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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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fuhren. »O'Rourkes Idee«, sagte Kate.
    Sie hatten einen Platten, den Lucian mit Kates Hilfe im Licht der wenigen Sterne wechselte, die zwischen den Wolken zu sehen waren. Der Ersatzreifen war dermaßen geflickt und abgefahren, daß sie sich nicht vorstellen konnte, wie sie damit noch viel weiter kommen wollten. Es ist auch nicht mehr weit, beruhigte sie sich. Fünfzehn Kilometer. Das wird der Reifen aushalten.
    Wenn du nicht vorhast zurückzufahren, ergänzte ein anderer Teil ihres Verstandes.
    Einen Kilometer weiter bog das Gleis nach Westen durch Tunnel in die Făgăraş-Berge ab. Kate machte sich zu Fuß auf den Weg, bis sie in der Dunkelheit zwei zugewachsene Fahrrinnen gefunden hatte, dann holperten sie den alten Zufahrtsweg entlang, bis sie eine aus zwei Planken bestehende Brücke über den Fluß und die Autobahn 7C erreicht hatten, die an der Zitadelle vorbeiführte.
    Lucian stieg aus dem Auto aus, Kate gesellte sich zu ihm. Die Straße war verlassen, aber sie hatten vorher schon Gegenverkehr gesehen. Im Osten und Westen ragten Vorgebirge auf und gingen in Gebirgsmassive über, die in Dunkelheit und Wolken verschwanden. Im Norden wurde das Tal zunehmend schmaler, so daß Kate an eine leicht offenstehende Tür denken mußte. In die Dunkelheit.
    Lucian deutete auf ein orangefarbenes Leuchten vor den Wolken über den Gipfeln vor ihnen. »Sie haben die Stätte der Zeremonie bereits beleuchtet.« Er sah auf die Uhr. »Viertel nach zehn. Die Zeit vergeht wirklich wie im Fluge, wenn man sich amüsiert.«
    Kate war zumute, als müßte sie mit den Fäusten auf das Autodach hämmern. Statt dessen berührte sie Lucian am Arm. »Wir können nicht so weiter kriechen. Wie kommen wir schneller hin?«
    Er grinste sie an. »Was würden Sie dazu sagen, daß wir einfach fahren? Vielleicht haben sie so nahe keine Straßensperre mehr.«
    »Wie nahe sind wir?«
    Er sah zu der schwarzen Tür in den Bergen. »Drei Meilen. Vier.«
    Kate ging auf die Straße. »Ich sehe keine Scheinwerfer wie bei den anderen Straßensperren.«
    Lucian nickte. »Vielleicht haben wir sie alle hinter uns gelassen. Vielleicht liegt nichts mehr zwischen uns und der Zitadelle als Parkplätze für die Strigoi.«
    Kate versuchte zu lächeln, stellte aber fest, daß sie statt dessen den Tränen nahe war. Sie ging zu Lucian und legte die Arme um ihn.
    »Was ist, Babe?« flüsterte er.
    Sie schüttelte den Kopf und spürte, wie weich seine Wange war. »Danke, Lucian. Danke, daß du ... ihn heute ... aufgehalten hast.« Ihr Hals war so zugeschnürt, daß sie nicht mehr sagen konnte.
    Lucian tätschelte ihr verlegen den Rücken. Kate lächelte durch unterdrückte Tränen bei dem Gedanken, wie jung er war, wie unternehmungslustig. Sie küßte ihn auf die Wange und trat zurück. »Okay, finden wir den Parkplatz.«
     
    Keine zwei Meilen weiter stießen sie auf eine Straßensperre.
    Keine Scheinwerfer, keine Militärlastwagen, nur zwei schwarze Lieferwagen der Strigoi, die hinter ihnen aus dem Wald gefahren kamen, während ein schwarzer Mercedes und eine Art Panzerwagen hinter einer Kurve in der Straße auftauchten.
    Lucian trat auf die Bremse, der Dacia kam schlitternd zwischen den beiden Hindernissen zum Stillstand. »Verdammt«, flüsterte er.
    Hier gab es keine Schleichwege, keine hilfreichen Eisenbahnschienen, keinen offensichtlichen Ausweg. Die Strigoi hatten diese Falle gut vorbereitet: auf beiden Straßenseiten fiel die Böschung zweieinhalb bis drei Meter steil ab, links jenseits des Straßengrabens verlief der Fluß, rechts ragte die Felswand auf.
    Suchscheinwerfer leuchteten auf dem Panzerwagen auf, die schmutzige Windschutzscheibe des Dacia wurde milchig vom weißen Licht. Kate blinzelte und schirmte die Augen ab, aber der grelle Schein war wie ein körperlicher Angriff.
    Jemand rief ihnen mit Megaphon etwas zu.
    »Sie möchten, daß wir langsam zu ihnen fahren«, flüsterte Lucian. Er grinste breit und winkte den unsichtbaren Gestalten hinter dem Scheinwerfer mit den Händen. »Sie möchten, daß wir die Hände oben lassen.«
    Kate legte die Hände auf das Armaturenbrett. Lucian ließ seine beiden auf der oberen Rundung des Lenkrads. Er legte den Gang ein und fuhr im Schrittempo auf den Mercedes und den dreißig Meter entfernten Panzerwagen zu.
    Wieder wurde etwas Rumänisches in das Megaphon gebellt.
    »Sie möchten, daß wir anhalten und aussteigen«, sagte Lucian. Er hielt an. »Ich will eigentlich nicht anhalten und mit diesen Typen reden,

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