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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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übermittelt, hoben Kanten deutlicher hervor, zeichneten vage Linien nach und offenbarten dort Muster, wo das nicht von visuellen Erweiterungen unterstützte menschliche Auge nur gleichförmige Felswände sah.
    Das Bergmassiv war ein Würfel mit einer Kantenlänge von zweieinhalb Kilometern, und er bestand nicht aus Felsgestein, sondern aus einer Mischung von Metallen und synthetischen Materialien, weder Komposit noch Syntho. Entweder reichten die Sondierungssignale der Drohne nicht tief, oder sie hatte entschieden, nur einen Teil ihrer Daten preiszugeben. Unter den Außenflächen zeigten die grafischen Darstellungen Gespinste, die Esebian an die Netze der kleinen Weber erinnerten; der Rest dahinter, die Hauptmasse, blieb Spekulationen überlassen.
    »Es ist ein Saatschiff der Incera«, sagte die Drohne. »Nur ein Teil davon ragt aus dem Boden. Dieses Schiff scheint noch größer zu sein als jenes Exemplar, das wir in der Großen Magellan'schen Wolke gefunden haben.«
    »Wen meinen Sie mit ›wir‹?«, fragte Tahlon, bevor Esebian Gelegenheit dazu bekam.
    »Wir Magister«, antwortete die Drohne und setzte, inzwischen noch langsamer geworden, den Flug zur Zitadelle fort. Ein größerer Weber unter ihnen hob zwei seiner langen Beine und streckte sie ihnen entgegen, als wollte er sie einfangen.
    »Ein Saatschiff«, wiederholte Esebian leise. »Was hat es an Bord?«
    »Weber«, summte die Drohne. »Millionen von Webern für die Saat in Sonnensystemen, die noch nicht Teil des Filigrannetzes sind. Das Schiff ist nicht tot wie die Stadt. Einige der energetischen Emissionen kommen von dort, die anderen aus der Zitadelle.«
    Eine Minute verstrich, ohne dass jemand etwas sagte, und als die Drohne vor der Zitadellenmauer landete, fragte Esebian: »Warum fliegen wir nicht über die Mauer hinweg?«
    »Weil sich ein Schirmfeld über der Zitadelle spannt«, antwortete die Drohne. »Mich allein würde es kaum behindern, aber Sie beide könnten trotz der Schutzanzüge bei dem Versuch verletzt werden, das Kraftfeld zu durchdringen.«
    Esebian ging an der Mauer entlang, die aus dem gleichen Material bestand wie das Labyrinth auf Lahor. Er rechnete fast damit, ein Knacken und Knirschen zu hören und zu beobachten, wie strukturelle Veränderungen stattfanden. Aber es blieb alles still, bis auf die leise Stimme des Winds und das Summen der Drohne, die an ihm vorbei zum Portal schwebte. Es ragte mindestens ein Dutzend Meter weit empor und bestand aus zwei Flügeln – die Fuge zwischen ihnen war kaum breiter als ein Haarriss. Die Drohne verharrte davor, etwa einen Meter über dem Boden, und schickte einen Sondierungsstrahl über das schwarze Material des Portals. Tahlon stand direkt neben ihr, die rechte Hand am Griff des Variators.
    »Ich sehe keine Möglichkeit, das Portal zu öffnen«, sagte die Drohne schließlich. »Und vermutlich wäre es nicht klug, Gewalt anzuwenden. Dadurch könnten defensive Systeme aktiviert werden.«
    Ein Grollen kam aus der Ferne, und als Esebian sich umdrehte, sah er kleine Lichter über die vertikale Wand des vermeintlichen Bergmassivs tanzen.
    »Die energetische Aktivität nimmt zu«, stellte die Drohne fest.
    Esebian sah noch einmal am Portal hoch, hinter dem die Türme der Zitadelle aufragten. Dann trat er an der Drohne vorbei und streckte die Hand aus.
    »Was haben Sie vor?«, fragte Tahlon misstrauisch.
    »Nur ein Unsterblicher konnte die Transitmembran passieren«, summte die Drohne. »Vielleicht kann nur ein Unsterblicher das Portal öffnen.«
    Esebian legte die Hand auf das schwarze Material, und die taktilen Sensoren im Handschuh vermittelten ihm ein sanftes Prickeln.
    Der Haarriss zwischen den beiden Flügeln wurde breiter. Mit einem Geräusch, das wie ein dumpfes Ächzen klang, schwang das Portal nach innen und gab den Weg in die Zitadelle frei.
    Trotzdem rührte sich Esebian nicht von der Stelle, denn vor ihm, kaum zehn Meter entfernt, stand El'Kalentar, flankiert von El'Farah und El'Coradi. Und hinter den drei Erlauchten hielten mindestens fünfzig abtrünnige Graue der Ehernen Garde ihre Waffen bereit.
    El'Kalentar trat einen Schritt vor. Vielleicht stand er hinter einem Atmosphärenschirm, denn wie die anderen trug er keinen Schutzanzug, nur einen leichten Thermomantel. In seiner Stirn bewegte sich das kupferrote Eidechsenwesen.
    »Da steht mein Mörder«, sagte er. Auch er hielt eine Waffe in der Hand, etwas klobiger als Tahlons Variator.
    Esebians Mund bewegte sich wie von allein. »Ich

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