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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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und trat in den Schatten zurück.
    Drei Männer saßen an dem Tisch; bei zweien handelte es sich eindeutig um Eintreiber - schwarze Ledermäntel, Hälse breiter als die Köpfe, ausdruckslose Blicke -, aber der dritte war ein kleiner Mann mit einem armseligen Bartflaum und Aknenarben, die man selbst aus der Entfernung sehen konnte. Er winkte Kate und Lucian zum Tisch.
    »Setzen«, sagte er auf englisch und deutete auf zwei Klappstühle.
    Kate blieb stehen.
    »Das ist Amaddi«, sagte Lucian. »Er und ich haben ... früher schon Geschäfte gemacht.«
    Der kleine Mann grinste und ließ überaus weiße Zähne sehen. »Ein Sony-Diskman ... ein Onkyo-Stereoempfänger ... fünf Paar Levi's 501 ... vier Paar Nike-Schuhe, einschließlich der neuen Nike-Air-Laufschuhe ... ein Abo für den Playboy. Ja, wir haben gute Geschäfte gemacht.«
    Lucian verzog das Gesicht. »Du hast ein gutes Gedächtnis.«
    Der junge Araber sah Kate an. »Sie Amerikanerin?«
    Es war keine Frage, daher versuchte Kate erst gar nicht zu antworten.
    »Was möchten Sie gerne kaufen, Madame? Möglicherweise Geld? Ich kann Ihnen einen Kurs von zweihundertfünfzig Lei pro Dollar bieten. Vergleichen Sie das mit dem offiziellen Kurs von fünfundsechzig Lei pro Dollar.«
    Kate schüttelte den Kopf. »Ich möchte Informationen kaufen.«
    Amaddi zog die Brauen hoch. »Gute Informationen sind immer ein seltenes Gut.«
    Kate kramte in der Handtasche. »Ich bin bereit, für dieses spezielle Gut zu bezahlen. Lucian hat gesagt, Sie arbeiten für die Nomenklatura.«
    Amaddis Brauen waren hochgezogen geblieben, jetzt lächelte er verhalten. »In diesem Land, Madame, arbeitet jeder für die Nomenklatura.«
    Kate kam einen Schritt näher an den Tisch. »Ich habe Grund zu der Vermutung, daß Mitglieder der Nomenklatura meinen Adoptivsohn entführt und von Amerika nach Bukarest gebracht haben. Zumindest aber nach Rumänien. Ich möchte ihn finden.«
    Amaddi blinzelte eine ganze Weile nicht. »Und warum ... in diesem Land mit zu vielen ungewollten Kindern ... warum sollte jemand, Nomenklatura oder Bauer ... noch ein Kind stehlen?«
    Kate sah dem jungen Mann in die Augen. In dem schlechten Licht sah es aus, als wäre die Iris vollkommen schwarz. »Ich bin nicht sicher, warum. Mein Sohn - Joshua - kam vor einem Jahr in Rumänien zur Welt. Obwohl er ein Waisenkind war, wollte ihn jemand wiederhaben. Jemand Wichtiges. Jemand mit genügend Macht und Geld, Agenten nach Amerika zu schicken. Wenn Sie etwas von einem Kind gehört haben, das hierher zurückgekommen ist, bezahle ich für diese Information.«
    Amaddi legte die Fingerspitzen aneinander. Die beiden Männer neben ihm sahen gleichgültig vor sich hin. Es war sehr still in dem Raum, der nach Gewürzen und kräftigem Aftershave roch.
    »Ich weiß nichts von einem Kind«, sagte Amaddi bedächtig. »Aber ich habe einen Kunden, der sehr hoch in der ... wie soll ich sagen? der inoffiziellen Nomenklatura steht. Wenn jemand etwas von einem derart unwahrscheinlichen Vorkommnis weiß, dann wäre es mein Kunde.«
    Kate wartete. Sie bemerkte am Rande, daß Lucian ihre Aufmerksamkeit erwecken wollte, aber sie ließ den jungen arabischen Studenten nicht aus den Augen. Dieser ergriff zuerst das Wort.
    »Mein Kunde ist ein sehr mächtiger Mann«, sagte er leise. »Wenn ich Ihnen seinen Namen nennen würde, würde ich selbst ein großes Risiko eingehen.«
    Kate wartete noch einmal dreißig Sekunden, bis sie sagte: »Wieviel?«
    »Zehntausend«, sagte Amaddi mit gleichgültigem Gesicht. »Zehntausend amerikanische Dollar.«
    Kate schüttelte fast traurig den Kopf. »Diese Information ist nicht das Gut, das ich brauche. Sie garantiert mir nichts. Der Mann weiß vielleicht gar nichts von meinem Kind.«
    Amaddi zuckte die Achseln.
    »Ich würde fünfhundert amerikanische Dollar für seinen Namen bezahlen«, sagte Kate. »Um meinen Willen zu zeigen, mit einem ehrlichen Mann wie Ihnen Geschäfte zu machen. Und wenn Sie andere Informationen bekommen - Informationen, die es auch wirklich wert sind -, dann können wir uns über derart hohe Summen unterhalten.«
    Amaddi holte ein Streichholzbriefchen heraus, schlug es auf und stocherte mit einem Streichholz in seinen Backenzähnen. Sein Blick fiel einen Moment auf seine Spießgesellen. »Möglicherweise habe ich die Bedeutung dieser Person nicht richtig hervorgehoben«, sagte er. »Wenige andere ... wenn überhaupt ... wissen, daß er Mitglied der Nomenklatura ist. Dennoch nimmt er einen so hohen Rang

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