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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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seine Hände sind knorrig und verwittert. Aber er hat eine sanfte Stimme, und als er sie im Zuhause ihrer Eltern findet, kommt er nicht zu schnell näher und treibt keine Spielchen, die ihr Angst machen würden. Er redet einfach nur mit ihr, nennt sie Kleines, und sagt, dass Los Angeles ein zu gefährliches Pflaster für ein achtjähriges Mädchen sei. Sie müsse mit ihm kommen, sagt er. Er kenne einen Platz nicht weit von hier, dort könne sie bleiben – bei ihm. Er habe ohnehin genug davon, alleine zu leben, und sehne sich nach jemandem, mit dem er reden könne. Sie müsse nicht bleiben, sie könne auch gehen, wann immer sie wolle, aber er werde ihr bestimmt nie wehtun oder sie zu etwas zwingen, was sie nicht wolle.
    Sie glaubt ihm. Sie weiß nicht genau warum, aber sie tut es. Also geht sie mit ihm und lebt sechs Jahre bei ihm. Er bringt ihr bei, wie man Essen findet und wie man kocht. Er bringt ihr bei, wie sie sich mit bloßen Händen und Füßen verteidigen kann. Er bringt ihr bei, nach Dingen Ausschau zu halten, die ihr gefährlich werden könnten – den Aasfressern und Mutanten und wilden Tieren. Er zeigt ihr Orte, an die sie sich flüchten kann, wenn ihm etwas zustieße. Er zeigt ihr sogar, wie sie die Flechette mit dem kurzen Lauf benutzen soll, die er sich für Notfälle angeschafft hat, von denen er hofft, dass sie niemals eintreffen. Er sagt ihr, dass sie die Tochter ist, die er niemals haben wird, die Tochter, die er sich gewünscht hätte, wären die Dinge anders gewesen.
    Alle kennen ihn. Johnny ist der Mann, zu dem alle aufblicken. Die Leute auf der Straße mögen ihn aus den gleichen Gründen wie Angel: Er geht respektvoll mit ihnen um und tut, was er kann, um ihnen bei ihrem Überlebenskampf zu helfen. Er passt genauso auf sie auf, wie er auf Angel aufpasst, und ihre kleine Barrio-Gemeinde schätzt einander. Selbst wenn die Lager sie aus Angst vor Außenseitern und Seuchen nicht aufnehmen wollen, haben sie doch einander.
    Aber es reicht nicht, um sie zu retten. Der Zusammenbruch der Zivilisation hat zu allen Arten von menschlichem Treibgut geführt, und einige davon finden schließlich ihren Weg in ihr Versteck. Die Gang nennt sich die Blade Runners, und sie glauben an den Beginn einer neuen Ordnung. Ihre Mitglieder haben ihre eigenen Gesetze, und sie sind einander verpflichtet. Sie gehen, wohin sie wollen, und nehmen sich, was sie wollen. Woher sie kommen oder wie sie aus Los Angeles zu Angels kleiner Gemeinde gelangt sind, ist ihr Geheimnis, eines, das, wie sie später annimmt, wohl eher mit Pech als mit etwas anderem zusammenhängt.
    Johnny tritt ihnen entgegen, als sie die anderen bedrohen, holt die Flechette heraus, und sie weichen zurück. Aber sie bleiben am Rand der Gemeinde, zornig und rachsüchtig und entschlossen, das zu bekommen, was sie sich in den Kopf gesetzt haben, selbst wenn es kaum der Mühe wert ist. Die Leute waren damals verrückt, genauso verrückt, wie sie es jetzt sind. Sie tun wahnsinnige, unerklärliche Dinge, sie tun sie ohne Grund oder aus den schlimmsten Gründen. Angel weiß das, als sie erkennt, dass diese Leute wirklich verrückt sind. Sie weiß es auf die gleiche Weise, wie sie genau weiß, dass der Wahnsinn enden wird.
    Eines Abends kommt Johnny nicht nach Hause. Sie weiß sofort, dass er tot ist, dass die Blades ihn irgendwie überraschen und töten konnten. Sie weiß auch, dass sie sie als Nächste holen werden. Sie hat gesehen, wie einige von ihnen sie ansahen, und sie weiß, was das bedeutet. Sie weint, weil sie traurig und ängstlich ist und ihr Leben sich für immer verändert hat, nun, da Johnny nicht mehr lebt. Sie will Hilfe für die anderen finden. Sie denkt daran, in einen anderen Teil der Stadt zu fliehen.
    Dann holt sie die Flechette heraus, versteckt sich in einem einstürzenden Lagerhaus neben ihrem und Johnnys Heim und wartet.
    Sie muss nicht lange warten. Die Blades erscheinen gegen Mitternacht, kommen aus den Schatten geschlichen wie Hunde, schleichen sich in das nun verlassene Heim, zehn Leute, bewaffnet mit Messern und Beilen. Sie glauben wahrscheinlich, dass Angel schläft. Sie glauben, dass ihr nicht klar ist, was sie Johnny angetan haben, und dass sie sie überraschen können. Sie sind nicht sehr gut bei diesem Versuch, machen genug Lärm, dass es sie geweckt hätte, selbst wenn sie geschlafen hätte. Aber das macht sie nicht weniger gefährlich oder hassenswert, und sie weiß genau, was sie tun wird.
    Sie wartet, bis alle drinnen sind,

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