licht umgeben, einer Art außerweltlichen Leuchtens, etwas Ätherischem, das lebende Dinge

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