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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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besser beschaffen und gerechter verteilen. Eine große Anzahl Menschen bedeutete immer auch viele unterschiedliche Fähigkeiten. Wenn ein Lager voll war, schickte es neue Bewerber weiter, für gewöhnlich zu einer zweiten Sportanlage. Falls dort ebenfalls alles voll war, konnte auch ein Konferenzzentrum oder Bürogebäude genutzt werden. Obwohl sie nicht so gut geeignet waren.
    Das größte Problem mit den Lagern begann sich nach dem ersten Jahrzehnt zu zeigen, als die Einst-Menschen auftauchten. Keiner schien wirklich zu wissen, woher sie kamen, man hörte nur Gerüchte von »Dämonen«, die sie aus den seelenlosen Hüllen irregeleiteter Menschen herstellten, die sie unterwandert hatten. Einige behaupteten, diese Dämonen sehen zu können, aber Owl glaubte ihnen nicht so recht. Die Existenz dieser Einst-Menschen war allerdings nicht abzustreiten. Sie formierten sich zu riesigen Armeen, zogen durchs Land, griffen die Lager an und zerstörten sie, belagerten sie, bis der Widerstand entweder gebrochen wurde oder die Lagersicherheit die Insassen befreien konnte. Angeblich kannten die Angreifer keine Gnade. Als man von den Sklavenpferchen hörte und davon, was die Einst-Menschen mit Gefangenen machten, wurde der Widerstand heftiger. Aber die Lager waren keine echten Festungen wie im Mittelalter. Sobald sie belagert wurden, verwandelten sie sich in Todesfallen, aus denen die Opfer nicht entkommen konnten. Die Einst-Menschen waren für gewöhnlich in der Übermacht. Sie brauchten kein Wasser und keine gute Nahrung. Angst vor dem Tod oder vor Gift schien ihnen nichts auszumachen. Sie fürchteten sich nicht. Zeit und Geduld standen auf Seiten der Angreifer. Sie kämpften, und die Lager fielen.
    Das hätte jene, die sich in den Lagern versteckten, entmutigen und veranlassen sollen, ihr Heil woanders zu suchen. Aber die Haltung der Lagerbewohner machte eine solche Idee – die Lager zu verlegen – undenkbar. Außerhalb der Mauern lauerte der Tod durch Tausende verschiedener Feinde. Es gab die Freaks. Es gab wilde Menschen, die in den Trümmern der alten Zivilisation lebten. Es gab Heerscharen von Einst-Menschen, die das Land plünderten. Es gab Dinge, die niemand beschreiben konnte und die aus der Dunkelheit herangekrochen kamen. Ach zum Henker! Es gab Anarchie und Raserei. Für die Menschen in den Lagern war es undenkbar, sich dem zu stellen. Selbst auf das Risiko eines Angriffs und einer Belagerung durch die Einst-Menschen hin war das Leben im Lager immer noch besser als das außerhalb, wo die ganze Welt verrücktzuspielen schien. Owl hatte das selbst einmal geglaubt. Sie war in Safeco Field zur Welt gekommen, und die ersten acht Jahre ihres Lebens war das Lager alles gewesen, was sie kannte. Sie hatte das Gelände nie verlassen, nicht ein einziges Mal. Zum Teil hatte es daran gelegen, dass sie seit der Geburt verkrüppelt war und ihre Beine nicht benutzen konnte, was vermutlich etwas mit der schlechten Luft oder dem Wasser zu tun hatte, die ihre Mutter während der Schwangerschaft zu sich genommen hatte. Doch dann waren ihre Eltern an einer Seuche gestorben, die im Lager grassiert hatte, als sie neun war, und sie war verwaist und allein zurückgeblieben. Als stilles, zurückgezogenes Kind, teilweise wegen ihrer Behinderung, teilweise, weil es in ihrem Wesen lag, hatte sie nie viele Freunde gehabt. Sie begann, bei einer Familie zu wohnen, die jemanden brauchte, der sich um ihr Baby kümmerte. Aber dann war das Baby gestorben, und man hatte sie entlassen, und sie hatte wieder keine Familie gehabt.
    Sie hatte angefangen, in der Küche des Lagers zu arbeiten, und in einem Hinterzimmer auf einer Pritsche geschlafen. Es war ein erschöpfendes, frustrierendes Leben gewesen. Aber sie hatte keine große Wahl gehabt. Im Lager musste jeder über zehn arbeiten, wenn er bleiben wollte. Wenn man nicht zum Allgemeinwohl beitrug, wurde man hinausgeworfen. Also arbeitete sie. Aber sie war unglücklich, und sie begann sich zu fragen, ob das Leben, das sie führte, wirklich alles war, worauf sie hoffen konnte. Sie begann, Zeit auf den Mauern zu verbringen und die Stadt zu betrachten und sich zu fragen, was es da draußen wohl gab.
    Und so war sie fünf Jahre später Hawk begegnet.
    Ein Knurren erklang aus dem Gemeinschaftsraum. Cheney, den Kopf gesenkt, die Ohren angelegt und mit gesträubtem Haar, stand vor der eisenbeschlagenen Tür, die in die äußeren Flure der unterirdischen Stadt führte. Er sah jetzt nicht mehr aus wie ein

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