Kinder der Apokalypse
durch die Küchentür und zu den Schlafzimmern rollte, um nach Squirrel zu sehen. Sie war sich bewusst, dass Cheney eines seiner hellgrauen Augen öffnete, als sie vorbeikam, und ihre Anwesenheit zur Kenntnis nahm. Es gab nichts, was Cheney nicht mitbekam. Erst hatte der wolfsähnliche Wachhund sie beunruhigt, als Hawk ihn nach Hause brachte, aber schließlich hatten sie sich an ihn gewöhnt, sie alle, selbst die Kleinen, bis auf Panther, der Cheney wirklich nicht ausstehen konnte. Es hatte etwas mit Panthers Vergangenheit zu tun, aber er wollte niemandem verraten, worum es dabei ging.
Wie auch immer, Cheney war wichtig genug für ihre Sicherheit, dass es nicht zählte, was Panther dachte. Hawk hatte das von Anfang an gewusst. Nichts kam ihrem unterirdischen Versteck nahe, ohne dass Cheney es merkte. Er konnte alles hören oder riechen, was sich näherte, auch wenn es noch ein ganzes Stück entfernt war. Selbst die Freaks lernten, sich fernzuhalten. Obwohl die Ghosts ihn jetzt akzeptierten, waren sie ihm gegenüber immer noch misstrauisch, und Cheney war einfach zu groß und furchteinflößend mit all diesem borstigen Haar und den seltsamen Flecken. Ein Schrottplatzhund aus Wegwerfteilen, aber ein sehr großer Schrottplatzhund. Nur Hawk hatte keine Angst vor ihm, und die beiden standen einander inzwischen so nahe, dass Owl manchmal glaubte, sie seien zwei Hälften eines Ganzen. Hawk hatte Cheneys Namen aus einem von Owls Geschichtsbüchern. Es war der Name eines lange verstorbenen Politikers, der gelebt hatte, als der Samen für den Großen Krieg gepflanzt worden war. Owls Buch beschrieb ihn als eine Bulldogge, die immer kämpfen wollte. Hawk hatte das Bild gefallen.
Sie fuhr mit dem Rollstuhl die Rampe hinauf, die Fixit für sie gebaut hatte, und ließ sich in das überwiegend dunkle Schlafzimmer rollen. Squirrel hatte sich auf seiner Matratze in Decken eingewickelt und schlief. Sie warf einen Blick zu Sparrow, die im Kerzenschein in der gegenüberliegenden Ecke las und auf den kleinen Jungen aufpasste. Sparrow blickte von ihrem Buch auf, und ihre blauen Augen glitzerten unter einem Mopp aus strohblondem Haar.
»Ich glaube, es geht ihm besser«, sagte sie leise.
Owl fuhr neben das Bett und berührte die Stirn des Jungen. Warm, aber nicht mehr heiß. Das Fieber hatte sich wieder gelegt. Sie atmete erleichtert aus. Sie hatte sich Sorgen um ihn gemacht. Vor zwei Tagen war seine Temperatur auf über 40,5 Grad gestiegen, gefährlich für einen Zehnjährigen. Die Seuchen schlugen ohne Vorwarnung zu, und jede von ihnen konnte tödlich sein, wenn man die notwendigen Arzneien nicht hatte. Gegen die meisten der Seuchen gab es Impfstoffe, und Hawk hatte von Tessa einige davon bekommen, aber die Straßenkinder mussten sich überwiegend auf ihr Glück verlassen und auf einen kräftigen Körper, wenn sie gesund bleiben wollten.
Die Gefahr von Krankheit oder Vergiftung war der wichtigste Grund, warum Menschen in Lagern lebten. In den Lagern konnte man die Gefahr von Infektion und Aussetzung so gering wie möglich halten. Aber die Lager hatten auch ihre Tücken, wie Owl nur zu gut wusste. In ihrer Vorstellung, wenn auch nicht in der von Tessa, war die Lebensgefahr in den Lagern größer als außerhalb.
Deshalb hatte sie sich vor fünf Jahren entschieden, das Risiko mit den Ghosts einzugehen.
Zuvor hatte sie in einem Lager in Safeco Fields gelebt, zusammen mit zweitausend anderen Menschen. Als der Große Krieg einen Punkt erreichte, an dem die Hälfte der Städte im Land ausgelöscht waren und die andere Hälfte von Terroristen, Seuchen und chemischen Giften bedroht wurde, hatte ein großer Teil der Bevölkerung sich entschieden, in befestigte Lager zu ziehen. Die meisten richteten sich in bereits bestehenden Anlagen wie Safeco ein, was vor Jahrzehnten einmal ein Baseballpark gewesen war. Sportarenen boten mehrere Vorteile. Erstens waren die Mauern dick und stark und boten guten Schutz, wenn man die Eingänge erst einmal entsprechend befestigt hatte. Zweitens boten sie Platz für Tausende von Menschen und angemessenen Lagerraum für Ausrüstung und Vorräte. Und drittens gab es darin genug Platz, der in Gärten umgewandelt werden konnte, um Pflanzen und Vieh zu kultivieren.
Anfangs klappte das recht gut. Das Ausmaß an Schutz, den ein solch befestigtes Lager bot, ließ sich nicht abstreiten. Man war sicherer unter vielen anderen Menschen. So etwas wie eine Regierung konnte eingerichtet werden. Essen und Wasser ließen sich
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