Kinder der Dunkelheit
nach Erde. Angel war ein bodenständiger, liebenswerter – tja, was war er eigentlich, Vampir, Kind der Dunkelheit? Auf jeden Fall mochte sie Angel und es schmerzte sie, dass auch er zu dieser Elitetruppe gehörte. Wie konnte dieser fröhliche und stets freundliche Mann ein Killer sein? Wie passte, bei ihm wie auch bei Luca, so viel Schönheit mit einer solchen Kaltschnäuzigkeit zusammen? Ihr Körper fühlte sich genauso zerschlagen an wie ihr Geist. Mühsam krabbelte sie aus dem Bett und schleppte sich ins Bad.
Vom Weinen verquollene Augen starrten ihr aus dem Spiegel entgegen. Ihre Haut schimmerte graugrün, was ihre Erscheinung keinen Deut besser machte. Eine gefühlte Ewigkeit schaufelte sie sich eiskaltes Wasser ins Gesicht, bis sie zumindest wieder ann ähernd menschlich aussah. Unter der heißen Dusche traf sie schließlich eine Entscheidung. Allein der Gedanke daran trieb ihr schon wieder Tränen in die Augen. Mühsam kämpfte sie diese nieder, trocknete sich ab und schlich auf Zehenspitzen zurück ins Zimmer. Wie dämlich das war, ging ihr selbst in ihrem verwirrten Zustand auf, als sie mit dem Handtuch um den Körper mutterseelenallein mitten im Zimmer stand. Hier war niemand, der sie hören konnte! Erst beim Verlassen dieser Räume würde sie sofort bemerkt werden. Leise kleidete sie sich an: Sie schlüpfte in Jeans, ein weißes Sweatshirt und schlang sich einen bunten Schal um, der so gar nicht zu ihrer Stimmung passte.
Eilig sammelte sie ihre persönlichen Dinge zusammen, die sie benötigen würde. Rasch fand sie alles: ihren Pass, die Börse mit allen Karten, ihr Handy, alles verschwand in ihrer großen U mhängetasche. Die Sonnenbrille für draußen musste auch mit, sie hatte keine Lust, dass jemand ihre verweinten Augen sah. Mit ihren Klamotten würde es schon schwieriger werden – wobei …
Vorsichtig zog Sabine die Vorhänge zurück und spähte nach unten. Sie würde dann einfach schnell sein müssen, aber eigen tlich war es möglich, je schneller sie war, desto weniger Aufmerksamkeit würde sie erregen. Das sollte machbar sein. In Windeseile packte sie eine große Reisetasche mit der am dringendsten benötigten Kleidung und ihrem Wasch- und Schminkzeug. Die Tasche, ebenso wie die Umhängetasche, versteckte sie im Schrank. Niemand ging an die Schränke der anderen, nicht einmal die Diener zum Aufräumen. Mit leicht gehetztem Blick sah sie sich um, alles Wichtige schien verpackt.
Ihr Blick fiel auf den Dolch, den Stefano ihr gekauft hatte. Nein, der musste hierbleiben. Wer sollte ihr etwas anhaben wo llen, sobald sie hier weg war? Jetzt musste sie erst einmal so tun, als sei alles in Ordnung, Marcello würde keine Fragen stellen, dessen war sie sich sicher. Also straffte sie ihre Schultern und ging, ohne sich darum zu scheren, leise zu sein, hinunter in die Küche.
Wie zu erwarten war, kamen von Marcello keinerlei unang enehme Fragen. Zwar schaute er sie sehr besorgt an, doch als sie ihn darum bat, ihr ein leichtes Frühstück zuzubereiten, war er schon ein wenig beruhigter. Andrea huschte mit zwei Körben beladen durch die Küche und machte sich auf den Weg zum Markt. Sabine bat ihn sogar noch darum, ihr ein wenig Nugatschokolade mitzubringen. Andrea tat ihr fast leid, aber leider ging es nicht anders.
Das Frühstück, bestehend aus Rühreiern mit milden Schinke nwürfelchen und frisch gehackten Kräutern sowie einem großen Glas Latte Macchiato, schmeckte sicherlich himmlisch, doch heute hatte sie das Gefühl, auf Stroh herumzukauen. Lächelnd würgte sie alles hinunter und erklärte dann, dass sie unbedingt an ihrer Arbeit über die Giftpflanzen weitermachen wollte. Marcello versprach, nicht zu stören. Sie bat ihn, auch Angel und Stefano zu sagen, dass sie nicht gestört werden wollte.
„Sigñore Stefano wird nicht stören, er hat den Palazzo mit dem Sonnenaufgang verlassen. Er ist wieder einmal davongezogen.“ Täuschte sie sich, oder klang da ein Hauch Erleichterung durch?
„Schade, ich mochte Stefano. Ich glaube, dass viele einen falschen Eindruck von ihm haben.“ Ohne auf Marcellos Antwort zu warten, verabschiedete sie sich, strich im Hinausgehen wie suchend über ihre Hosentaschen und murmelte, gerade so laut, dass der Diener es hören würde, vor sich hin: „Ach Mist, ich habe meine Brille oben vergessen. Na ja, Treppensteigen ist gesund.“
Während Sabine die Treppe nach oben lief, bat sie alle Götter darum, jetzt nur ja nicht Angel in die Arme zu laufen. Sie hatte
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