Kinder der Apokalypse
alle bis auf einen, der an der Tür Wache hält. Er lehnt sich gegen den Rahmen und wirkt gelangweilt, schaut hin und wieder nach drinnen, als warte er darauf, dass etwas passiert. Sie ist schon ganz nahe, kommt um die Ecke des Hauses. Die Flechette kann zehn Schüsse abgeben und reißt bei jedem Schuss eine fast vier Meter breite Schneise. Angel nutzt den ersten Schuss auf die Wache, stürmt durch die Tür zu den anderen. Die nächsten sieben Schüsse richtet sie auf die, die sie drinnen vorfindet, was sie zerreißt und zerfetzt. Der letzte Schuss geht durch ein Fenster, trifft den Blade zwei Blocks entfernt und reißt ihm den Kopf ab.
Sie zittert und ist wütend und verängstigt, alles zugleich, und sie weiß nach ihrer Rache, dass nichts in ihrem Leben je wieder sein wird wie zuvor.
* **
Die Gedanken an die Nacht vor zehn Jahren, als sie die Bla de Runners tötete, waren im Nu wieder verschwunden. Sie wünschte sich, jetzt eine Waffe wie die Flechette zu haben, etwas, was mit Metallsplittern eine Schneise schlagen könnte, die sogar einen Dämon zerreißen würde. Aber sie hatte nur ihren Stab und ihre Fähigkeiten, um mehr als zweihundert Kinder und eine Handvoll Frauen zu verteidigen, und sie fürchtete, dass das nicht genügen könnte.
»Angel, was ist los?«, zischte Helen wieder.
Sie sah die andere Frau an, dann die Tür vor sich, und fasste einen Entschluss. Ihr blieb nichts anderes übrig. Sie mussten entweder vorwärtsgehen oder umdrehen. Alle anderen Eingänge waren schon lange eingestürzt oder verschlossen. Obwohl sich die Situation von der unterschied, der sie nach Johnnys Tod gegenübergestanden hatte, fühlte es sich gleich an. Sie wusste, was sie tun musste.
»Wartet hier«, sagte sie zu Helen. »Diese Tür wird offen sein, aber gehe nicht hindurch, bevor du mich rufen hörst. Dann bring alle gleichzeitig, so schnell, wie du kannst. Bleibt nicht stehen, besonders nicht wegen mir. Geht die Treppe hinauf und aus dem Haus. Lauft die Straße entlang und aus der Stadt. Geht in die Hügel und versteckt euch. Ich werde euch finden.« Sie hielt inne. »Wenn ich in den nächsten Stunden nicht auftauche, geht nach Norden, nach San Francisco. Ihr werdet vielleicht Leute aus den anderen Lagern finden und könnt euch zusammentun.«
Helen wollte etwas sagen, aber Angel hielt sie auf, indem sie sie an den Armen packte und näher heranzog. »Hör zu. Oben an der Treppe wartet etwas sehr Schlimmes. Ich glaube nicht, dass es sich für dich oder die Kinder interessiert. Ich denke, es wartet auf mich. Es wird sich nicht ablenken lassen, wenn es mich erst hat. Gib ihm keinen Grund, seine Ansicht zu ändern. Hast du mich verstanden?«
Die andere Frau nickte, dann schüttelte sie schnell den Kopf. »Ich kann nicht einfach wegrennen und dich alleinlassen! Ich will helfen! Du hast so viel für uns getan. Es muss etwas geben.«
Sie holte tief Luft. »Es gibt nichts, wobei du mir helfen könntest, Helen. Was dort oben wartet, ist sehr mächtig. Es ist nichts Menschliches, sondern etwas anderes. Nur ich kann damit fertig werden.«
Sie ließ die Arme der anderen los und trat zurück. »Erinnere dich daran, was ich gesagt habe. Tu, was ich dir gesagt habe.«
Dann ging sie zu der schweren Tür, nutzte die Magie ihres Stabs ein zweites Mal, um die Schlösser zu öffnen, riss sie weit auf und trat in die Dunkelheit des schmalen Flurs hinaus.
11
Sie schaltete die Taschenlampe an und begann, die Treppe hinaufzugehen. Sie ging schnell und lautlos, setzte die Füße vorsichtig auf. Sie hatte die Gegenwart des Dämons spüren können, aber das war ein seltenes Talent. Es war durchaus möglich, dass der Dämon sie noch nicht wahrgenommen hatte. Dennoch, sie musste bereit sein.
Als sie die Tür zur Hotellobby erreichte, blieb sie stehen. Ihre fünf Sinne sagten ihr nichts darüber, was genau sie erwartete, aber ihr sechster Sinn bestätigte, was sie schon wusste. Der Dämon war dort draußen. Wenn er ihren Plan entdeckt hatte, die Kinder zu retten, wenn er bereits ahnte, dass sie in die Tunnel gegangen war, dann wartete er auf ihre Rückkehr.
Seltsam genug, dass er allein zu sein schien.
Sie ließ sich Zeit, um sich zu überzeugen, dass sie sich nicht getäuscht hatte, denn zunächst hatte sie angenommen, dass ihre Instinkte sie in die Irre führten. Aber dem war nicht so. Der Dämon war allein. Das beunruhigte sie mehr, als ihr lieb war.
Ein Dämon, der eine Ritterin des Wortes jagte, würde normalerweise Dutzende von
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