Kinder der Dunkelheit
schon wieder. Aber warum fragst du? Hat sie was dazu gesagt?“
„Schön wär’s! Nein, sie hat leider nichts gesagt. Sie ist nämlich kurzerhand heute Morgen aus dem Palazzo getürmt und vor ein paar Minuten habe ich ihr Handy aus einem Postkasten am Bahnhof geangelt. Mann, sie ist spurlos verschwunden!“
Am anderen Ende der Leitung musste Stefano das Gehörte erst einmal verarbeiten. „Verdammt! Das wollte ich ja nun am Allerwenigsten.“
Angel wurde immer kälter. „Du weißt, dass Alexandre alle Töchter der Fürsten in seiner Gewalt hat? Ich will mir nicht au smalen, was los wäre, wenn er jetzt auch sie hätte.“
„Wie kommst du darauf, dass er das Mädel haben will? Sie ist doch keine von uns! Was würde sie ihnen einbringen?“
„Stefano, schmeiß dein Hirn an! Sie ist Lucas große Liebe! Er war nie mit irgendetwas erpressbar, hat sein Ding immer still und leise durchgezogen – und im Lauf der Jahrhunderte wahrscheinlich so ganz nebenbei unbewusst auch ein paar Dutzend von Alexandres Plänen durchkreuzt. Er ist der Einzige von uns, der jetzt eine Frau an seiner Seite hat. Saif, Sergej, Craigh und ich sind ja in der Richtung wohl kaum irgendwie greifbar, er jetzt schon.“
„Reg dich ab, als ich ihr das erzählt habe, konnte ich doch nicht ahnen, dass sie so heftig reagiert! Ich hätte erwartet, dass sie Luca den Arsch aufreißt, wenn er zurückkommt, aber doch nicht so was!“
„Das macht er jetzt dann mit dir, wenn er dich in die Finger kriegt, mein Bester“, knurrte Angel wütend.
„Luca ist mir egal, aber das Mädel macht mir Sorge. Halt mich auf dem Laufenden. Ich sehe, was ich tun kann. Du hörst von mir. Ciao!“ Es knackte in der Leitung und Stefano war wieder einmal weg.
„Super, das kann ja heiter werden.“ Angel ließ die beiden Telefone in seiner Tasche verschwinden und sprang zurück auf das Boot, denn mittlerweile war er am Hafen angelangt.
„Schnell zurück! Wenn ich jetzt Riesenglück habe, dann ist sie doch wieder im Palazzo.“ Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er selbst nicht an seine Worte glaubte.
Ohne Probleme passierte die Wagenkolonne das VIP-Tor des Flughafens von Tunis und fuhr zu dem gecharterten Jet neben dem Rollfeld. Jetzt, in der hereinbrechenden Dunkelheit, musste alles schnell gehen. Abdallahs Männer luden das Gepäck aus den Wagen in Rekordzeit in die Maschine, während ein paar gel angweilte Sicherheitsbeamte sehr oberflächlich die Pässe kontrollierten. Glücklicherweise gaben Abdallahs Papiere ihn auch als das aus, was er war: als einen Fürsten aus einem uralten Adelsgeschlecht mit seiner Entourage. Da drückten auch die Behörden doch gerne mal ein Auge zu, denn wer würde schon seine eigene Privatmaschine in die Luft jagen?
Schon nach wenigen Minuten waren alle im Flugzeug, auch wenn es Janan sichtlich schwer gefallen war, sich von ihrer He imat zu trennen, selbst wenn es nur für eine absehbare Zeitspanne war.
„Was ist, wenn Samira doch noch hier ist? Was, wenn er sie irgendwo in den Wüstenstädten versteckt? Dort hat er alle Mö glichkeiten. Luca, ich habe solch unglaubliche Angst um mein Kind – und meinen Enkel“, schluchzte sie aufgelöst.
Luca legte beruhigend den Arm um sie. „Glaub mir, er hat sie weggebracht, er spielt ein Katz- und Maus-Spiel mit uns. Ich denke, dass er alle zuerst hat hierherbringen lassen, um sicher zu sein, dass alles so läuft, wie er es geplant hat. Dann haben sie Tunesien verlassen. Hab Vertrauen; Janan, glaub mir, vier Fürstentochter auf einmal könnte ich hier spüren. Wir sind zu viert hier, keiner von uns kann auch nur andeutungsweise etwas wahrnehmen, doch eines wissen wir sicher: Sie sind nicht mehr im Land.“
Samiras Mutter nickte, mit Tränen in den Augen. „Gut, dann soll es so sein. Aber versprich mir, dass ich nicht auf Dauer wegmuss, dass ich wieder zurück in mein Zuhause kommen werde.“
Raffaele antwortete an Lucas Stelle: „Janan, du wirst zurückkehren. Aber jetzt sieh dir bitte erst einmal den italienischen Frühling an, genieß grüne Wälder und Wiesen. Wir suchen in der Zeit deine Tochter und dann bringen wir euch alle zurück in die Wüste.“
Tatsächlich hatte er es mit dieser zweideutigen Bemerkung ferti ggebracht , ein Lächeln auf Janans Gesicht zu zaubern. „Ich hab dich schon verstanden. In Ordnung, ich werde versuchen, Italien ein wenig zu genießen, aber solange mein Mädchen in den Händen dieses Mistkerls ist, dürfte mir das wirklich
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