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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Vergeblich bemühte sie sich um die vollkommene Gelassenheit und Überlegen- heit, die ihren gelungensten Auftritten stets vorausge- gangen waren.
    Also, keine Angst! Sie hatte den Trick so oft ange- wandt, daß sie ihn aus dem Effeff beherrschen mußte.
    »Oh, Tracy! Sieh dir nur meinen Ring an! Ist er nicht stark?«
    Und die strahlende Shirley stellte ihn für sie zur Schau. Es war in der Tat ein herrliches Stück. Natürlich war der Brillant in der Mitte wahrscheinlich nur ein Zir- kon, doch er glitzerte fast wie ein Diamant, und die Fas- sung war wunderschön. Eine Woge gieriger Wut über- schlug sich in Tracys Kopf.
    Sie ist fett, diese Sau! Sie ist nicht einmal hübsch! Und sie besitzt diesen wundervollen Ring, und sie lebt für sich — na ja, mit ihrem Freund oder Verlobten, wie man jetzt wohl sagen muß — und sie muß sich nicht mit den bescheuerten Lehrern herumärgern und mit Eltern, die so blöd sind, daß sie nicht einmal wissen, was für eine Tochter sie haben, und ...
    Doch nichts von alledem zeigte sich an der Oberflä- che. Statt dessen sagte Tracy in ihrem schmeichelndsten
Tonfall, während sie Shirleys Hand nahm, als ob sie den Ring aus der Nähe bewundern wollte: »Oh, was für ein wundervolles Stück, nicht wahr? Wie gern hätte ich es! Du wirst es mir schenken! Das wirst du doch, oder ...?«
    Mit einemmal wurde ihr klar, daß ihre Magie nicht wirkte.
    Sie ließ die Hand fallen und trat unwillig einen Schritt zurück, begleitet von tadelnden, feindseligen Blicken.
    »Du spinnst wohl!« schrie Shirley und umklammerte ihre linke Hand mit der rechten, als ob sie befürchtete, Tracy könnte sie physisch berauben (obwohl das nie- mals physisch geschehen war, nur geistig, und zwar auf eine Weise, die sie nicht verstand).
    »Typisch!« Das war Jackie, die Shirleys beste Freun- din gewesen war, als diese noch zur Schule ging. »Im- mer will sie das Beste von jedem!«
    »Und kriegt es, dieses Miststück, Gott mag wissen, wieso!« Das kam von Netta, die auf der anderen Seite in der Gruppe stand. »Die Spange da, in ihrem Haar, die hat mal mir gehört!«
    »Und das ist meine Uhr!« schrie Vanessa, die ihr am nächsten stand, und griff nach Tracys Armbanduhr.
    »Meine Brosche!« rief Jane, die wiederum als nächste neben Vanessa stand. Und die letzte der Gruppe, Ma- rian, fiel mit ein:
    »Sie nimmt einem nicht nur Dinge weg! Ich bin mit Brian gegangen, bis sie sich in den Kopf gesetzt hatte, daß sie ihn will!«
    »Sie hat mich und Harry auseinandergebracht!« — von Vanessa.
    »Und mich und Tom!« brach es aus Jackie heraus. »Und dann hat sie mir noch die Karten für das Black-Fi-
re-Konzert abgeluchst! Ich habe es satt! Und ich habe sie satt!«
    »Genau! Genau! Genau!«
    Entsetzt schüttelte Tracy Vanessas Hand ab und machte auf dem Absatz kehrt, um zu fliehen. Doch Jak- kie stellte ihr geschickt ein Bein, so daß sie vornüber auf das harte Pflaster knallte.
    Dann fielen sie über sie her, nicht nur, um ihre Besitz- tümer wieder an sich zu reißen, sondern auch, um ih- rem angestauten Haß freien Lauf zu lassen. Bis die
Schulhofaufsicht merkte, was los war, hatten sie ihr Ziel erreicht. Tracy wurde mit zahlreichen Schnitten und Prellungen sowie einer gebrochenen Nase, einem Riß in
der Milz und einer offenen Wunde am Kopf, wo die to- bende Netta ihr nicht nur die Spange, sondern auch ein Haarbüschel weggerissen hatte, ins Krankenhaus einge- liefert.
    Später beschlagnahmte die Polizei zu Matthews und
Doreens Entsetzen den gesamten Inhalt der Schublade von Tracys Nachttisch und bezeichnete ihn als Diebes-
gut. Als die Sache jedoch vor Gericht behandelt wurde, wurden die anderen Mädchen mit Strafen, die zur Be- währung ausgesetzt wurden, bedacht, und es wurde ih- nen auferlegt, alles der schmollenden Tracy zurückzu-
geben, die immer noch Pflaster auf ihren vielen Wunden
trug.
    Das geschah allerdings in der Mitte ihres Monatszy- klus.
    Es war ihr bis dahin größter Triumph. Zwischen- durch, während sie ihre Eltern bearbeitete und zu der Einsicht bewog, daß sie unbedingt auf eine andere Schule überwechseln mußte — was ihr mühelos ge- lang —, genoß sie die Entdeckung, daß ihre >Magie<
auch bei Erwachsenen funktionierte.
    Vorausgesetzt natürlich, der Zeitpunkt war richtig ge-
wählt.
    Hier ist der Sender TV-Plus. Zeit für die Nachrichten.
    Urlauber und Hausbesitzer an der Französischen Riviera sind in Panik geraten. Nach der drastischen Preisanhebung, die das Kartell der

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