Kinder der Ewigkeit
Sensoren des Schutzanzugs: Sie verarbeiteten infrarote und elektromagnetische Emissionen zu einem Bild an der Innenseite des Helmvisiers, schufen die Illusion visueller Wahrnehmung. Eine riesige Stadt breitete sich vor dem gewaltigen Massiv aus, bestehend aus Gebäuden, die nicht höher als zwei oder drei Stockwerke waren. Dicht beieinander standen sie, als drängten sie sich zusammen, bildeten einen urbanen Teppich, in dem die schmalen Straßen und Wege aus dieser Höhe wie lose Fäden wirkten. Und in der Mitte dieser Stadt, umgeben von einer hohen Mauer schwarz wie die Nacht, erhob sich eine gewaltige Festung mit Hunderten von Metern hohen Türmen, viel größer noch als die Zitadelle von Mway. Im Zentrum der Bastion, die vermutlich ebenfalls von den Incera stammte, ragten die zylindrischen Elemente und Denksegmente eines Seeders auf.
Wolkenfetzen strichen an Esebian vorbei, und dann sah er das Gelände, in dem sein Aufprall stattfinden würde: eine Geröllhalde mit Felsbrocken, rund und kantig, in allen Größen: ein natürlicher Fleischwolf, der bestimmt nicht mehr als blutige Fetzen von ihm übrig ließ.
»Tahlon!«, rief Esebian in den Helmkommunikator. Noch achthundert Meter. »Hören Sie mich?«
Es drang nur Knistern aus dem Lautsprecher.
Fünfhundert Meter. Vierhundert. Die visuellen Sensoren zeigten jetzt Einzelheiten der Aufschlagstelle. Ein Gebäude befand sich in der Nähe, flach und mit schiefem Dach – er würde es nur um wenige Meter verfehlen. Esebian fragte sich, ob dort jemand wohnte, und was dieser Jemand hören und kurze Zeit später sehen würde, wenn er sein Haus verließ.
Das Tier kehrte zurück, zeigte ihm die Krallen und fauchte spöttisch. Und Esebian schrie erneut, denn dies waren die letzten Sekunden seines unsterblichen Lebens.
Ein Schatten erschien neben ihm, oval und mit einer lädierten Vorderseite, und Esebian streckte die Hände danach aus, noch bevor er begriffen hatte, dass es sich um die erste Magisterdrohne handelte. Ein Summen durchdrang das wie zornig und enttäuscht klingende Zischen der Luft, und an der Innenseite des Helmvisiers erschienen Anzeigen, mit denen Esebian nichts anfangen konnte. Der Boden sprang ihm entgegen, mit scharfkantigen Felsen. Und dann riss ihn etwas aus dem Sturz, so abrupt, dass der teilweise neue Körper mit heftigem Schmerz protestierte, und Esebian schwanden die Sinne. Als er kurze Zeit später wieder zu sich kam, lag er nicht weit vom Gebäude mit dem schiefen Dach entfernt zwischen den Felsen und blickte in die Mündung einer Waffe. Darüber starrten ihn zwei Augen hinter einem Helmvisier an.
»Wie haben Sie das gemacht?«, kam Tahlons Stimme aus dem Helmlautsprecher, und gleichzeitig hörte er sie, dumpfer, über die akustischen Sensoren. »Lässt es sich rückgängig machen?«
»Was?«, brachte Esebian hervor. Nur etwa zwanzig Zentimeter trennten den Lauf des Variators von seinem Helm.
»Wie haben Sie es angestellt, die Transitmembran sofort hinter sich zu schließen? Jaes Drohne und ich kamen einigermaßen unbeschadet durch, aber die Grauen unmittelbar hinter uns hat es erwischt, und die anderen bekamen gar keine Gelegenheit zu einem Transfer.«
Ein großer Schatten näherte sich und ragte neben Tahlon auf. »Präfekt …«, summte die Drohne.
Esebian stand langsam auf. Sein Körper schmerzte noch immer, aber er schien sich nichts gebrochen zu haben. Er fragte sich, ob er noch immer zahlreiche Nanomaschinen in sich trug, die organische und strukturelle Schäden reparieren konnten. »Sie haben es ernst gemeint, nicht wahr? In der Immersion. Als sie mich dazu brachten, alles zu erzählen. Sie sprachen davon, wie sehr Sie mich verabscheuten. Und es war Ihr Ernst.«
»Wie haben Sie es angestellt, verdammt?«, stieß Tahlon hervor. Die Hand mit der Waffe zitterte ein wenig. »Und wie können wir zurückkehren? Haben Sie eine Möglichkeit, die Transitmembran zu kontrollieren?«
»Ich kann überhaupt nichts kontrollieren. Es muss einen Sicherheitsmechanismus in der Membran gegeben haben.«
»Vielleicht stecken Sie ja mit El'Kalentar und den anderen unter einer Decke.«
»Sind Sie übergeschnappt, Tahlon? Hat Ihnen der Schrei beim Transfer den Verstand geraubt?«
Tahlon zögerte. »Der Schrei? Welcher Schrei?«
»Präfekt …« Die Drohne stieg auf, und Esebian fühlte sich hochgehoben. Ein Gravitationsfeld erfasste ihn und auch Tahlon. »Lassen Sie uns keine Zeit verlieren. Wir müssen zum Seeder in der Zitadelle.«
Tahlon steckte
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