Kinder des Donners
?
Gutes Wort. Ich überredete ihn, die Flasche auszu- trinken und dann so schnell wie möglich nach Hause zu fahren.
Auf was ist er geprallt?
Auf gar nichts. In einer Kurve wurde sein Wagen von der Straße, die an einem Fluß entlangführte, getragen
und landete in drei Meter hohem Wasser.
Wie hast du dich hinterher gefühlt?
Ich müßte lügen, wenn ich sagen würde »besser«!
Wie lange hat es gedauert bis zum nächstenmal?
Was macht dich so sicher, daß es ein Nächstesmal gab?
Du hattest immer noch niemanden, dem du es hättest er- klären können.
Nein, das stimmt... Also gut. Als nächstes war je- mand dran, der mich bekehren wollte. Eine weibliche Missionarin sozusagen. Sie war überzeugt davon, daß ich ein Vehikel des Teufels sein müßte. Und weißt du was? Inzwischen war ich zu dem gleichen Schluß ge-
kommen. Entweder verhielt es sich so, oder ich war gei- steskrank oder...
Oder ...?
Oder gar nichts. Das wollte ich nicht sagen. Ich wollte sagen, daß ich am Anfang ihr Auftauchen in meinem Leben begrüßte. Falls ich irgendwie — nun ja — Zu- flucht finden könnte vor meinen Ängsten um mich selbst, indem ich zu einer Religion übertrat, ein Glau- bensmuster übernahm, das dem, was ich war und was ich getan hatte, einen Sinn verlieh, würde es mir wieder
besser gehen, so dachte ich; ich wäre wieder fähig, mir selbst ins Gesicht zu sehen, mich damit abzufinden ... Verstehst du?
Sehr gut. Und ich bin der einzige Mensch, dem du je begeg-
net bist, der dazu in der Lage sein könnte. Sie war es nicht — diese Missionarin.
Das soll wohl keine Frage sein.
Nein,
Jedenfalls hast du recht. Ich habe nicht viele religiöse Menschen kennengelernt, weißt du. Oh, um den Schein zu wahren, gibt es einen Geistlichen an der Schule, doch er kommt nur auf Anforderung, um den Kindern, deren Familien darauf bestehen, zu Diensten zu sein — wie wir sagen. Viele gibt es nicht davon ... Aber diese eine war total beschränkt, wenn du weißt, was ich mei-
ne. Sie kannte die Antwort — sie hatte sich entschieden
— und ihr einziges Lebensziel war, mich dazu zu brin- gen, ihre Predigten zu schlucken.
Das hast du nicht gemacht.
Wie konnte ich sie ernst nehmen, nachdem ich her- ausgefunden hatte, daß sie der festen Überzeugung war, die Bibel sei auf englisch geschrieben?
Hm-hm.
Überrascht dich das denn nicht?
Überhaupt nicht. Mir sind viele ähnliche Fälle unterge-
kommen, besonders in den Vereinigten Staaten.
Tu nicht so widerlich neunmalklug!
Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, daß ich bis jetzt ein abwechslungsreicheres und interessanteres Leben geführt habe. Was hast du mit der — Missionarin gemacht? .
Oh ... letzten Endes habe ich sie — dazu überredet, die Liebe Gottes auf die Probe zu stellen. Das war nicht schwer.
Und...?
Man hat sie danach in dem alten Stall hinter der Schule erhängt aufgefunden.
Und danach ging es dir wieder besser?
Nein.
Erkläre, warum nicht!
Ich weiß nicht, warum ich dir das alles erzähle. Ich meine, ich kenne dich überhaupt nicht.
Du weißt genau, warum. Du wußtest es gleich im ersten
Augenblick, als ich den Raum betrat.
Ja, ja. Ich glaube, das tat ich wirklich. Ich wollte ein- fach nicht, wie du sagtest, der Wahrheit ins Gesicht se- hen. Ich will es immer noch nicht.
Aber du wirst es tun.
...Ja.
Also erkläre, warum es dir diesmal hinterher auch nicht besser ging.
Wegen ... wegen der Verantwortung.
Was für eine Verantwortung?
Wenn du das nicht weißt, wer sollte es sonst wissen?
Hast du die heutigen Nachrichten im Fernsehen nicht
gesehen? Von dem verrückten Jungen, der den Erzbi- schof erschossen hat? Man konnte nicht hören, was er rief, aber es war leicht an seinen Lippen abzulesen.
»Ich bin Christ, verdammt noch mal, oder etwa nicht? Und es geht mir auf den Wecker, daß ihr so tut, als wären die Reis- fresser und Nigger genausogut wie ich!«
Du hast es also gesehen.
Natürlich.
Und waren die gestrigen Nachrichten vielleicht bes-
ser, oder die vorgestrigen? Erwartest du für morgen et- was Besseres?
Das ist es also, was du meinst, wenn du von Verantwor-
tung sprichst?
Was denn sonst?
»Die Zeit ist aus den Fugen; Schmach und Gram ...
.. . daß ich zur Welt, sie einzurichten, kam!« Ja. Na- türlich ist das eine völlig verrückte Idee. Und doch kann
ich mich ihr nicht entziehen. Ich scheine irgendwie — Macht zu besitzen, und alle sagen, ich sei überdurch- schnittlich intelligent, und ... na ja, zum Teufel, was soll
ich
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