Kinder der Dunkelheit
schwerfallen.“
Raffaele geleitete sie zu ihrem Sitz. „Dann machen wir das eben anders. Wir sorgen ganz schnell dafür, dass du dein Kind zurückbekommst und dann versprichst du mir, dich noch ein wenig bei uns zu erholen, abgemacht?“
„Wie könnte ich dir widerstehen?“ Janan lächelte den Freund unter Tränen an.
„Wenn ihr dann damit fertig seid, euch gegenseitig anz uschmachten, könnten wir eventuell auch mal losfliegen.“ Abdallah hatte sich die Szene argwöhnisch betrachtet und wieder beneidete er seinen alten Freund darum, alle Frauen, seine eigene eingeschlossen, um den Finger wickeln zu können.
Den scherte das nicht besonders, er küsste galant Janans Hand und zog eine Grimasse, als er an Abdallah vorbei zur Pilotenka nzel ging. „Neidhammel!“
Luca seufzte hörbar. „Könnt ihr bitte endlich mal erwachsen werden?“ Mit diesem Satz gelang es ihm letztendlich doch noch, die traurige und angespannte Stimmung etwas zu heben.
Saif und Craigh verließen kopfschüttelnd ihre Posten an den Eingängen und Sergej legte die Kalaschnikow, die er die ganze Zeit unter seinem Mantel verborgen hatte, liebevoll neben sich auf den Sitz. „Seht ihr“, lachte er, „mein Baby ist treu, handlich und absolut zuverlässig. Ich muss mir keine Gedanken machen, nicht wahr, Sweety?“ Er schnallte sich an, hievte seine langen Beine zu seiner Waffe auf den Nebensitz und machte es sich bequem. „Weckt mich, wenn wir in Italien sind. Wo landen wir eigentlich?“
„Mailand, apropos – hattest du da nicht mal diese tolle Frau?“ Craigh blickte fragend in Sergejs Richtung, während er verzweifelt versuchte, eine angenehme Sitzposition zu finden, was mit seinen fast zwei Metern nicht leicht war.
Der russische Wikinger grinste, ohne die geschlossenen Augen zu öffnen. „Eine?“
„Angeber!“ Endlich hatte auch Craigh es geschafft, die Wächter waren alle ebenfalls an Bord und jeder hatte seinen Sitz gefunden.
Luca machte sich auf den Weg nach vorn, um Raffaele B escheid zu geben. „Hey, alles an Bord, wir können. Und sag ihm, er soll sich beeilen, ich will zu Sabine!“ Mit gemischten Gefühlen lehnte sich Luca kurz darauf in seinem Sitz zurück. Wie nicht anders zu erwarten, wanderten seine Gedanken umgehend zu seiner Liebsten in Venedig. Er hätte sich nicht träumen lassen, dass man solch unglaubliche Sehnsucht nach einem Menschen haben könnte und doch war sie da, so sehr, dass es ihn schier um den Verstand brachte. Aber jetzt war wenigstens absehbar, dass er sie, und sei es nur für einen Tag, wiedersehen würde.
Beim nächsten Blick aus dem Fenster konnte er bereits die Umri sse Siziliens unter sich erkennen.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich darüber freuen soll, dass Luca gerade keinen Empfang hat. Das gibt mir zwar noch Zeit, zögert die Katastrophe aber im Endeffekt nur hinaus.“ Angel schaltete sein Mobiltelefon ab und ließ sich mit äußerst säuerlicher Miene in den Sessel fallen.
Marcello, der ratlos neben ihm stand, zuckte hilflos mit den Schu ltern. Sabine war und blieb unauffindbar. Er und Andrea hatten sie in der ganzen Stadt gesucht, erfolglos. Angel hatte alle Bekannten und Vertrauten am Flughafen und Bahnhof angerufen, Andrea war sogar bei der Pension Martin gewesen und hatte der Sigñora mit unschuldigem Blick einige eiligst gezauberte Rosinenbrötchen vorbeigebracht. Doch alle möglichen Spuren blieben eiskalt.
Angel graute fürchterlich davor, Luca die Nachricht überbri ngen zu müssen, dass seine über alles geliebte Sabine spurlos verschwunden war. Sein Blick fiel auf die Flaschen mit uraltem, teuerstem Whisky und Cognac, die Marcello für Stefano aus dem Lagerkeller herbeigeholt hatte. Eigentlich wäre jetzt eine gute Gelegenheit, sich kurz aus der Realität zu verabschieden. Doch er verwarf diese Idee rasch, er musste ja in der Lage sein, sich vernünftig zu verteidigen, wenn Luca die Wahrheit hörte. Shit, warum musste das ausgerechnet jetzt passieren? Zuerst verschwand die Frau einfach irgendwo in der Stadt, hatte das Glück, ausgerechnet von Stefano, der eigentlich nicht als der Samariter in der Not verschrien war, gerettet zu werden – und was tat sie? Anstatt ihren ganzen Schutzengeln dankbar zu sein, büchste sie bei nächstbester Gelegenheit schon wieder aus! Raffaele hatte absolut recht. Frauen waren etwas Wundervolles und ohne sie wäre das Leben sicherlich nicht lebenswert, aber sie hatten die unglaubliche Gabe, Situationen und Katastrophen
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