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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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nach hinten gedrückt, als die Drohne den Transferitor vollständig passierte – ein kleiner Berg aus spitzem und scharfem Metall. Hinter ihr flackerte die Transitmembran einmal und verschwand.
    Für einige beklemmende Sekunden kehrte die Dunkelheit zurück, und dann ging im Salon des Verwahrungsbereichs wieder das Licht ein. El'Farah und der ältere Unsterbliche waren verschwunden, vermutlich mithilfe individueller Transferitoren. Die vier Uniformierten lagen reglos auf dem Boden – über jedem von ihnen schwebte ein stahlgraues Messer, drehte sich und kehrte zur Drohne zurück. Stichwunden oder dergleichen konnte Esebian nicht erkennen. Er vermutete, dass die Wächter nur betäubt waren – Magisterdrohnen töteten keine Menschen.
    Die Tür sprang auf, und der kleine Hybride mit den Kiemen am Hals eilte herein, gefolgt von mehreren bewaffneten Sicherheitsbeamten.
    »Präfekt?«
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte Tahlon. »Glaube ich.« Er deutete auf die vier Uniformierten. »Lassen Sie diese Männer fortbringen und vernehmen, sobald sie wieder zu sich gekommen sind. Wir brauchen ihre Aussagen für ein Verfahren gegen …« Er holte tief Luft. »… die Exzellenzen El'Farah und El'Coradi.«
    »Ich bedauere die ungewöhnliche Art meines Erscheinens«, sagte die Drohne und stieg einen Meter auf.
    »Ich weiß es sehr zu schätzen«, seufzte Tahlon. »Sie sind …«
    »Ich bin Gesandter des Magisters Jae-al-Escoe-Hoivinio-tan-Mauleon-Caliquire-tan-Nesluzan«, summte die Drohne. »Ich bin beauftragt, die stochastischen Gleichungen zu korrigieren und Sie nach Gondal zu begleiten, zum Schrein.«

 
     
     
     … Vom Mächtigen gegönnt,
    Schreckfeuer, angesteckt auf hohen Türmen,
    Die Fantasie des Träumers zu bestürmen,
    Wo des Gesetzes Fackel dunkel brennt.
     
GRAUE HORIZONTE
58
     
    Das Filigran hing wie eine zarte Blume im All, klein und fragil, aber es blähte sich plötzlich auf, als die Concordia dem warmen Gasriesen Lybecker entgegenfiel, dessen vierundzwanzigster und größter Mond Gondal hieß. Etwas in seinem Innern, noch verborgen hinter der dunklen Öffnung des Transittunnels, verlangte Platz und drückte die bunten Fäden mit mächtigen Schultern beiseite. Die Zoombereiche der Panoramafenster im großen Konferenzraum zeigten den Weber: wie er seine langen, mehrgelenkigen Beine krümmte und streckte, wie er am dicksten Faden entlangkletterte, fort von dem Ungetüm, das sich nach einem lichtjahreweiten Transit hindurchdrängte. Der fast vier Kilometer große Filigranport wurde zu einem Zwerg, zu einem Winzling im Vergleich mit dem Riesen, der nun aus dem Transitnetz kam. Ein Oval machte den Anfang, schwarz wie das All, zwei Kilometer dick und fast zehn lang, mit einem Kranz aus Hunderten von Dornen und Stacheln, einige von ihnen mehrere Dutzend Kilometer lang. Sie waren büschelweise zusammengefasst und nach hinten geneigt, und unmittelbar nach dem Transit streckten sie sich, vorbei am Port und den dort wartenden Schiffen. Kleine Lichter tanzten wie Funken über die Dorne, von denen Tahlon wusste, dass sie zahllose Quantenkerne enthielten, und sprangen zu den nächsten Komponenten des Magisters: Zylinder, Oktaeder und Objekte, die wie gestauchte Drei- und Sechsecke aussahen. Tahlon beobachtete, wie Spindeln mit größerer Geschwindigkeit aus dem Transittunnel flogen, die Hauptmasse des Magisters überholten und damit begannen, Verbindungen zwischen den Komponenten wiederherzustellen. Weitere Stacheln und Dorne richteten sich auf, und aus einigen Dutzend tanzenden Lichtern wurden Hunderte, Tausende.
    »Er hat seine Konfiguration verändert«, stellte Akir Tahlon fest, während sich die Concordia dem Gasriesen näherte, dessen Ringsystem das Licht der hundertachtzig Millionen Kilometer entfernten Sonne reflektierte.
    »Ist das Ihr Jae, von dem Sie mir erzählt haben?«, fragte Esebian. Er ruhte in seinem Stützgerüst, noch immer mit einer synthetischen Biomasse verbunden. Die Augen lagen tief in den Höhlen, und das eingefallene Gesicht war fast so grau wie das eines lebenden Toten. Genau dazu wurde er, zu einem Grauen. Höchstens ein oder zwei Wochen blieben ihm noch. Tahlon brachte kein Mitleid für ihn auf, aber er hätte es bedauert, einen Prozess gegen jemanden zu führen, der im düsteren Niemandsland zwischen Leben und Tod wandelte.
    »Es ist nicht mein Jae«, erwiderte Tahlon. »Und er heißt Jae-al-Escoe-Hoivinio-tan-Mauleon-Caliquire-tan-Nesluzan.«
    »Die Kommunikationsstrukturen im System

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