Kinder der Dunkelheit
Erfolg.
Ein Lächeln umspielte für den Bruchteil einer Sekunde seine Lippen. Ja, Ares würde Erfolg haben, er hatte noch nie versagt. Ihm war es zu verdanken, dass sie fast all jene aufgespürt hatten, denen sein abgrundtiefer Hass galt. Viele Jahre hatten sie benötigt, aber sie waren geduldig gewesen. Zeit war das, was ihnen im Überfluss zur Verfügung stand, und die galt es zu nutzen. Sie hatten gewartet und gesucht, sie waren durch die ganze Welt gereist und schließlich waren ihre Anstrengungen von Erfolg gekrönt.
Liebe schien in seinem Leben ein Fremdwort gewesen zu sein – bis zu jenem Tag, als ihm die Dienerin weinend das neugeborene Kind in die Arme gelegt hatte. Das törichte Ding hatte um die Frau geweint, die bei der Geburt gestorben war. Sie war ihm denkbar egal gewesen, ihm war nur eines wichtig: das gesunde, starke und schöne Kind in seinen Armen. Sein Sohn! Ares war klug, edel, schnell und absolut tödlich. Er war sein oberster Feldherr geworden in einem Rachefeldzug, den er lange, ja, schon sehr lange vorbereitet hatte.
Langsam ging er am Pier entlang, er genoss die neugierigen und bewundernden Blicke der Frauen. Ihm war durchaus b ewusst, dass er Aufmerksamkeit bei allen von ihnen erregte und das war gut so. Es erleichterte ihm, seine Beute zu finden.
Eine der jungen Frauen, die zuvor lange dabei geholfen hatte, die Netze zu flicken, welche überall im Hafen ausgebreitet lagen, hatte sein besonderes Interesse geweckt. Sie war ein hübsches Ding: jung, neugierig, fröhlich, mit langem dunklem Haar und ebenmäßiger, gebräunter Haut. Er lächelte ihr zu, wissend, dass dieses Lächeln sie zu ihm führen würde. Langsam schlenderte er ihr entgegen, wie zufällig berührte er ihren Arm.
„Señorita, verzeihen Sie, ich war unachtsam. Wie kann ich das nur wieder gutmachen?“
Das junge Mädchen erwiderte sein strahlendes Lächeln. „Aber Herr, das macht doch nichts. Ich hätte beiseitegehen sollen, ich bin es, die unachtsam war.“
Er freute sich. Sie war nicht nur hübsch, sondern offenbar auch gut erzogen und verstand es, sich gewählt auszudrücken. Sie war seiner würdig. „Wohin gehen Sie denn, Señorita, vielleicht kann ich mich für meine Ungeschicklichkeit entschuldigen, wenn ich Sie ein wenig begleite?“
Sie lächelte geschmeichelt und erfreut zugleich. Solch ein edler und auch noch gutaussehender Herr begegnete einem am Hafen eher selten. „Ich habe meinem Onkel geholfen, er ist jetzt draußen beim Fischen. Nun muss ich nach Hause in die Stadt.“
„Darf ich Sie begleiten, Señorita? Es wäre mir eine Ehre.“
Gern nahm sie sein Angebot an, er würde ihr Schutz bieten vor dem ganzen Gesindel, das sich im Hafenviertel herumdrückte. Er bot ihr seinen Arm und sie hakte sich dankbar bei ihm unter, ließ sich von ihm den Pier entlang und dann zu der kleinen Gasse geleiten, die hinauf zur Straße führte.
Als sie auf etwas glitschigem ausglitt, hielt er sie lächelnd fest. Sie sah in seine Augen und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie hellbraun waren und sich, wenn er lächelte, fast unmerklich ve ränderten. Sie begannen zu leuchten, er hatte schöne Augen, sie passten zu ihm. Warum aber hielt er sie noch immer so fest? Sie stand doch längst wieder sicher auf den Beinen. Sein Gesicht näherte sich dem ihren und sie ließ es verwirrt geschehen, denn es gelang ihr nicht mehr, einen klaren Gedanken zu fassen, seine Augen hatten etwas Magisches, Fesselndes.
Als sie seine Lippen auf ihrem Hals spürte, genoss sie zunächst das Prickeln, das seine Berührung bei ihr auslöste. Doch dann kam der Schmerz. Es war ein stechender Schmerz, der so plöt zlich kam und so sehr weh tat, dass ihr Tränen über das Gesicht rannen. Der Mann hatte seine in Lederhandschuhen steckenden Hände in ihren langen Haaren vergraben und hielt sie unerbittlich an sich gedrückt. Die Pein nahm noch zu und sie weinte heftig, doch sie konnte nicht schreien – ihre Stimme gehorchte ihr nicht mehr, er schien sie ihr geraubt zu haben. Was geschah nur mit ihr? Langsam wurde es dunkel um sie, der Schmerz tobte durch ihren Körper und sie fühlte, dass das Leben sie verließ. Die Zähne des Mannes gruben sich in ihr Fleisch, doch sie begriff nicht, was wirklich vor sich ging.
Als sie in seinem Arm zusammensank, nahm er einen letzten Zug aus ihrer geöffneten Halsschlagader, dann ließ er sie achtlos auf den Boden fallen.
„Vater? Verzeih, ich wollte dich nicht stören.“
Er wandte sich um, lächelnd
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