Kinder des Donners
der englischen Stadt, in der sie geboren worden war, hinausgekommen war; und dann wiederholte sich das Spiel, weil sie ihm eine zweite Kopie schickte, aus Angst, die erste könnte verlorengegangen sein ...
Eines Tages würde er sich eins von diesen neuen Din- gern kaufen, die allen Schrott automatisch löschten, es sei denn, man gab ihnen einen gegenteiligen Befehl. Doch die Nachfrage danach war so groß, daß sich der Preis dafür in unerschwinglichen Höhen bewegte, so wie der Preis für Wasserkläranlagen dieses Jahr in Kali- fornien.
Bei Kalifornien fiel ihm ein: Vielleicht sollte er irgend- wann mal Kontakt aufnehmen mit Harry Shay, der ebenfalls an dieses Netz angeschlossen war. Da er im Gebiet des alten Silicon Valley lebte, litt er wahrschein-
lich auch unter den Auswirkungen des vergifteten Was- sers. Vielleicht ließe sich aus dem, was er zu sagen hat- te, sogar ein kleiner Bericht machen, vorausgesetzt, die Fernseh- und Zeitschriftenredakteure hatten noch nicht die Nase voll von den ewig gleichen Katastrophenge- schichten, immer wieder und wieder.
Ich weiß, daß ich die Nase voll davon habe, sie zu schreiben.
Im Fernsehen gab es immer noch nichts, das das Zu-
schauen lohnte: ein Haufen idiotischer Quizsendungen, alberner Geschicklichkeitsklamauk, eine Reihe von Wie- derholungen, von denen ein Teil ebenfalls Quizsendun- gen waren oder alberner Geschicklichkeitsklamauk ... Ein skandinavisches Satellitenprogramm war auf neuar- tige Interactive-Sendungen spezialisiert, was als die aufregendste und größte Errungenschaft des Mediums gefeiert wurde, doch offensichtlich wurde es von alten Säcken von pubertärem Geist gestaltet, die vor allem scharf auf Titten und Arschbacken waren. Herrje! Einer
der Gründe, warum er — und andere Bewohner — sich eine Wohnung in diesem Gebäude — einem ehemaligen
Schwesternheim — gekauft hatten, war der, daß die Be- sitzer die Errichtung einer Satellitenempfangsantenne auf dem Dach versprochen hatten. Wie konnte er oder
irgend jemand sonst nur so naiv sein anzunehmen, grö- ßere Quantität an Programmen garantiere größere Qua- lität!
In seiner Niedergeschlagenheit spielte er mit dem Ge- danken, die Whiskeyflasche leerzutrinken, doch die Vernunft siegte, und er machte sich statt dessen eine Tasse Tee. Er hatte für morgen einen weiteren Termin, zwar auch nicht mehrversprechend als der heutige, aber immerhin besser als nichts; er durfte also nicht riskie- ren, morgen einen Kater zu haben. Doch nachdem er den Tee getrunken hatte, hatte er immer noch keine Lust, ins Bett zu gehen. Einige der besorgniserregenden Andeutungen, die er auf der Computerkonferenz aufge- schnappt hatte und die er niemals gewagt hätte in sei- ner Story zu verwerten, bohrten noch irgendwo in sei- nem Denken. Das Zusammentreffen mit Leuten, die
ständig high waren vor Begeisterung über ihr eigenes Fachgebiet hatte stets diese Wirkung auf ihn. Was er vor allem wollte, war der Zugriff auf eine mathematische Datenbank, und außerdem hätte er gern seine Kennt- nisse in der Theorie der Primzahlen auf den neuesten Stand gebracht...
Zugriff auf eine Datenbank!
Natürlich. Das war der beste Weg, um aus den Pha- sen der Untätigkeit in seinem Leben das Beste zu ma- chen. Es war fast eine Woche her, daß er die verschiede- nen Informationsdienste, an die er angeschlossen war,
abgerufen hatte. Welchen Sinn hatte es, Geld von sei- nem Konto fließen zu lassen wie Blut aus einer Wunde,
wenn er von den Dienstleistungen, für die er zahlte, kei- nen Gebrauch machte?
Zugegeben, es würde entschieden mehr Spaß ma-
chen, sich an Minitel anzuschließen — er war der fran- zösischen Sprache einigermaßen mächtig — und sich die Zeit von AMY oder AMANDINE oder einem ande- ren der Erotikdienste vertreiben zu lassen; etwas Ähnli- ches war in Großbritannien nie erlaubt gewesen, ob- wohl sie sich beidseits des Kanals größter Beliebtheit er- freuten. Einige Leute bewunderten den gesunden Men- schenverstand der französischen Behörden; durch die Förderung der Masturbation konnte man AIDS mögli-
cherweise so lange eindämmen, bis genügend Impfstoff
zur Verfügung stünde, um mit der Krankheit wie mit Pocken umzugehen. Er hatte sogar einen Artikel zu die- sem Thema verfaßt, doch er war abgewiesen worden.
Ein Angriff auf die religiöse Minderheit...
Seine Verachtung für das Interactive-Programm, das er soeben ausgeschaltet hatte, ließ etwas nach. Er fragte sich, welche Gefühle die scheinheiligen
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