Kinder der Dunkelheit
sehr Würdevolles und es berührt immer die Herzen aller, die teilnehmen.“
„Hast du das schon oft mitgemacht?“
„Na ja, in über dreihundert Jahren passiert natürlich viel. Leider verlassen uns in der Zeit auch lieb gewonnene Freunde. Das ist nun einmal so.“
„Ich dachte, ihr seid unsterblich?“ Sabine schien verwirrt.
Angel lächelte nachsichtig. „Unsterblichkeit ist relativ, wie unser alter Freund Albert Einstein sagen würde. Stell dir vor, du bist etwas über fünfhundert Jahre alt. Du hast dein Leben und noch viel mehr gelebt. Du hast Kinder gezeugt und sie heranwachsen sehen, hast Kriege kommen und gehen sehen. Teils haben menschliche Freunde und Vertraute dein Leben begleitet und du sahst sie altern und sterben. Nicht jeder will ewig leben, selbst wenn es ihm bestimmt wäre. Nimm jetzt bitte einmal an, eines deiner Kinder wird von der Bombe eines Wahnsinnigen zerfetzt oder der Mensch an deiner Seite, der dein Leben über Hunderte von Jahren geteilt hat, kommt mit dem Irrsinn dieser modernen Welt nicht mehr zurecht. Nicht jeder arrangiert sich so gut mit der Moderne wie zum Beispiel wir drei. Dann kommt es vor, dass jemand freiwillig und in Abstimmung mit seinen Lieben aus dem Leben scheidet. Es bedarf enormer Kraft, denn du musst dir vorstellen, sie legen sich teils Hand in Hand in die Sonne und warten so auf ihren Tod. Dieser Tod ist schmerzhaft und solange Blut in dir ist und dein Herz schlägt, dauert es lange, bis die Sonne ihren Kampf um dein Leben gewinnt. Ein Normalsterblicher kann diese Willensstärke wohl kaum nachvollziehen.“
„Oh mein Gott, wie schrecklich.“ Sabine schauderte. „Es muss grausam sein, dabei zusehen zu müssen.“
„Der Respekt und die Liebe zu denen, die sich entschieden h aben, zu gehen, gebieten es dir, das mit den Sterbenden durchzustehen. So ist das Leben, mi corazón.“
„Ihr seid starke Wesen, den Menschen definitiv in vielem übe rlegen. Bewundernswert. Ihr hättet doch längst die Menschen unterwerfen können“, schniefte Sabine schließlich.
„Und uns dann mit diesen renitenten, unbelehrbaren Wesen, diesem streitsüchtigem, habsüchtigem und zutiefst egoistischem Volk herumstreiten? Alles, nur das nicht.“ Angel strich sich nachdenklich über die dunklen Locken. „Aber es gab sicher schon mehrere Male Versuche von entarteten Vampiren, dies zu tun. Nur wurden sie bisher immer rechtzeitig daran gehindert.“ Er kicherte boshaft. „Sonst gäbe es inzwischen so etwas wie Supe rmärkte für Vampire. Heute im Angebot: bissfeste, hübsche und intelligente Blondinen zum absoluten Sonderpreis. Greifen Sie zu, solange der Vorrat reicht!“ Angel beäugte Sabine belustigt. „Wie fändest du das?“
„Nicht lustig!“
„Hey, corazón, wo ist dein Sinn für Humor?“
„Wenn’s um meine Halsschlagader geht, ist mein Humor quasi nicht existent!“
Angel seufzte. „Schade, ein kleiner Imbiss wäre jetzt nicht übel gewesen.“
„Trau dich!“
„Das war ein Witz! Glaubst du, ich würde es auch nur wagen, dich anzuzapfen? Luca ist mehr oder weniger mein Bruder. Das ist so ein Ehrending, du verstehst?“
„Ich denke schon und ich bin sehr froh darüber, dass ihr alle so viel Ehre im Leib habt und so sanftmütig seid.“
„Gut, dass du nur uns kennst, so hast du einen guten Einstieg in unsere Welt. Es gibt auch andere, aber das kommt noch früh genug. Mir ist ein wenig langweilig. Sag mal hast du eine warme Jacke oben?“ Sabine nickte zustimmend, auch wenn sie das Thema gern etwas vertieft hätte, denn das klang dann doch ein wenig beunruhigend. Aber Angel ließ ihr keine Zeit dazu.
„Dann zieh sie mal an, meine Hübsche. Die Sonne geht unter, wir machen einen kleinen Ausflug. Nicht, dass du später behau ptest, du hättest dich mit mir zu Tode gelangweilt. Das würde meinen Ruf irreparabel schädigen, das kann ich leider nicht riskieren. Los, mach hin!“
Angel stupste sie unnachgiebig aus dem Zimmer und während S abine lachend die Treppe hinaufeilte, um sich etwas Warmes anzuziehen, musste sie sich eingestehen, sehr froh darüber zu sein, dass sie dem guten Part der Kinder der Dunkelheit zuerst begegnet war. Der finstere konnte gern noch etwas auf sich warten lassen.
In eine Jeans, eine warme Lammfelljacke und passende Boots gepackt, stiefelte sie nur wenige Minuten später wieder in die Halle. Angel war natürlich schon fertig und stand in einem engen Bikeroutfit vor ihr..
„Was hast du denn vor?“
„Neugierig wie immer! Lass
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