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Kinder der Ewigkeit

Kinder der Ewigkeit

Titel: Kinder der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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spürte, wie sich fast so etwas wie verletzter Stolz in ihm regte. »In welche Richtung wollte El'Kalentar die Ereignisse mit seiner Ermordung lenken? Was wollte er bezwecken?«
    El'Farah steuerte die Kugel langsam an der Flanke der Konnektoren entlang. »Schon damals suchte er nach einer Möglichkeit, uns Freiheit zu geben, und jetzt ist es so weit.«
    »Die Magister«, sagte Esebian, und es klang fast wie ein Ächzen. Er begann zu verstehen.
    El'Farah warf ihm einen Blick zu, und wieder nahm der Druck, den Esebian im Innern seines Schädels spürte, kurz zu. »Ja, natürlich«, sagte sie. »Freiheit von den Magistern und ihren Regeln. Seit Jahrtausenden sind sie es, die letztendlich die Geschicke des Direktoriats bestimmen.«
    »Aber die Direktoren …«, wandte Esebian schwach ein.
    »Ihre Befugnisse bewegen sich im Rahmen der Regeln, und die Regeln werden allein von den Magistern bestimmt. Maschinen, El'Esebian!« El'Farah sprach jetzt mit mehr Nachdruck, während sie an einem gewaltigen Maschinenkomplex vorbeiflogen, den die Incera vor vielen Jahrtausenden erbaut hatten. »Maschinen regieren uns, seit der Mensch die Unsterblichkeit errungen hat. Sie wachen sogar über unser ewiges Leben, denn die Technik der Therapien stammt von ihnen. Wie auch die Maschinenkerne der Hohen Welten. Es wird Zeit, dass wir unser Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen.«
    Esebian dachte daran, wie oft er voller Hass an die Magister gedacht hatte, die den makelbehafteten Bewohnern der Gemischten Gebiete die Unsterblichkeit vorenthielten. Ihre Herrschaft war … eisern, kompromisslos, ohne Anteilnahme. Aber auch unparteiisch und objektiv, musste er eingestehen, auf eine kalte, gleichgültig erscheinende Weise. Wer ihre Regeln nicht achtete – auch die unter ihnen, die absurd erscheinen mochten –, bekam keine Meriten, und ohne Meriten gab es keinen Weg zur Unsterblichkeit.
    »Eine … Revolution?«, brachte er hervor.
    »Wir haben die Seeder«, sagte El'Farah. »Und unsere Brainer. Damit können wir die ökonomischen Infrastrukturen des Direktoriats kontrollieren. Wir haben die Weisheit gelebter Jahrtausende. Und wir haben dies.« Die Unsterbliche deutete zum Maschinenberg, der selbst im Licht der künstlichen Sonnen dunkel blieb. »Morgen brechen wir mit dem Saatschiff auf. Es wird Zeit für die Woge.«
    Esebian erinnerte sich daran, dass El'Farah in diesem Zusammenhang die Filigrane erwähnt hatte, und wieder stieg etwas aus den trüben Tiefen seines Unterbewusstseins auf. »Die Destabilisierung der Filigrane …«
    »Aberrationen«, sagte die Erlauchte. »Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, die Kommunikation der Magister zu behindern oder ganz zu blockieren, doch die ersten Weberlarven, die wir in die Filigrane schickten, gerieten schnell außer Kontrolle. Sie neutralisierten nicht nur bestimmte Signale der Magister, sondern veränderten auch die Struktur der Transittunnel. Die entführten Seeder haben uns auch dabei geholfen. Die Larven im Saatschiff sind modifiziert und werden das tun, was wir von ihnen erwarten.«
    »Und was ist das?«, fragte Esebian, obwohl er es bereits wusste. Es war keine Erkenntnis, sondern mehr ein instinktives Erahnen von Zusammenhängen.
    »Es sind genug, um sie durch alle Filigrane zu schicken«, sagte El'Farah. Ihre langen Finger strichen durch die virtuellen Kontrollen, und die Kugel änderte den Kurs. Die Konnektoren mit ihren Millionen sich bewegenden Einzelkomponenten blieben hinter ihnen zurück. »Sie werden nicht nur die Kommunikation der Magister blockieren, sondern auch die Transittunnel der Filigrane. Die neuesten Berechnungen zeigen, dass wir schneller handeln müssen als zunächst geplant.« Sie lächelte wieder und legte ihre Hand kurz auf Esebians Arm. »Morgen endet die Regentschaft der Maschinen.«
    Esebian starrte auf die Stelle seines neuen linken Arms, wo eben für eine Sekunde El'Farahs Hand geruht hatte. Ein seltsames Brennen ging davon aus.
    »Es ist die Sphäre«, sagte die Erlauchte. »Seien Sie unbesorgt, El'Esebian. Sie werden sich daran gewöhnen.«
    »Die Sphäre …«
    »Ihre Benommenheit, das Gefühl nicht ganz bei sich zu sein … Es sind Symptome des Hineinwachsens in die Sphäre. Sie werden immer mehr Teil der Welt der Unsterblichen, El'Esebian. Die Sphäre enthält unsere Erfahrungen, unser gelebtes Leben, und sie bietet Ausblicke auf das, was vor uns liegt. Es ist ein angenehmer Ort, Sie werden sehen. Ich bringe Sie jetzt zurück«, fügte sie hinzu, als

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