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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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frühen Morgensonne löste letzte Dunstschwaden über den Seen auf und ließ die niedrigen Gebäude an ihren Ufern in allen Regenbogenfarben schimmern, als der Orbitalspringer, von vier Flugwagen mit Hoheitszeichen des Direktoriats eskortiert, auf dem Dach eines ockerfarbenen, quadratischen Bauwerks landete. Die Worte, die Akir Tahlon mit seinen Mitarbeitern wechselte – insbesondere mit einem kleinen, fragil wirkenden Hybriden, dessen am Hals zusammengefaltete Kiemen gelegentlich die Farbe wechselten und sich aufblähten –, deuteten auf Spannungen oder vielleicht sogar einen massiven Konflikt zwischen ihm und den Erlauchten hin.
    »Liefern Sie mich ihnen nicht aus«, sagte Esebian, als die Luke aufschwang und Tahlon die Hand nach den Kontrollen des Stützgerüsts ausstreckte. »Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, die Hintergründe dieser Sache aufzuklären. Sie haben mein Gespräch mit Erebos gehört. Auf Gondal, beim Schrein, könnten wir vielleicht herausfinden, was es mit Fouracre auf sich hat.«
    »Erebos' interstellare Verbindungen sind inzwischen blockiert«, sagte der Präfekt kühl und lenkte Esebians Stützgerüst durch die Luke nach draußen. Mehrere Uniformierte warteten dort, während die vier Flugwagen mit summenden Gravitationsmotoren über dem Gebäude kreisten. »In wenigen Tagen werden sich alle Angehörigen des Netzwerks auf Drossos in unserem Gewahrsam befinden.« Er wechselte einige leise Worte mit dem Hybriden, der in den Orbitalspringer zurückkehrte; hinter ihm schloss sich die Luke. »Außerdem habe ich gar nicht vor, Sie ›auszuliefern‹. Ich werde Sie zu Ihrem Prozess begleiten und daran teilnehmen.«
    »Tahlon …« Esebian wollte die rechte Hand heben, aber sie bewegte sich nur einige Zentimeter nach oben. »Sie machen einen Fehler«, wiederholte er.
    Aber Tahlon achtete nicht mehr auf ihn und lenkte das Stützgerüst zu einer Tür, wo weitere Uniformierte warteten. Sicherheitsmaßnahmen? Auf einer Hohen Welt? Die Uniformierten schienen nicht bewaffnet zu sein, aber das bedeutete nicht viel – selbst sehr leistungsfähige Waffensysteme ließen sich gut verstecken und tarnen.
    Im Innern des Gebäudes – der Präfektur – war es kühler als draußen, und das matte Glühen von Leuchtflächen in Decke und Wänden ersetzte den hellen Sonnenschein. Erstaunlicherweise gab es keine Fenster. Vermutlich hatte eine Reprogrammierung der hiesigen Formspeicher die Fenster verschwinden lassen. Damit man ihn von draußen nicht sah? Um seine Lokalisierung zu erschweren? Wen oder was fürchtete Tahlon?
    Am Ende des Korridors wartete ein aktivierter Transferitor und brachte sie in einen anderen Teil des Gebäudes, in einen großen Raum mit Panoramawänden, die offenbar verschiedene Orte auf Taschka zeigten: Agreda, die Kobaltblauen Seen, Wälder und Gebirgszüge, Außenansichten von Domizilen der Erlauchten.
    Esebian drehte den Kopf und stellte fest, dass nur noch Tahlon hinter ihm stand.
    »Keine Zelle, sondern ein Apartment«, sagte der Präfekt. »Alles sehr bequem.« Er ging zur Tür. »Ich erwarte nicht, dass Sie sich hier länger als einige Tage aufhalten werden. Mehr Zeit dürfte für die Vorbereitung des Prozesses nicht nötig sein.«
    »Tahlon …«
    Der Präfekt erreichte die Tür und öffnete sie, wich dann aber sofort einen Schritt zurück. Zwei Gestalten standen vor ihm: eine Frau mit leuchtend rotem und orangefarbenem Haar, das einen Turm auf ihrem Kopf bildete, und ein älter wirkender Mann, in eine Aura kühler Distanziertheit gehüllt. Selbst ohne die Insignien an den Kragen ihrer Hemdjacken hätte Esebian sie als Erlauchte erkannt. Etwas umgab sie, unsichtbar und ohne Substanz, aber dennoch sehr real, ein Hauch von Ewigkeit. Beide bewegten sich mit der selbstsicheren Gelassenheit von Menschen, die auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen konnten, den sie im Lauf von Jahrhunderten und Jahrtausenden angesammelt hatten.
    »Abgeschirmte Zimmer?« Die Frau trat an Tahlon vorbei und sah sich im Salon um. »Mit einer speziellen Transferitorverbindung? Sie wollten den Mörder doch nicht vor uns verstecken, oder?«
    Tahlon erholte sich von seiner Überraschung, kehrte in den Raum zurück und blieb zwischen Esebian und den beiden Unsterblichen stehen. »Ich habe ihn hergebracht, wie Sie sehen, Exzellenzen«, sagte er. »Außerdem werden derzeit wichtige Angehörige des Netzwerks festgenommen.«
    »Ein doppelter Erfolg«, sagte die Frau. Ihre Worte klangen nach Lob, aber Esebian hörte noch

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