Kinder der Dunkelheit
Gürtel seiner grauen Cargohose zurecht – ein mehr als beliebtes Kleidungsstück bei allen Kriegern.
Luca ahnte, was sich alles in den Taschen von Saifs Hose b efand. Der Türke ging nie ohne ein komplettes Waffenarsenal aus dem Haus. „Klein, aber fein“, wie er zu sagen pflegte. Jedes Mal, wenn er doch auf eine Linienmaschine angewiesen war und seine Waffen – brav deklariert – mit dem Gepäck abgeben musste, starb der Freund tausend Tode, bis er seine „Babys“ wiederbekam. Das schwarze Leinenhemd hatte Saif an den Armen hochgekrempelt, sodass es den Blick auf die kunstvollen Tätowierungen des Orientalen freigab. Seit Jahrzehnten versuchte er nun schon, Luca auch dazu zu überreden. Aber sich die Haut zerstechen zu lassen, passte irgendwie nicht zu Lucas Liebe zu einem unversehrten Körper.
Beider Blick wanderte hoffnungsvoll zur Tür, als Raffaele dort auftauchte. Doch der wiegelte sofort ab. „Tut mir leid, eine knappe halbe Stunde werden wir noch warten müssen. Die Sonne hier hat es in sich.“ Er ging hinüber zu Samira, die gerade eine nachtblaue Tunika mit silbernen Fäden bestickte. „Kind, du wirst immer besser. Das ist ein wahrer Traum! Für wenn legst du dich denn hier so ins Zeug?“
Samira krauste leicht die Stirn. „Sag mal, wie alt muss ich we rden, dass du mich nicht mehr ,Kind‘ nennst? Und das hier wird ein Festtagskleid für Ridha. Er wird unverschämt gut darin aussehen.“
Luca bedachte Samira mit einem warmen Lächeln. Noch heute, nach so vielen Jahren, war er ihr unendlich dankbar, dass sie ihren jüngsten Sohn nach seinem kleinen Bruder benannt hatte. Wenige Tage nach der Geburt des Babys waren er und Raffaele zu Samira nach Tunis gereist, um bei der Begrüßungszeremonie des Kindes dabei zu sein. Samira hatte ihm das kleine Wesen mit den Worten „Darf ich dir meinen Sohn Ridha vorstellen? Möge er genauso tapfer, liebevoll und klug werden wie der es war, dessen Namen er trägt!“ in die Arme gelegt und ihn voller Stolz angestrahlt. Es war für Luca, als habe sein kleiner Bruder an jenem Tag die Möglichkeit erhalten, sein Leben doch noch zu leben.
Raffaele ließ sich auf einen der bunten Diwans fallen. „Mädel, so alt, dass ich dich nicht mehr als ,Kind‘ bezeichne, kannst du gar nicht werden“, scherzte er. „Sag mal, ist dir Wirbelwind das hier alles nicht etwas zu still und verlassen geworden? Wo steckt eigentlich dein Gefährte?“
„Jorge hat sich um eure Wagen gekümmert. Macht ja keinen Sinn, wenn ihr auf dem Weg zu Vater eine Panne hättet oder euch das Benzin ausgeht, nicht wahr? Tja, und zu deiner anderen Frage: Ja, es ist still geworden hier. Meine Kinder haben sich für Frankreich und London entschieden, nur Ridha ist hier in Tunesien geblieben. Aber auch er und seine Familie pendeln zwischen Sousse und Marokko. Wobei ich das derzeit gut finde, so ist er wenigstens nicht leicht zu orten, falls auch sie irgendwie ins Visier von Perdikkas geraten sollten.“ Samira legte die Tunika beiseite und faltete nachdenklich die Hände. „Aber ich schätze, es wird bald nicht mehr so still sein.“ Sie ließ den letzten Satz einfach mal so im Raum stehen.
Raffaele und Luca wechselten einen raschen Blick. „Was meinst du denn damit?“, fragte Luca irritiert.
Ausgerechnet der kühle, berechnende Saif war es, der spontan antwortete. „Mein Gott, Leute, seid doch nicht so schwer von Begriff! Sie ist schwanger!“
„Wahnsinn, meine Kleine wird wieder Mutter!“ Raffaele strah lte, als ob er der Vater wäre. „Aber sag mal, wolltest du nicht eigentlich mit Kindern nichts mehr am Hut haben? Du sagtest vor einiger Zeit einmal, dass du in diese Welt kein Kind mehr setzen wolltest.“
Samira wand sich ein wenig. „Ja, schon, aber es wird ein kle ines Mädchen. Ich wusste es sofort – ich habe mich so sehr gefreut und jetzt werde ich halt noch mal Mutter.“ Die Augen unter der schwarzen Lockenmähne blitzten vor Freude.
Raffaele zog Samira in seine Arme und drückte sie liebevoll. „Wenn das so ist, dann freuen wir uns von ganzem Herzen für dich. Du weißt, meine Kleine, wenn wir etwas für dich tun können, wir sind immer für dich da.“ Einhelliges Nicken von Luca und Saif verlieh seinen Worten zusätzlich Nachdruck.
„Danke, Jungs, ich weiß das zu schätzen und komme bei ers tbester Gelegenheit darauf zurück, worauf ihr euch verlassen könnt. Sekunde, ich höre Jorge. Das bedeutet, ihr könnt losfahren. Schade, ich hätte euch gern noch etwas
Weitere Kostenlose Bücher