Kinder der Dunkelheit
eher schwermütig, wir driften in so eine Art Traumwelt ab. Was für dich aber viel interessanter ist, mi amor, es regt unseren Sexualtrieb an. In Situationen, wo wir ansonsten gut in der Lage wären, unsere Handlungen zu kontrollieren, ist es schwer, sich zu zähmen, wenn wir Alkohol im Körper haben. Wir haben das vor langer Zeit schon herausgefunden. Die oft willigsten Blutwirte waren schon früher ziemlich angeheitert. Das war gut für uns, weil es so noch leichter war, ihnen im Nachhinein die Erinnerung zu nehmen. Dummerweise hatten wir aber mit ihrem Blut auch ihren Alkoholspiegel intus. Wenn es sich dann um Damen handelte, hatten die meist viel Freude mit uns.“
„Du gibst mir jetzt auf der Stelle diesen Amarettokaffee, hast du mich verstanden? Hör sofort auf, das zu trinken!“
Angel strahlte sie nur herausfordernd an. „Kannst du knicken, Herzblatt. Die paar Tropfen kannst du mir ruhig gönnen, die vertrage ich allemal. Keine Panik, mi amor, ich gedenke nicht, über dich herzufallen.“ Angels Blick war dermaßen treuherzig, dass Sabine sich erst einmal an ihrem Gebäck verschluckte.
„Du bist unmöglich, das erzähle ich Luca!“ Sabine lachte und knuffte Angel kräftig in die Seite.
„Lass das lieber. In der Richtung versteht der Mann keinen Spaß. Wirklich, du bist alles für ihn. Ich kenne ihn seit über dreihundert Jahren, aber so glücklich war er noch nie. Es mag ja blöd klingen, doch er hat tatsächlich Hunderte von Jahren auf dich gewartet. Er hat es verdient, endlich wieder zu lieben. Du bist das Beste, das ihm passieren konnte. Und wenn ich hier irgendwelche Machosprüche ablasse, dann nimm das bitte nicht ernst, das liegt bei mir in den Genen. Sei versichert, dass du in mir immer einen Freund haben wirst. Wenn du mich brauchst, dann bin ich für dich da – und du weißt, wie ich das meine, oder?“
„Danke, Angel, das bedeutet mir viel. Und ich erzähle es ihm nicht.“
„Kluge Entscheidung, ich mag mein Leben nämlich und darum würde ich es gern behalten, alles klar?“
„Ich denke schon, aber es wird langsam kühl – komm, lass uns nach Hause gehen.“ Sabine fröstelte ein wenig in der klaren Winternacht und der Gedanke an ein Feuer in dem schönen offenen Kamin in ihrem Zimmer war äußerst verlockend.
„Gut, gehen wir. Ich bringe dich heim, werde dann aber noch mal verschwinden.“
„Ach, du Schande! Ich gedankenlose Egoistin, du hast Hunger! Bitte entschuldige, daran habe ich ja gar nicht gedacht. Jetzt aber schnell!“
„Komm, so schnell verhungere ich nun auch nicht. Im Notfall hab ich ja dich ...“
„Du bist wirklich unverbesserlich, kannst du mal kurz ernst bleiben?“
„Warum? Ich habe das gerade todernst gemeint.“
„Hast du nicht – oder etwa doch?“ Sabine seufzte hörbar. „Ich sehe schon, ich bin dir nicht gewachsen.“
„No, mi corazón, das bist du nicht.“
Im Handumdrehen waren sie daheim angelangt, Angel küsste sie zum Abschied auf die Stirn und war verschwunden, ehe Sab ine antworten konnte.
Der Palazzo war verschlossen und erst auf ihr Klingeln hin öf fnete Marcello, einer der beiden Diener, das Tor. „Buona sera, Sigñora. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Abend.“
Sabine wechselte noch ein paar freundliche Worte mit ihm und ging dann hinauf in ihr Schlafzimmer, wo, wie erhofft, ein warmes , fröhlich flackerndes Kaminfeuer sie erwartete. Abgesehen davon, dass Marcello und Andrea offenbar Gedanken lesen konnten, war sie auch froh darüber, nicht allein im Haus zu sein. Sie hatte sich bereits in ihr Bett gekuschelt, als sie hörte, wie auch Angel zurückkehrte und leise in seinen Räumen verschwand. Mit ihm im Haus fühlte sie sich absolut sicher und schlief zufrieden und glücklich ein.
Es war eine wundervolle und sternenklare Nacht. Vor zwei Stunden hatte das Schnellboot von Fürst Massimo ihn und Raffaele in Porto Cervo in Sassari auf Sardinien abgesetzt. Das Treffen mit Fürst Massimo war kurz und unendlich traurig gewesen. Als Luca jetzt sein Quad alleine über die Hügel in Richtung Costa Verde jagte, stiegen viele Erinnerungen in ihm auf. Er war schon oft auf dieser schönen Insel gewesen, denn Fürst Massimo hatte hier eine wunderschöne Residenz, weitab vom Touristenrummel. Ebenso wie sein Sohn Pietro, der für seine Familie und sich einen herrlichen Bungalow im alten Stil erbaut hatte, in dem sie alle einst fröhliche Stunden verlebt hatten.
Nun hatte Pietro keine Familie mehr, die den Frühling und die
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