Kinder der Dunkelheit
– und dann gnade ihm Gott.“ Saif hatte Luca an den Oberarmen gepackt und hätte ihn am liebsten geschüttelt, um ihn wieder zu dem strategischen, kühlen Denker zu machen, als der er bekannt war.
Das laute Klopfen an der Tür empfanden alle im Raum, bis auf Luca, als willkommene Unterbrechung. Es war einer von Abda llahs Dienern, der ein klein wenig nervös einen Gast meldete.
„ Und wer soll das sein?“ Craigh hatte sich erhoben und neugierig der Tür zugewandt.
Saif warf einen kurzen Blick zur Tür, die Hände noch immer auf Lucas Armen. Als er den angekündigten Gast sah, fand er es auch besser, sie vorerst dort zu belassen. Im hohen Türrahmen stand eine große, dunkle und ihnen allen wohlbekannte Gestalt: Stefano!
Der wie immer gänzlich in schwarzes Leder gekleidete Vampir trat in den Raum und füllte ihn prompt mit Kälte. Das lag allerdings nicht nur an seinem beeindruckenden und abschreckenden Erscheinungsbild, sondern auch an der verhaltenen Reaktion der anderen, die ihm mit unverhohlener Neugier – im Falle von Saif und Craigh – oder, wie Luca, mit eisiger Ablehnung entgegenblickten.
„Na, solch eine Freude über mein Auftauchen beschämt mich doch fast schon, diese Begeisterungsstürme sind ja kaum zu e rtragen.“ Wie so oft triefte Stefanos tiefe Stimme vor Ironie. Doch ehe einer der drei Anwesenden antworten konnte, geschah etwas, das sie alle verblüffte!
An der gegenüberliegenden Zimmertüre tauchte Sergej auf. Kaum hatte er den Neuankömmling erblickt, ging ein erfreutes Leuchten über sein Gesicht. Mit großen Schritten eilte er auf Stefano zu. „Stefano, mein Bruder, ist das schön, dich wiederz usehen! Du hast mir echt gefehlt, Junge, ohne dich war es verdammt langweilig dort in der Einsamkeit Russlands.“
„Ich glaub es nicht, wer hat dich denn aus dem ewigen Eis au fgetaut, du alter Wikinger? Mann, tut das gut, dich zu sehen!“
Die beiden Vampire umarmten sich so herzlich, dass keiner der Anwesenden an ihrer tiefen Verbundenheit zweifeln konnte. Strahlend wandte sich Sergej um. „Leute, seht doch, Stefano ist zurück! Jetzt steht nicht herum wie die Ölgötzen, sondern b egrüßt ihn endlich, verdammt noch mal.“
Es schien, als ob sich die ehrliche Freude des blonden Vampirs auf die anderen übertragen würde. Saif lächelte, ging auf Stefano zu und reichte ihm freundschaftlich die Hand. „Wir haben uns sehr lange nicht gesehen, aber ich kann nicht leugnen, dass es mich freut, dich jetzt hierzuhaben. Was mich anbelangt, bist du mehr als herzlich willkommen.“
„Dem schließe ich mich an, auch wenn es gut hundert Jahre her ist, seit ich dich das letzte Mal getroffen habe, du machst dich sehr rar, mein Freund.“ Auch Craigh reichte dem Neuankömmling die Hand.
„Tja, ihr wisst ja, ich bin nicht so der Partylöwe, aber ich gebe zu, ab und an habt ihr mir tatsächlich gefehlt.“
„Tust du darum alles, um bei deinem Auftauchen immer ein Chaos zu verursachen, um schnellstmöglich wieder allein zu sein? Oder wie darf ich deinen Auftritt in Venedig deuten?“ Lucas Stimme war kalt wie Eis und sein Blick unterstrich die frostige Begrüßung.
Langsam drehte sich Stefano zu ihm um. „Hör zu, das, was mit Sabine passiert ist, tut mir echt leid. Doch ich habe nichts getan, wofür ich mich in irgendeiner Weise zu verteidigen hätte. Ich habe nur die Wahrheit gesagt. Dass sie so darauf reagieren würde, konnte ich nicht wissen.“
„Stimmt, das konntest du nicht. Warum hast du dann nicht ei nfach den Mund gehalten?“
„Weil ich nun einmal jemand bin, der das sagt, was Sache ist, und das ausspricht, was er denkt! Wenn ich damit andauernd anecke, könnte das vielleicht auch an der Scheinheiligkeit meiner Umgebung liegen. Schon mal darüber nachgedacht? Von Anfang an ehrlich zu sein, kann manchmal helfen.“
„Ich gebe dir gleich scheinheilig. Sie war verletzlich, labil, noch nicht gefestigt, noch nicht sicher im Umgang mit der neuen Situation in ihrem Leben und dann kommst du!“
„Oh ja, dann komme ich und rette ihr erst mal die Haut. Tut mir ja echt leid, dass ich zur rechten Zeit am rechten Ort war. Mann, du strotzt vor Selbstherrlichkeit, hörst du dir eigentlich manchmal selber zu?“
Gerade, als Luca zornig einen Schritt auf Stefano zugehen wollte, gebot ihnen eine laute, ärgerliche Stimme Einhalt.
„Ihr hört jetzt sofort damit auf. Beide! Es reicht! Luca, du akzeptierst jetzt bitte, dass Stefano nichts für die derzeitige Situation kann, im Gegenteil,
Weitere Kostenlose Bücher