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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Schatten über seinen eigenen hinaus.
    Die Studenten schwiegen, selbst Liane sagte nichts.
    „Richtet ihm meinen Glückwunsch aus“, sagte Maris. Dann wandte sie sich um und ging ins Haus.
    Ihr Zimmer war kalt und klamm. Maris entzündete ein Feuer und erhitzte den Kivas, den sie in Sturmstadt gekauft hatte. Sie trank bereits ihre dritte Tasse und entspannte sich endlich, als Sena unaufgefordert den Raum betrat und sich setzte.
    „Wie gehen die Übungen voran?“ fragte Maris.
    „Er flog gegen alle“, sagte Sena. „Damen hat sich tapfer geschlagen, aber jetzt hat er die Nase voll. Für heute hat er die Flügel an den Nagel gehängt. Danach brannten sie alle darauf, ihn herauszufordern.“ Sie lächelte, sichtlich erfreut über den Ehrgeiz ihrer Schüler. „Er schlug Sher und Jan mit Leichtigkeit und machte Kerr und Egon geradezu lächerlich. Egon wäre beinahe’ ins Wasser gestürzt. Nur S’Rella war ihm ebenbürtig. Sie hat ihm alle Tricks nachgemacht, die er benutzte, um Damen zu schlagen. Wirklich ein pfiffiges Mädchen.“
    „Er hat sechs Rennen bestritten?“
    „Sieben“, sagte Sena lächelnd. „Liane hätte ihn beinahe geschlagen. Der Wind hat sich jetzt zu einer steifen Brise entwickelt. Die Turbulenzen haben Val gehörig durchgeschüttelt. Er ist zu dünn und nicht so stark wie er sein könnte. Er muß noch kräftig Klimmzüge und Liegestützen trainieren. Und natürlich war er zu dieser Zeit auch schon müde. Aber Liane bestand auf dem Rennen. Liane kann gut mit rauhen Winden umgehen. Er hat Muskeln wie eine Szylla. Manchmal kommt mir die Art und Weise, wie er die Flügel herumreißt, so vor, als kraule er mit bloßer Muskelkraft durch den Himmel. Trotzdem hat Val ihn knapp besiegt. Schließlich wollte auch noch Leya gegen ihn antreten, aber der Sturm stand kurz vor dem Ausbruch, und ich habe sie alle ins Haus gejagt. Na Maris, was hältst du nun von Einflügler?“
    Während sie nachdachte, goß Maris der Lehrerin einen Krug Kivas ein.
    „Ich glaube, er fliegt ganz gut“, sagte sie schließlich, „trotzdem kann ich nicht vergessen, was er Ari angetan hat. Auch hat mir die Sache mit dem Messer heute nicht gefallen. Aber ich kann sein Talent nicht bestreiten.“
     
    „Wird er siegen?“
    Maris trank einen Schluck und spürte die Wärme hinunterfließen. Für einen Moment schloß sie die Augen und lehnte sich zurück. „Vielleicht“, sagte sie. „Ich kenne ein Dutzend Flieger, die sich heute nicht so gut geschlagen hätten. Aber ich kenne auch ein weiteres Dutzend, das besser ist als er, das seine Tricks und noch viel mehr kennt. Sag mir, wen er herausfordern wird, und ich sage dir, wie seine Chancen stehen. Davon abgesehen – Geschwindigkeit ist nur ein Aspekt der Fliegerei. Im Wettkampf zählen auch Anmut und Präzision.“
    „Und ob“, sagte Sena. „Hilfst du mir, ihn für den Wettkampf vorzubereiten?“
    Maris starrte auf den grauen Steinfußboden. „Du bringst mich in eine schwierige Lage“, erwiderte sie, „und das wegen jemand, den ich nicht einmal mag.“
    „Also dürfen nur jene fliegen, die deine Zustimmung finden?“ sagte Sena. „Hast du vor sieben Jahren etwa für dieses Prinzip gekämpft?“
    Maris hob den Kopf und traf Senas Blick. „Du kennst meine Meinung. Die besten Flieger sollen die Flügel tragen.“
    „Und du gibst zu, daß Val Talent hat“, sagte Sena. Während sie auf eine Antwort wartete, trank sie einen Schluck Kivas.
    Maris nickte zögernd. „Aber wenn er tatsächlich gewinnen sollte, werden sich die anderen wieder an die Vergangenheit erinnern. Du nennst ihn zwar Val, aber für sie wird er immer Einflügler sein.“
    „Ich habe dich ja nicht gebeten, während seiner restlichen Fliegerlaufbahn Wache für ihn zu fliegen“, sagte Sena scharf. „Ich habe dich nur gefragt, ob du mir dabei hilfst, daß er seine Flügel bekommt.“
    „Was soll ich deiner Meinung nach tun?“
    „Nur das, was du auch für die anderen getan hast. Zeige ihm seine Fehler. Laß ihn an deinen langjährigen Flugerfahrungen teilhaben. Unterrichte ihn so, als wäre er dein eigenes Kind. Gib ihm Ratschläge. Treibe ihn an. Fordere ihn heraus. Er ist schon zu gut, um noch aus Wettkämpfen gegen meine Holzflügler etwas zu lernen. Außerdem hast du ja gesehen, daß er nicht auf mich hört. Ich bin alt und verkrüppelt und fliege nur noch in meinen Träumen. Aber du bist eine aktive Fliegerin und offensichtlich eine der besten. Auf dich wird er hören.“
    „Das sollte mich

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