Kinder der Dunkelheit
klang verrückt und für Unbeteiligte sicher furch teinflößend. Nicht aber für Luca, der ging unbeeindruckt weiter auf Pietro zu.
„Nein, mein Freund. Du musst nirgends hin. Es bringt weder deine Tochter noch deinen Sohn zurück, wenn du unschuldige Menschen abschlachtest. Ich bitte dich, komm zu dir. Lass mich dir helfen. Lass mich deinen Vater rufen, er wird sich um dich kümmern.“
„Vergiss es einfach, niemals! Sie werden alle dafür bezahlen. Alle! Hörst du? Sie alle auf dieser Drecksinsel haben mein kleines Mädchen auf dem Gewissen, sie haben meinen Sohn getötet.“ Pietro starrte mit irrem Blick auf seine blutverkrusteten Hände. „Sie haben ihm das Herz herausgeschnitten, diese Dreckskerle. Sie wollten uns nie auf ihrer Insel, jetzt töten sie uns und ich töte sie. Es ist ein gutes Gefühl sie verrecken zu sehen.“ Mit einer Hand tastete er nach dem alten Colt, der auf dem Tisch in Griffweite lag.
Luca war jetzt ganz nah und keine von Pietros Bewegungen entging ihm. Sorgsam achtete er darauf, wo der verwirrte Vampir gerade seine Hände hatte. „Pietro, hör mir zu! Bitte denk nach. Ein Mensch hätte deinen Sohn nicht auf diese Weise töten können , warum willst du das nicht verstehen? Es waren Vampire, die ihn töteten, es waren keine Sterblichen, es waren Bestien der Nacht. Verstehst du das?“
„Pah, du kannst mir viel erzählen. Keines der Kinder der Dunke lheit kommt hierher, um uns zu töten. Das Menschenpack hat sich zusammengerottet, sie haben ihn zerstückelt, sie waren es – und jetzt zahlen sie dafür, und zwar nicht zu knapp. Keine Vampire auf der Insel, keine Vampire.“ Wie ein Mantra wiederholte er immer wieder die gleichen Worte. „Keine Vampire, keine Vampire …“
Luca versuchte es erneut. „Pietro, was du tust, bringt alle in G efahr. Deinen Vater, deine Mutter, versteh doch, du fügst ihnen und deiner Familie irreparablen Schaden zu! Es geht schon das Gerücht einer Blut trinkenden Bestie über die Insel. Pietro, bitte lass die Pistole liegen und komm mit mir. Du brauchst Hilfe.“
„Nie und nimmer. Ich lasse mich nicht einsperren, ich habe a ndere Pläne!“
„Verdammt, Pietro, du bist zum Mörder geworden, zum unkontro llierbaren Wahnsinnigen! Hast du eine Ahnung, wie schwer es deinem Vater gefallen ist, mich zu rufen?“
„Egal! Ich werde sterben, viele habe ich auf diesem Weg schon mitgenommen und es werden noch mehr werden, das schwöre ich. Du bist der Nächste!“
Für einen Menschen wäre die Schnelligkeit, mit der er jetzt nach der Waffe griff, das Ende gewesen. Nicht so für Luca. Er war zu oft in derartigen Situationen gewesen, um auch nur den kleinsten Fehler zu machen. Ehe Pietro den Colt auf ihn richten konnte, hatte er sein Schwert aus der Scheide auf seinem Rücken gezogen, die Klinge sang und Pietro lag vor ihm auf dem staubigen Küchenboden. Das Blut lief in Strömen aus dem Körper des sterbenden Vampirs und Luca wollte seinem Leid gerade ein Ende setzen, als Pietro ihm Einhalt gebot.
„Siehst du, ich sagte doch, ich werde sterben“, murmelte er. „Ich war zu feige, um meinem Leben auf ehrenhafte Weise ein Ende zu bereiten und, ich gebe zu, ich wollte es auch nicht. Ich wollte auch andere leiden sehen, sie haben gewinselt und um ihr mickriges Leben gebettelt. Ich bereue es nicht, ich habe gelitten, sie haben gelitten!“
„Mann, du verdammter Idiot! Warum? Du hast die Falschen leiden lassen, die Mörder deines Sohnes laufen noch frei herum! Du wusstest, was es bedeutet, wenn ich hier auftauche.“ Luca war neben Pietro auf die Knie gesunken.
Der versuchte zu nicken, was mit halb durchtrennter Kehle nicht so leicht war. „Ja, gut, dass du es getan hast. Du bist der Beste. Ich wusste, es würde ein sauberer Schnitt werden. Und jetzt bring es zu Ende. Los, mach schon.“
Pietro schloss die Augen, Luca hob erneut sein riesiges Schwert, stieß die Klinge durch das noch immer schlagende Herz seines alten Freundes und zertrennte es in zwei Teile. Der Vampir ließ den Kopf endgültig sinken und Luca wusste, dass sein Auftrag erfüllt war. Pietro war tot. Er zog das Schwert aus dem leblosen Körper und legte es neben sich ab. Dann stand er auf, suchte in der Küche nach sauberen Tüchern, reinigte Pietros Körper, strich ihm behutsam das wirre, verklebte Haar aus dem Gesicht und wischte ihm das verkrustete Blut vom Mund. Unter dem Blut und dem Schmutz kam zumindest ansatzweise wieder der gut aussehende Mann zum Vorschein, der Pietro einmal
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