Kinder der Dunkelheit
Schiff! Bis Sonnenaufgang möchte ich weit weg von diesen Ufern sein. Beeil dich, mein Freund.“
Mohammed sah sich kurz um, doch er hatte alles eingepackt. „Ich bin fertig. Viel zu packen hatte ich nicht.“
„Da könntest du dich täuschen.“ El Cazador grinste und winkte den zweiten Mann herbei, der einen großen Seesack über der Schulter schleppte.
„Hier, Vittorio hat uns angewiesen, dir ein paar Kleidungsst ücke zu besorgen. Wir haben einfach einmal ein paar Dinge zusammengepackt. Ich hoffe, wir haben deinen Geschmack getroffen.“
„Danke, Etna, gute Arbeit. Es ist sicherlich etwas dabei, was seinen Gefallen findet.“ Vittorio nahm dem Mann mit der blonden Igelfrisur den Seesack ab und reichte diesen dann kommentarlos an Mohammed weiter.
„Danke, äh, Etna? Habe ich das richtig verstanden?“
Der Blonde lachte. „Ja, man nennt mich so, weil niemand wusste, wie ich wirklich hieß, als sie mich fanden. Und da ich jedes Mal so schnell hochgehe wie der fast gleichnamige Vulkan, heiße ich eben jetzt Etna.“
„Männer! Lasst uns aufbrechen, ihr werdet irgendwann noch genug Zeit haben, euch einander vorzustellen. Vorwärts, auf die Pferde! Wann wird Samira am Schiff sein?“
„Zwei Stunden vor Mitternacht, haben wir vereinbart. Sie wird auf euch warten, sie weiß Bescheid. Ach ja, sie meinte irgendetwas von wegen ,Raffaele kommt ja doch wieder zu spät!‘ – oder so was in der Art.“ El Cazador grinste anzüglich, lediglich, um sich einen giftigen Blick von Raffaele einzufangen. Der gab jetzt klare Anweisungen und niemand widersprach.
„Mohammed, verstau deine Sachen. Etna, du und dieses Läste rmaul , ihr werdet uns begleiten. Vittorio, kommst du mit oder reitest du gleich zurück?“
Vittorio winkte ab. „Ich begleite euch bis zum Hafen, von dort aus breche ich sofort auf nach Toledo.“
Minuten später ritten sie in gestrecktem Galopp nach Malaga und dort direkt zum Hafen. El Cazador und Etna übernahmen das Gepäck. Sie brachten es rasch und unauffällig auf die La Aguila.
Auf Mohammeds Frage, warum alles so schnell gehen müsse und man offenbar keine Aufmerksamkeit erregen wollte, antwortete Raffaele: „Weil wir Samira keinerlei Gefahr aussetzen wollen und dürfen. Sie ist Abdallahs Tochter, wenn ihr etwas passiert, erwürgt er uns eigenhändig und das willst du nicht. Warte, bis du ihn siehst.“
Das leuchtete Mohammed ein und er wartete geduldig gemei nsam mit Vittorio und den Pferden. Der Hafen war auch in der Nacht voller Menschen und so konnten sie sich leicht unter die anderen Reisenden mischen, wobei Mohammed feststellen musste, dass die großen Kinder der Dunkelheit mit ihrer außergewöhnlichen Schönheit es schwer hatten, nicht aufzufallen. Doch sie gaben sich alle Mühe und es gelang einigermaßen, kein allzu großes Aufsehen zu erregen.
Schließlich war alles vorbereitet und eine Gruppe von zwölf vermummten Gestalten schickte sich an, sich auf die Reina Is abella zu begeben, als Raffaele sich zu ihnen gesellte und Mohammed einen Umhang reichte. „Los, anziehen, gut einwickeln und Kapuze auf!“ Dann wandte er sich an Vittorio und umarmte ihn herzlich. „Leb wohl, mein Freund, bis zu unserem nächsten Treffen, auf das ich mich schon heute freue. Hab Dank für alles.“
„Kein Grund, mir zu danken – unseren jungen Freund heute hier so lebendig zu sehen, macht mich genauso glücklich wie dich. Und du, Mohammed, wirst heute und hier zum ersten und letzten Mal deinen Namen aus meinem Mund hören. Wenn dieses Schiff abgelegt hat, dann wird Mohammed al Hassarin hier am Ufer zurückbleiben und mit ihm all die bösen Erinnerungen. Aber Luca de Marco wird auf jenem Schiff dort stehen und – so das Schicksal es will – in seine glückliche Zukunft segeln.“
Mit diesen Worten zog Vittorio ein Blatt Papier aus den Falten seines Umhangs und reichte es Mohammed. „Hier ist das Dok ument, das dich als Luca de Marco ausweist. Du bist in Genua geboren, hast dann in Rom gelebt und jetzt mit deinem entfernten Verwandten hier eine Reise durch Spanien unternommen. Jetzt seht ihr euch noch ein wenig die Wüsten Tunesiens an, um dann wieder zurück nach Italien zu reisen. Alles klar?“
Trotz seiner Verwirrung nickte Mohammed. „Ja, mehr oder weniger.“
„Wird schon noch, aber achte darauf, dass dieser perfekte Fälscher neben dir regelmäßig das Geburtsdatum ändert, sonst könnte es irgendwann eng werden.“ Vittorio umarmte Mohammed lange und herzlich. „Wir sehen
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