Kinder des Donners
einen neuen amerika- nischen Slangausdruck, den er noch nicht gehört hatte.
Jetzt war es an ihr, verdutzt zu sein. »Entschuldi- gung! Ich bin einfach davon ausgegangen, daß bei ei- nem Namen wie Levin ...«
Jetzt ging ihm ein Licht auf. »Oh! Das war jiddisch? Halten Sie mich für einen Juden?«
»Nun — ah ... Ja, in der Tat.« Zum erstenmal schien Claudia sichtlich peinlich berührt zu sein.
Meint sie, daß sie mich damit beleidigt? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Wahrscheinlich ärgert sie sich, daß sie
mit ihrer Vermutung danebengelegen hat.
»Sie sind nicht die erste«, sagte er leichthin. »Aber es ist eigentlich ein alter englischer Name. Stammt ur- sprünglich von Leofwine — >Love-Friend<.«
»Trotzdem Entschuldigung. Ich hätte es besser wis- sen müssen.«
Sie schwieg und schien in Gedanken versunken zu sein, während er die Drinks eingoß. Als er sie serviert
hatte und sich ihr gegenüber in einen Sessel setzte, fuhr sie fort: »Ich vermute, daß Sie nach unserer letzten Aus- einandersetzung ziemlich wütend auf mich waren, hm?«
»Ich war nicht gerade entzückt — Prost!«
»L'chaim! Damit klar ist, daß ich Jüdin bin...« Sie nahm einen kleinen Schluck und stellte das Glas ab. »Ich kann nur sagen, daß ich viel im Kopf hatte. Haben Sie gehört, was an meiner Universität passiert.ist?«
»Ich bin der Sache nicht nachgegangen, doch kann ich es nach dem, was Sie mir angedeutet haben, erraten. Eine weitere Machtübernahme der Fundamentalisten, richtig?«
»Eine der verhängnisvollsten. Ich wußte schon im- mer, daß der Dekan und die meisten älteren Mitglieder der Fakultät etwas weich in der Birne sind, doch ich hät- te nicht damit gerechnet, daß sie so schnell zu Kreuze kriechen würden, sobald ich ihnen den Rücken kehre.«
»Sie waren die Hauptzielscheibe?«
»Bin nicht ich diejenige, die ihre Friede-Freude-
Eierkuchen-Welt angegriffen hat?«
»Also, was genau ist geschehen?«
Diesmal nahm Claudia einen großzügigen Schluck von ihrem Whiskey, bevor sie antwortete.
»Die Fundas machten sich stark für ein Angebot von einer Million Dollar als Grundstock für eine Abteilung der >Schöpfungs-Wissenschaft<« — sie sprach die An- führungsstriche hörbar mit — »unter der Bedingung, daß die Zuschüsse zu meinem Studienaufenthalt gestri- chen und ich des Lehramts enthoben würde.«
»Geht das denn? Ich dachte, wenn man einmal einen Lehrstuhl hat ...?«
»Außerdem stellten sie Mittel in jeder erforderlichen Höhe zur Verfügung, um jeden Prozeß, den ich eventu- ell gegen die Universität anstrengen würde, abzu- schmettern.«
»Ich könnte mir vorstellen, es wäre billiger und schneller zu erledigen gewesen, wenn sie eine Rambo- Schwadron angeheuert hätten«, murmelte Peter.
Sie hielt das, was sie weiterhin hatte sagen wollen,
zurück und ging auf seine Bemerkung ein. »Sie hören
sich fast so an, als ob Sie es ernst meinten.«
»Warum nicht?«
»Aber, ich dachte ...«
»Sie dachten, Rambo-Schwadronen seien eine Erfin- dung der Medien? Das glauben die meisten Amerika- ner. Nein, es gibt sie tatsächlich. Sie arbeiten immer in Dreiergruppen, bestehend aus einem Waffenexperten,
einem Fachmann für Sprengstoffe, einem Spezialisten für Kommunisten ... Aber ich habe es natürlich nicht ernst gemeint. Das war reiner Zynismus von mir. Aber um wieder zur Sache zu kommen: Kann Ihr Freund, Mr. Strugman, nicht helfen?«
»Er mag ja sehr reich sein«, lautete die Antwort, »aber so reich ist er auch wieder nicht. Vor allem ist er
nicht mehr so reich, wie er einmal war — er hat bereits
ein halbes Dutzend Prozesse für uns finanziert. Drei ha-
ben wir gewonnen, drei haben wir verloren. Wie ge- wonnen, so zerronnen ... Aber er ist bereit, für mein Jahr in England aufzukommen — gepriesen sei er!«
»Aha, Sie machen also weiter. Mit Hilfe der Freunde, die Sie bei sich aufgenommen haben?«
»Wohl kaum« — ein betrübtes Lächeln. »Gäste und Fisch stinken nach drei Tagen. Jedenfalls haben meine Gastgeber ihre eigenen Probleme. Die Schwester meiner Gastgeberin starb gestern, nachdem sie sich mit einem Küchenmesser geschnitten hatte.«
»Du lieber Himmel! War sie Bluterin?«
Mit einem Kopfschütteln leerte Claudia ihr Glas. »Sie
bekam von dem Rindfleisch, das sie für einen Eintopf zurechtschnitt, eine Blutvergiftung, die allen Antibioti-
ka widerstand. Ihre Familie kann natürlich Klage erhe- ben, aber würden Sie einen Heller auf ihre Gewinn- chancen
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