Kinder der Apokalypse
Aber sie sah ihm an seinen Blicken an, dass er es wusste.
Sie machten sich wieder auf den Weg, aber er war nicht mehr der Großvater von früher. Er sang Lieder und sprach in seltsamen Reimen. Er redete ununterbrochen über das Wetter, über Vorhersagen, Stürme, Fronten und Druckgebiete, und Dinge, von denen sie ihn nie zuvor hatte sprechen hören. Nichts davon ergab Sinn, und es erschreckte sie auf eine Weise, wie es selbst seine wilden Reden während der Seuche nicht getan hatten. Er redete kaum mehr von etwas anderem als dem Wetter. Nichts sonst schien für ihn zu zählen.
Nachts wachte er manchmal auf und begann, vor sich hin zu murmeln, sprach im Schlaf von finsteren, bösen Dingen, die sie holen kamen. Sie weckte ihn dann, und er sah sie an, als wäre sie eine Fremde.
Als sie das Ufer des Puget Sound erreichten, gingen sie nach Süden, bis sie ein Ruderboot fanden. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, was er vorhatte, lud ihr Großvater ihre Habe ein, setzte River ins Heck, stieg ein und legte ab. Es ging auf den Abend zu, war schon beinahe dunkel. Das schien ihm nicht aufzufallen. Er ruderte mit ihr auf eine Insel zu, den gehetzten Blick auf Rivers Gesicht gerichtet. Er ruderte die ganze Nacht ohne anzuhalten, und obwohl es rings umher dunkel war, blieb das Wetter ruhig. Irgendwann vor dem Morgengrauen erreichten sie die Insel, zogen das Boot an Land und schliefen. Als sie aufwachten, ruderte ihr Großvater sie auf die andere Seite der Insel, wo sie wieder Halt machten. Am nächsten Tag ruderte er sie den ganzen Weg über den Kanal zur Stadt.
River hätte jederzeit davonrennen können, als sie auf der Insel waren. Sie war schneller als er und inzwischen wahrscheinlich auch stärker und zäher. Sie hätte sich davonschleichen können, wenn er schlief. Aber sie dachte nie daran, ihn im Stich zu lassen. Er war ihr Großvater, und sie würde bei ihm bleiben, ganz gleich, was geschah.
In Seattle lebten sie in verfallenen Gebäuden am Hafen und suchten nach Vorräten. Sie wartete darauf, dass er ihr sagte, es sei Zeit weiterzuziehen, aber er schien das Interesse verloren zu haben. Er bemerkte ihre Anwesenheit jetzt kaum mehr, wurde jeden Tag distanzierter. Er sprach nie ihren Namen aus, selbst wenn sie ihn Großvater nannte. Er wanderte stundenlang im Hafen umher, und manchmal kam er erst nach Tagen zurück. Sie versuchte, mit ihm zu gehen, aber er wollte das nicht zulassen und sagte ihr, ein Sturm sei im Anzug oder ein Wetterumschwung, und sie müsse zu Hause bleiben. Ihr Heim war ein alter Container bei den Kranen. Ihr Leben war zu Asche geworden.
Dann, eines Tages, als sie dachte, es könnte nicht mehr schlimmer werden, kam er nicht zurück. Sie wartete eine Woche, aber er kam einfach nicht wieder. Verzweifelt machte sie sich auf die Suche nach ihm und suchte zehn Tage später immer noch, als Sparrow sie fand und mit zu sich nach Hause nahm, damit sie bei den Ghosts leben konnte.
* **
»Drei Monate, nachdem er verschwunden war, fand ich ihn un ten am Hafen. Er sah mich an und sagte nichts. Ich wusste, dass er sich nicht mehr daran erinnerte, wer ich war. Ich sprach mit ihm, aber er lächelte nur und sagte etwas über das Wetter.«
River ließ ihren Blick von Hawk zu ihrem Großvater schweifen. Der Atem des alten Mannes war angestrengt und seine Kleidung schweißnass. Sie ging zu einem Eimer Wasser, machte einen Lappen nass und wischte ihm vorsichtig die Stirn ab.
»Ich kenne die Regeln«, sagte sie. »Erwachsene können keine Ghosts sein. Ich wollte ihn nicht im Stich lassen, aber die Ghosts auch nicht. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich kehrte zurück, um nach ihm zu sehen, wann immer ich konnte, aber manchmal konnte ich ihn nicht einmal finden. Manchmal dachte ich, er sei tot. Das war er nicht, aber ich dachte es. Es war in Ordnung, bis jetzt. Es war ein wenig, als hätte ich ihn in der Nachbarschaft. Im Nebenhaus. Ich konnte ihn immer noch sehen. Ich konnte so tun, als wäre er noch Teil meiner Familie.«
»Du hättest es mir sagen sollen, River«, murmelte Hawk. »Du hättest es irgendwem sagen sollen.«
Sie schüttelte den Kopf und kniff die Lippen fest zusammen. »Keine Erwachsenen, hast du gesagt. Nur Kinder und Jugendliche können Mitglieder der Familie sein.«
Die Worte fühlten sich an wie eine Verdammung. Er hatte es gesagt, weil er den Erwachsenen an so vielem die Schuld gab und weil er nicht wollte, dass die Ghosts je wieder von Erwachsenen abhängig waren. Hatte es gesagt, damit
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