Kinder der Dunkelheit
rote Samtdeckchen beiseite, das zum Schutz über dem Schmuck lag. Ungläubig starrte sie auf die vor ihr liegende Halskette und die passenden Ohrhänger. Dass die beiden Kinder der Dunkelheit es gern immer einen Hauch pompöser hatten – und zwar in allem –, das hatte sie ja inzwischen begriffen. Dass sie aber auch bei Schmuck offenbar nach dem Motto „Nicht kleckern, sondern klotzen“ gingen, das begriff sie spätestens jetzt. Vor ihr lag im roten Samtbett ein Collier mit geschätzten dreißig herrlichen, tropfenförmigen Diamanten, eingefasst in Gelbgold und verbunden durch verschlungene Kettenglieder in Form von ineinander greifenden Wellen. Nicht zu verachten waren auch die beiden funkelnden Ohrringe, die eher Ohrgehänge waren und an einer kleinen Frau wohl leicht lächerlich gewirkt hätten, aber an der großen Sabine wie für sie gemacht aussahen.
Luca half ihr, den Schmuck anzulegen, und dann traten beide Männer einen Schritt zurück, um ihr gemeinsames Kunstwerk zu bewundern. „Mir fehlen die Worte, um auszudrücken, wie schön du bist.“ Luca sah sie mit einem solch bewundernden Ausdruck in den Augen an, dass Sabine am liebsten losgeheult hätte, dieses Mal allerdings vor Freude.
„Also, wenn dir die Worte fehlen, dann muss eben ich es sagen. Holde Sabine, du bist das schönste, eleganteste und bezauberndste Geschöpf, das jemals in diesen Hallen weilte und sie mit ihrem Glanz erleuchtete.“ Raffaele wandte sich zu Luca und meinte grinsend „So geht das, Junge. Wird langsam Zeit, dass du es lernst, so wird das ja sonst nie etwas!“ Raffaele legte den leeren zweiten Karton beiseite, zupfte noch einmal an seinem Sakko, damit es auch perfekt saß, und bot dann Sabine den Arm. „Komm, meine Liebe, bis wir am Theater angekommen sind, wird auch er sich wieder gefangen haben.“
„Na warte, alter Freund, irgendwann kommt das alles zurück.“
Langsam gewann Luca seine Fassung wieder, die er zugegebenermaßen beim Anblick seiner Frau, denn das war sie, dessen war er sich absolut sicher, kurzfristig verloren hatte. In dem Augenblick, als er sie in ihrer Robe die Treppe herunterkommen sah, war er einfach überwältigt davon, dass dieses himmlische Wesen von nun an auf ewig an seiner Seite sein sollte. Noch immer konnte er sein Glück nicht fassen und noch immer schwelte irgendwo in ihm die Furcht, dass er sie doch noch verlieren könnte. Diese Gedanken galt es jetzt aber sofort zu verscheuchen, denn der Abend war jung und er wusste, was Raffaele geplant hatte. Sie verließen den Palazzo und Raffaele steuerte zielsicher auf die Anlegestelle für die Boote am nächsten Kanal zu.
Etwas unsicher sah Sabine sich um. „Korrigiert mich, aber ist das Operntheater nicht in der anderen Richtung und durch den Park zu erreichen?“
„Im Prinzip schon, aber ich sagte doch, dass ich große Inszenierungen liebe.“
Ein Blick in Raffaeles Gesicht brachte ihr die Gewissheit, dass es noch nicht zu Ende war mit den Überraschungen für heute. Ta tsächlich, ein festlich geschmücktes venezianisches Boot mit einem traditionell gekleideten Gondoliere näherte sich dem Anleger.
„Wir fahren mit der Gondel?“ Sabine war begeistert.
„Ja, der Part mit dem Flugzeug gestaltete sich in Venedig ein klein wenig problematisch.“ Raffaele hob entschuldigend die Arme.
„Ach, Leute, das ist doch viel besser! Ich bin noch nie in einer Gondel gefahren, obwohl ich schon so oft in Venedig war. Es war mir ehrlich gesagt immer etwas zu teuer. Das ist so lieb von euch, ich freue mich wirklich riesig!“
„Buona sera, Sigñora e Sigñori!“ Der Gondoliere verbeugte sich tief und half Sabine dann gekonnt dabei, in den wackeligen Kahn zu steigen, ohne zu stolpern. Die Gondel war von ihrem Besitzer mit weichen Fellen und edlen Decken bestückt worden, um seine Gäste zu wärmen, sodass man die Fahrt auch wirklich genießen konnte. Wie zu erwarten war, fuhren sie natürlich nicht auf direktem Weg zum Theater, sondern durch einige der schönsten Kanäle, wobei Raffaele irgendwann eine Flasche Champagner und drei Gläser aus einer gut versteckten Box zauberte. Sabine staunte nicht schlecht, als sie das sah.
„Aber ihr beiden könnt doch gar nicht, oder könnt ihr? Also, ihr verwirrt mich.“
Raffaele beruhigte sie. „Wir können, ein klein wenig, dem Anlass entsprechend. Das hier ist dein Abend, meine Schöne! Oh verzeiht, unsere Schöne.“
Er ignorierte Lucas Knurren und öffnete gekonnt die Flasche, schenkte ein und hob
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