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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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 Traviata sei seit Monaten bereits ausverkauft.“ Luca war sichtlich überrascht.
    „Ach Luca, wie lange kennst du mich nun schon? Natürlich ist sie ausverkauft, wir aber werden in der Königsloge sitzen, man gönnt sich viel zu selten etwas.“
    „Königsloge? Oper? Ihr entschuldigt, aber ein Abendkleid besitze ich nun wirklich nicht.“
    Sabine schaltete sich ein wenig beunruhigt in die Unterhaltung ein, um rechtzeitig auf eventuelle Kleidungsnotstände hinweisen zu können. Für den Fall, dass sie mit einer ironischen Bemerkung gerechnet hatte, wurde sie enttäuscht. Allerdings auf sehr, sehr positive Art. Kaum hatte sie ihre Überlegungen geäußert, ging ein erneutes Strahlen über Raffaeles Gesicht. Sabine verstand dieses breite Grinsen ebenso wenig wie die Tatsache, dass Luca plötzlich lauthals lachte. Er blickte Raffaele ungläubig an.
    „Du hast doch nicht etwa, oder doch?“
    Sabine schaute ein wenig entnervt von einem zum anderen.
    „Würdet ihr zwei bitte damit aufhören, euch in irgendwelchen kryptischen Äußerungen zu ergehen und mit mir in ganzen, verständlichen Sätzen sprechen? Ich würde es einfach auch gern verstehen, bitte!“
    Luca wandte sich ihr breit grinsend zu. „Es gibt da ein relativ banales, aber sehr romantisches Filmchen. Unser Casanova hier liebt es, ihn sich mit dahinschmelzenden Frauen anzusehen und sie anschließend in sündteure Restaurants auszuführen oder ihnen wahlweise ein paar hübsche Kleider zu kaufen. So haben die Damen das Gefühl, Prinzessin für einen Tag zu sein. Eine Szene aber liebt er ganz besonders, die allerdings hat er bis jetzt noch nicht in die Tat umgesetzt. Ich befürchte, heute ist es so weit.“
    Raffaele fuhr sich mit beiden Händen durch die silberne Lockenmähne , im verzweifelten, wenn auch fruchtlosen Versuch, seine Haarpracht zu bändigen.
    „Da hast du so etwas von recht. Was habe ich mich darauf g efreut!“ Seine blauen Augen blitzten voller Vorfreude. „In Ermangelung einer eigenen Herzensdame habe ich mir die Freiheit herausgenommen, dir, liebe Sabine, diese kleine Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen. Geht doch bitte in den Salon, ich komme sofort nach.“
    Luca griff nach Sabines Hand und zog sie hinter sich in Ric htung Wohnzimmer. „Komm, meine Prinzessin. Immer wenn er ,Salon‘ sagt, wird es ernst.“
    „Luca, was ist hier los? Du erzählst mir nicht, dass ich jetzt in einem Remake von ,Pretty Woman‘ stecke, oder?“
    „Oh doch. Das tust du. Um ehrlich zu sein, freue ich mich sogar darüber. Diese Oper wird nicht wirklich oft hier gespielt, unser Theater ist vergleichsweise klein und es ist jedes Mal ein unglaubliches Ereignis . Heute mit dir dort hingehen zu können, insbesondere, nachdem ja unser erster geplanter Theaterbesuch nicht so ganz geklappt hat, ist fast wie ein Traum.“ Luca seufzte genießerisch. „Sollte dir das Kleid nicht gefallen, dann ziehe ich es an. Raffaele hat einen exzellenten Geschmack, aber das weißt du ja schon.“
    Sabine sah ihn an, als würde sie an seinem Verstand zweifeln, besann sich aber doch rasch eines Besseren. „Ihr beiden seid komplett verrückt, ihr spinnt, ehrlich! Ich bin ja mal neugierig, was mich jetzt erwartet.“
    Luca beschränkte sich auf ein geheimnisvolles Lächeln und so musste sie wohl oder übel warten, bis sich die Tür öffnete und Raffaele mit zwei großen weinroten Schachteln im Arm hereinkam. Er stellte beide, eine sehr große und eine recht kleine, auf dem Tisch ab, nahm die große hoch und wandte sich an Sabine.
    „Schöne Frau, hier hätte ich Euer Abendgewand für diese Nacht. Die Größe passt, bei Form und Farbe muss ich darauf hoffen, Euren Geschmack getroffen zu haben, edle Dame.“ Mit einer elegant angedeuteten Verbeugung hielt er Sabine den Ka rton entgegen.
    „Ich glaube, ich hatte schon erwähnt, dass ihr – und zwar alle beide – total verrückt seid? Aber ich will es mir gern einmal ansehen.“
    Nie und nimmer hätte sie zugegeben, dass ihr das Herz bis zum Hals klopfte. Es war tatsächlich ein Märchen, in dem sie steckte, ein wundervolles Märchen, in dem sie Vivian Ward war, sie war „Pretty Woman“. Sie wurde verwöhnt, und zwar nach Strich und Faden. Natürlich hatte auch sie diesen Film geschätzte hundert Mal gesehen und natürlich hatte auch sie jedes Mal bei der Szene, als Richard Gere zuerst das Kleid präsentiert und dann noch das kleine Kästchen mit dem sündhaft teuren Collier zückte, mit Tränen der Rührung in den Augen vor

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