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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Moralapostel
wohl bekämen, wenn sie auf diesen Sender schalten
würden.
    Doch — automatisch tippten seine Finger den Code ein, mit dem er seinen Kontostand abrufen konnte, und im ersten Moment bekam er einen Schreck, bis ihm ein- fiel, daß das Geld, das er jetzt von Jake Lafarge zu er- warten hatte, ein ganz stattliches Sümmchen war, das ihn gut eine oder zwei Wochen über Wasser halten wür- de — doch was er in diesem Moment brauchte, war ein
gewisses finanzielles Polster. Er mußte eine Superstory finden und sie zum Höchstpreis verkaufen, und Jake suchte so etwas.
    Nun denn: zurück auf den Boden der Tatsachen. Es gab einen amerikanischen Infodienst mit dem Namen BIOSOC, bei dem er schon viele verwertbare Hinweise gefunden hatte. Wenn er sich jetzt nur erinnern könnte, wie er an den Zugriffscode gelangt war ...
    Ach ja. Irgend etwas hatte der eine Redner heute gesagt, derjenige, der die Witzchen gemacht hatte. Achten Sie stets darauf, daß niemand Ihren Gedankengang nachvollziehen
    kann, auch wenn Sie befürchten, selbst den Code zu vergessen,
den Sie sich ausgedacht haben. Wählen Sie etwas, das sie nie-
mals vergessen werden und das nie jemand erraten wird, und verstecken Sie alle Ihre Codewörter dahinter. Und schreiben Sie sie niemals in Klarschrift auf!
    Ein alter Hut, aber nichtsdestoweniger gültig, weil er-
probt und wahr. Hier war der Beweis. Da ihn etwas dar- an erinnerte, brauchte er den Mastercode nicht zur Hilfe
zu nehmen; der Code war der Name einer Frau, von der
er als Teenager geträumt und in die er sich verliebt hat- te, ohne sie selbst oder eine andere, die ihr im entfernte- sten ähnelte, jemals kennengelernt zu haben, deren Na- me sich jedoch in seiner Erinnerung eingeprägt hatte — ein Name, den er niemals ausgesprochen oder niederge- schrieben hatte. Wenn es ihm bestimmt sein sollte, ei- nes Tages einer Person dieses Namens zu begegnen ...
    Es war bisher nie geschehen. Das war nicht schlimm.
Er hatte sich daran erinnert, wie er sich den Zugriff auf BIOSOC verschaffen konnte, dem Dienst, der sich auf drei Bereiche spezialisiert hatte, die für ihn von großer Bedeutung waren: Medizin, Biologie und Genetik sowie der Zusammenhang zwischen diesen Dingen und dem menschlichen Verhalten. Er tippte seinen aus vierzehn Buchstaben bestehenden Code ein, der — da es sich um eine amerikanische Datenbank handelte — lautete: THEBEERISTOOCOLD, und wartete auf das Aufleuch- ten des Bildschirms.
    Natürlich erwartete er nicht, daß er eine an ihn per- sönlich gerichtete Botschaft empfangen würde. Er nahm BIOSOC lediglich in großen zeitlichen Abständen in Anspruch, und Journalisten waren bei solchen Infodien-
sten ohnehin nicht sonderlich willkommen. Was sie im wesentlichen darstellten, war ein Mittel zum Datenaus- tausch zwischen Spezialisten in aneinandergrenzenden wissenschaftlichen Bereichen in der Hoffnung, Proble-
me, bei denen der eine oder andere nicht weiterkam, auf diese Art zu klären. Manchmal brachte ihm das Zusam-
    menzählen von zwei und anderthalb aufgrund der An-
deutungen und Informationsschnipsel eine interessante Story ein.
    Allerdings war das vor allem während der Zeit gewe- sen, in der er für Continuum gearbeitet hatte und das, was ihm aufgefallen war, an einen anderen Kollegen zum Weiterverfolgen übergeben konnte, anstatt allen
verzweigten Spuren selbst nachzugehen. Ihm fehlte — er sah sich immer mehr gezwungen, sich diesen Um- stand einzugestehen — ihm fehlte wirklich die Unter- stützung, der Gedankenaustausch, den er während die- ser acht chaotischen Jahre genossen hatte, besonders
nachdem sich das Programm zu einer Gemeinschafts-
produktion mit deutschen, amerikanischen und austra-
lischen Sendern entwickelt hatte, so daß man nie vor- aussagen konnte, wer bei den wöchentlichen Themen- konferenzen, die per Satellitenschaltung abgehalten wurden, mit welchen faszinierenden, unvermuteten Themen herausrücken würde ...
    Eine Zeitlang hatte er sich sogar eingebildet, die Ver- nunft könnte den sich weltweit ausbreitenden blinden religiösen Fanatismus besiegen. Nun, diese Hoffnung schwand immer mehr — doch er empfand es nach wie
vor als sein Schicksal, den Kampf weiterzuführen.
    Genug!
    Manchmal neigte er zu so später Stunde, besonders, wenn der Tag für ihn enttäuschend verlaufen war, zur
Rührseligkeit. Er zwang sich, seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zuzuwenden. Nachdem alles, was der Infodienst anzubieten hatte, schneller als ein Herzschlag

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