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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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machte sich statt dessen einen Spaß daraus, Streit zwischen den anderen Mäd- chen anzuzetteln — ihr Talent in dieser Richtung hatte sie nicht eingebüßt —, immer in der Hoffnung, daß auch von den anderen jemand bei einem Kampf so
schlimme Narben davontrüge, daß er fürs Leben ent- stellt wäre. Das Lehrpersonal war außerstande, sie zu zügeln.
    Bis eine Lehrerin, die etwas mehr durchblickte als der Rest, sich ihren monatlichen >verwundbaren Punkt< zu- nutze machte.
    Dank dieses Umstands wurde sie von der Schule ver- wiesen und erwartete eine zwangsweise Einweisung in
eine Sonderschule für gestörte Kinder.
    Ich — ein Fall für die Klapsmühle! Der Hexe werde ich es zeigen! Ich schwöre, ich werde all diese Wichser vom Arsch aufwärts verfaulen sehen, bevor ich mit ihnen fertig bin!
    Es war unvermeidbar, daß ihre Eltern die Haupt- wucht ihres Zorns zu spüren bekamen. Sie zwang sie, sich wie ihre Schulkameraden zu benehmen, auf jede Laune von ihr einzugehen: kauft mir das, fahrt mich dorthin ...
    Nachts lag sie oft wach und lauschte auf das Weinen ihrer Mutter im Nebenzimmer, und dann dachte sie:
    Sie hat es nicht besser verdient. Sie alle haben es nicht bes-
ser verdient, die mich in diese beschissene Lage gebracht ha- ben!
    »Ach — Hallo!«
    Tracy hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Tag zur Zeit der Mittagspause von zu Hause aufzubre- chen und am Schulhof vorbeizuspazieren, wobei sie ih- re modischste Kleidung trug und ihre edelsten Klunker
angelegt hatte. Ihre Absicht dabei war, daß die anderen
Mädchen sie sehen und beneiden würden, weil sie nach Lust und Laune frei herumlaufen konnte und nicht stundenlang in einem miesen Klassenzimmer einge-
sperrt war und bescheuerten Lehrern zuhören mußte.
    Doch diese Begegnung, sozusagen direkt vor ihrer Tür, hatte sie nicht erwartet.
    Er war ein gutaussehender Junge, dunkelhaarig, mit einem olivfarbenen Teint, ähnlich wie ihr eigener (sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie in der Grund- schule verspottet wurde und man sie >Blackie< oder
>Mohrchen< nannte), und sehr gut, wirklich extrem gut gekleidet; tatsächlich war seine Aufmachung derart, wie sie es bisher nur in amerikanischen Modezeitschriften gesehen hatte.
    Und er musterte sie wohlwollend von oben bis unten
und nickte.
    »Hmm! Was für ein strahlender Anblick an einem dü-
steren Tag! Ich bin David — wer bist du?«
    Mit einemmal wirbelten in ihrem Denken alle mögli- chen Phantasien durcheinander, sie wurde mitgerissen von einem Strom der hoffnungsvollsten Visionen.
    Angenommen, ich gehe auf sein Spiel ein — nehme viel- leicht seinen Arm — spaziere mit ihm an der Schule vorbei...
    Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, lächelte er.
    »Hast du ein besonderes Ziel?«
    »Ich wollte nur ... wollte nur ein wenig Spazierenge-
hen.«
    »Ich habe auch nichts Bestimmtes vor. Sollen wir ge-
meinsam gehen? Und du hast mir deinen Namen immer noch nicht genannt.«
    Sie hatte das Gefühl, einen Traum zu erleben, und flüsterte: »Tracy ...« Sie hatte ihren Nachnamen noch nie leiden können, Coward*. Auch daher resultierte ihr Geltungsbedürfnis.
    »Das ist ein hübscher Name. Passend zu einem hüb-
schen Mädchen.«
    Sieht er wirklich nicht, was unter dem Make-up ist. Oder...
    Der Traum verdichtete sich.
    Oder macht es ihm einfach nichts aus? Schließlich habe ich eine ganz annehmbare Figur...
    Inzwischen waren die chaotischen Bilder im Hinter- stübchen ihres Geistes so weit gediehen, daß sie am liebsten ihren Körper zur Schau gestellt hätte, um von ihrem Gesicht abzulenken, die makellos glatte Haut un-
ter der hinderlichen Kleidung, die der kühle Herbst ver- langte. Sie konzentrierten sich auf dem Höhepunkt zu einem Satz:
    Ich habe mal was von Liebe auf den ersten Blick gehört. Meinst du . ..?
    Aber er hatte bereits einen Arm unter ihren gescho-
ben, sehr kameradschaftlich, und fragte gerade: »Also,
in welche Richtung. Oh, nur noch einen Augenblick!«
    Und er winkte zur nächsten Straßenecke hin.
    Als sie dorthin blickte, um zu sehen, warum er das
tat, sah sie einen unglaublichen Rolls-Royce, die Art von Wagen, die sich normalerweise nicht in Viertel wie dieses hier verirrten.
    »Entschuldige mich bitte«, sagte er. »Ich muß nur schnell meinem Fahrer sagen, daß alles in Ordnung ist.«
    * Feigling
    »Dein ...« — schwach — »Fahrer?«
    »Mh-hm. Es langweilt mich, auf den bescheuerten weichen Polstern zu sitzen. So was Ödes! Das Fahren in
einem Roller schneidet einen

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