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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Esebian, was ihm so sonderbar erschienen war: Das Licht stammte von dem Orbital-Port, dessen Verschwinden hinter dem Planeten er schon vor einigen Minuten beobachtet hatte.
    Das Bild vor seinen Augen verschwamm kurz, und dann verschwand nicht nur der Orbital-Port, sondern der ganze Planet. Eine andere Welt nahm seinen Platz ein: weiß an den Polen, weiß auch dort, wo Wolkensysteme über grünbraune Kontinente zogen.
    »Taschka«, sagte jemand. »Wir sind fast da.«
    Esebian drehte den Kopf. »Tahlon«, ächzte er und bemerkte ein kleines Gerät in der Hand des Präfekten.
    »Der Neuroprozessor, mit dem Sie auf Lahor ausgestattet wurden, hat sich als nützlich erwiesen«, sagte Akir Tahlon. Er trat näher und zog den Kommunikationschip aus Esebians schlaffer Hand. »Den brauchen Sie nicht mehr.«
    Esebian wollte aus einem Reflex heraus die Hand zum Nacken heben, aber er konnte sie nicht mehr bewegen. Gelähmt saß er da, gefangen in einem Körper, der ihn immer mehr im Stich ließ, und ebenso gefangen in einer aussichtslosen Situation. Tahlon hatte ihn getäuscht, ihm mit neuronaler Stimulation eine falsche Realität vorgespielt, um die Informationen zu bekommen, die er von ihm haben wollte. Und er war darauf hereingefallen! Er hatte die vermeintlich günstige Gelegenheit genutzt und eine Verbindung mit Erebos hergestellt, hatte damit ihn und Aurora verraten. Tahlon hatte es sich bestimmt nicht nehmen lassen, die Signale zu verfolgen; er wusste jetzt, wo sich das Gehirn des Netzwerks befand.
    »Sie haben es versprochen«, brachte Esebian hervor. »Sie haben versprochen, nichts gegen Aurora zu unternehmen, wenn ich Ihre Fragen beantworte.«
    Tahlon ging zur Tür. »Ich werde bald Antworten auf alle meine Fragen bekommen. Bei Ihrem Prozess. Ich werde die Direktoren zwingen, Auskunft zu geben, über die Hintergründe der angeblichen Ermordung von El'Kalentar, über Fouracre und alles andere. Ich werde dafür sorgen, dass die Magister bei dem Verfahren präsent sind – die Erlauchten werden nichts verheimlichen können. Was Sie betrifft … Einem Mörder gegenüber fühle ich mich nicht an irgendwelche Versprechen gebunden. Es sind bereits Schiffe nach Drossos unterwegs; das Netzwerk wird endlich zerschlagen.«
    Tahlon wirkte zufrieden, aber Esebian sah noch immer die Trauer tief in seinen Augen.
    »Sie machen einen Fehler, Präfekt«, sagte er langsam. »El'Kalentar glaubt, dass ich etwas weiß, und das dürfte der Grund sein, warum er immer wieder versucht hat, mich aus dem Verkehr zu ziehen. Er wird die erste Gelegenheit nutzen, mich zu töten.«
    Tahlon öffnete die Tür.
    »Die Erlauchten betreiben ein Geheimprojekt und wollen sich nicht in die Karten schauen lassen«, fügte Esebian rasch hinzu. »Halten Sie sich für unentbehrlich? Sie glauben wohl, die Direktoren würden es nicht wagen, etwas gegen Sie zu unternehmen.«
    Akir Tahlon richtete einen durchdringenden Blick auf ihn. »Ich bin Präfekt der Hohen Welten und Erster Hochkommissar des Direktoriats. Ich bin dem Gesetz verpflichtet, und das Gesetz ist wichtiger als alles andere. Ich werde für die Einhaltung der Regeln sorgen.«
    Damit ging er.
    Esebian starrte einige Sekunden auf die geschlossene Tür und murmelte: »Sie sind ein Narr, Präfekt.«

 
57
     
    Esebian sah aus dem Fenster des Orbitalspringers und beobachtete, wie sie aus der Umlaufbahn fielen, den Subtropen des Planeten entgegen. Sie würden in einer Stadt landen, die sich an den Ufern von insgesamt neun kobaltblau schimmernden Seen erstreckte. Es war keine große Stadt – in ihr lebten höchstens hunderttausend Menschen, und davon waren kaum mehr als einige wenige Dutzend Erlauchte. Bei den übrigen Bewohnern handelte es sich entweder um Residente, die auf Dauer in Agreda wohnten, oder um Kandidaten niedrigerer Stufen, die eine zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnis für Taschka hatten.
    Esebian hatte sich schon vor Langem ausführlich über Taschka, die siebte der Einundzwanzig Hohen Welten, die Heimat der Unsterblichen, informiert. Er hatte gehofft, eines Tages hierherzukommen, als Aufgestiegener, als jemand, der den Tod endgültig besiegt hatte und vor dem ein viele Jahrtausende langes Leben lag. Stattdessen kam er als Gefangener, in einem Körper, der immer mehr verfiel und ihn innerhalb weniger Tage oder Wochen umbringen würde. El'Kalentar kann sich die Mühe sparen, mich zu töten, dachte er bitter und beobachtete, wie die Hauptstadt des Planeten größer wurde. Das Licht der

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