Kinder des Donners
die willens ist, die Fötusse zu
transplantieren, sobald sie lebensfähig sind — ein- schließlich des Ihren, versteht sich; Sie brauchen ihn
nicht auszutragen. Auf diese Weise können die Mäd- chen alle acht Wochen wieder von vorn anfangen, was ihnen sehr recht ist, denn es bedeutet/ daß ihre Macht nicht durch die Periode geschwächt wird. Ich glaube, Sie haben die Person, von der ich spreche, kennengelernt: Dr. Ada Grant! Sie sagt, daß es eine ausreichende Zahl von aufnahmewilligen Frauen gibt, da so viele Männer heutzutage infolge der Umweltgifte unfruchtbar sind ...
Sie können uns vorwerfen, daß wir die Absicht haben, uns nach Kuckucksart zu vermehren, wenn auch schnel- ler. Ich hoffe nur, daß es schnell genug sein wird!«
Aus irgendeinem Grund erschien Peter der Vergleich mit dem Kuckuck unglaublich komisch. Er bemühte sich, seine Reaktion zu unterdrücken, und schaffte es genausowenig wie die Unterdrückung seiner — inzwi-
schen kalten, inzwischen klebrig-feuchten — Ejakula- tion.
Die Tür des Salons schwang weit auf. Alice trat ein.
»So, wenn ihr Süßen fertig seid«, sagte sie strahlend, »das Essen ist ebenfalls soweit. — He, was ist denn hier los?«
Und da stand sie, völlig verdutzt, unfähig zu verste-
hen, warum der eine Teil ihrer Gäste lautlos weinte und der andere von einem hysterischen Lachanfall nach dem anderen geschüttelt wurde.
South Petherton Februar—Juni 1987
TÖTEN IST EINFACH, LEBEN NICHT
Die Welten des John Brunner von
Ernst Petz
»Ich wünschte«, erklärte John Brunner einmal, »ich würde nicht so viele Menschen kennen, die nicht be- greifen wollen, wie wichtig es ist, an der Zukunft inter- essiert zu sein. Schließlich werden wir dort doch den Rest unseres Lebens verbringen!«
Wackelnde Regierungen versprechen ihrer unzufrie- denen Bevölkerung eine >Optimierung mittels Gentech- nik, psychedelische Drogen machen die Menschen leichter regierbar, für unfehlbar gehaltene Computer- programme bestimmen das Leben bis ins kleinste De- tail.
Immer wieder flippen >Mokker< aus und feuern blind- wütig in die Menge, kleine Gruppen von Stadtguerillas
versuchen durch Anschläge auf öffentliche Einrichtun- gen etwas gegen das ihrer Meinung nach unmenschli- che System zu unternehmen ... die Zukunft, die hier angeblich beschrieben wird, ist trotz aller Beteuerun-
gen, es handle sich um einen Zustandsbericht aus dem frühen 21. Jahrhundert, das Gestern, das Heute, das ahnbare, vorhersehbare Morgen, wenn sich die Menschheit weiterhin so treiben läßt von Geschäftema- chern, korrupten Führern, einer feilen Presse, mittelal- terlich-restaurativer Borniertheit, hochbezahltem, nicht mehr abwählbarem Großgaunertum. Diese Zukunft ist Hier und Jetzt, sie lauert bei John Brunner nur im Hin- terhalt, hat ihre Wurzeln, vorläufig unausrottbar, in der Gegenwart.
Keine Aussicht also, sich beruhigt zurücklehnen zu können: Internationale Konzerne haben und nützen die Gelegenheit, sich ganze Entwicklungsländer zu kaufen, mit Mensch und Maus, Mord ist legitimes Mittel der Po- litik — das ist leider mehr als bloße Zukunftsvision »ei- ner Welt, in der einst unsere Kinder leben werden«, wir alle leben schon in dieser Welt... (Während des Lesens dieser paar Zeilen sind schon in der Dritten Welt sechs
Kinder gestorben — verhungert. O ja. Wir leben in die- ser Welt.)
Für den Roman >Morgenwelt< (dt. 1980, orig. >Stand on Zanzibar«, 1968) erhielt der 1934 in Preston, Crowmarsh, Oxfordshire geborene John Kilian Houston
Brunner mit dem Hugo Gernsback Award, dem British Science Fiction Award, dem British Fantasy Award und dem Prix Apollo so ziemlich alle wesentlichen Preise, die es in diesem Genre einzuheimsen gibt. Das monu- mentale Werk ist aber dennoch mehr als >nur< ein Glanzstück besonders intelligenter Science Fiction — es stellt ein bedeutendes Stück Gegenwartsliteratur dar, nicht nur durch die gekonnte und konsequente Ver- schleierung der tatsächlich beschriebenen heutigen Zu-
stände unter dem dünnen Mäntelchen >Nahe Zukunft<,
nicht nur wegen der großartig beobachtet und beschrie- benen >ewigen< Typengalerie (Politiker, Manager, Heils- lehrer, Regierende und Regierte, Opfer und Denkende), sondern auch wegen des besonderen Erzählstils:
Durch >Zitate< aus Nachrichtensendungen, Zeitungs- meldungen, aus Werbespots und Büchern, Schriften der Zeit, entsteht eine ungemein dichte Atmosphäre, in der sich die Handelnden bewegen, vielmehr bewegt wer-
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